# taz.de -- Kommentar Serbische Finanzkrise: Die Hoffnung ist schon tot | |
> Viele Serben leben am Existenzminimum und nehmen die Politiker nur als | |
> überfordert und korrupt wahr. Dazu fehlen in der Opposition die | |
> Alternativen. Die Lunte ist gelegt. | |
Was wünschten sich der serbische Minister-, Staats- und Parlamentspräsident | |
vom Weihnachtsmann? Dass er die zurückliegenden Rechnungen der | |
Staatsinstitutionen begleicht. Es ist kein Witz: Im Dezember hatten die | |
Regierung, das Parlament und das Büro des Staatspräsidenten kein Geld, um | |
Rechnungen für Telefon, Strom, Fernheizung und Sonstiges für das vergangene | |
Jahr zu begleichen. | |
Balanciert ein Staat bereits auf dem dünnen Grad zwischen | |
Funktionsfähigkeit und Staatsbankrott, ist er existenziell von | |
Auslandskrediten und vom Verkauf des noch verbliebenen Tafelsilbers | |
abhängig, dann macht es wenig Sinn, für Gehaltserhöhungen zu streiken. Die | |
serbische Regierung hat keinen Spielraum - gibt sie jetzt den Lehrern nach, | |
dann halten alle die Hand auf. | |
Andererseits haben es immer mehr Leute satt, an der Grenze zum | |
Existenzminimums zu vegetieren. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich | |
geduldige, einsichtige Bürger in einen meuternden Plebs verwandeln, der | |
nicht mehr bereit ist, zuzuhören. Eine Million Menschen, die keine Arbeit | |
haben oder von dieser nicht leben können, gemeinsam mit zahllosen | |
perspektivlosen Jugendlichen - das ist ein gewaltiges Potenzial für soziale | |
Unruhen: leicht zu manipulieren und verzweifelt genug, um auf | |
nationalistisch-sozialistische Demagogen reinzufallen. | |
Hinzu kommt, dass die Mehrheit der Serben die Politiker als so überfordert | |
wie korrupt wahrnimmt. Das Problem ist jedoch, dass es auch in der | |
Opposition keine Alternative gibt. Die laut Meinungsumfragen stärkste | |
Partei in Serbien ist die Serbische Fortschrittspartei, deren Führer von | |
Nationalisten und Kriegshetzern über Nacht zu proeuropäischen Populisten | |
konvertierten. Wir haben es mit einem politischen, sozialen und | |
wirtschaftlichen Teufelskreis zu tun. | |
30 Jan 2011 | |
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