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# taz.de -- Reaktionen auf Dänemarks Grenzkontrollen: "Gretchenfrage Schengen-…
> Wie weiter mit Schengen? Aufregung nach Dänemarks Ankündigung von
> Grenzkontrollen. Innenminister Friedrich (CSU) jedoch zeigt Verständnis.
> Er redet von "Migrationsdruck".
Bild: Dänemark in Europa: Doch es bröckelt, ein bisschen.
BRÜSSEL afp/dpa/dapd | Die EU-Kommission hat wegen der geplanten
Wiedereinführung von Grenzkontrollen eine Erklärung von der dänischen
Regierung gefordert. Die Kommission werde eine Infragestellung der
Reisefreiheit in der EU nicht akzeptieren, sagte eine Sprecherin in
Brüssel. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) geht locker mit der
Re-Nationalisierung Europas um. Er erneuerte vor einem Treffen der
EU-Innenminister am Donnerstag seine Forderung nach temporären
Grenzkontrollen.
Die EU-Kommission habe die Regierung in Kopenhagen um eine Erklärung
gebeten, sagte Kommissionssprecherin Pia Ahrenkilde Hansen der
Nachrichtenagentur AFP. Ein Sprecher von EU-Innenkommissarin Cecilia
Malmström sagte, "einseitige" Aktionen der Mitgliedsländer müssten
vermieden werden.
Der Unions-Außenpolitiker im Europaparlament Elmar Brok erklärte im
Radiosender hr-Info: "Wir dürfen nicht zulassen, dass den Bürgern ein
wirklicher Erfolg der europäischen Einigung wegen der Unfähigkeit einiger
Regierungen, mit den Flüchtlingsfragen fertig zu werden, wieder weggenommen
wird." Das Europaparlament werde solche Eingriffe in die Schengen-Verträge
aber stoppen. Denn Änderungen an diesen seien nach den Verträgen von
Lissabon zustimmungspflichtig.
Der Vorsitzende der sozialistischen Fraktion im Europaparlament, Martin
Schulz (SPD), warf der dänischen Regierung Populismus vor. Ein mögliches
Flüchtlingsproblem in Nordafrika lasse sich nicht an der deutsch-dänischen
Grenze lösen, sagte Schulz dem Tagesspiegel. Grenzkontrollen seien nur
vorübergehend zur Gefahrenabwehr zulässig. "Das liegt aber nicht an." Es
könne nicht sein, "dass irgendeine Regierung mal so schnell die
Grundfreiheiten der europäischen Bürger außer Kraft setzt", sagte Schulz
dem Radiosender hr-Info.
## Alvaro (FDP): "Gretchenfrage Schengen-Raum"
Der FDP-Innenexperte im Europaparlament, Alexander Alvaro, sagte dem
Tagesspiegel, dass sich mit der Wiedereinführung der Kontrollen auch die
Frage stelle, ob Dänemark überhaupt noch Mitglied im Schengen-Raum bleiben
könne. "Wenn sich Dänemarks Regierung von den Rechtspopulisten so unter
Druck setzen lässt, dass sie die Axt an eine der europäischen
Grundfreiheiten legt, dann stellt sich auch die Gretchenfrage der
Mitgliedschaft Kopenhagens im Schengen-Raum", sagte Alvaro.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat die
Wiedereinführung der Grenzkontrollen in Dänemark als "problematische
Entwicklung" kritisiert. Permanente Grenzkontrollen nähmen "eine der
Errungenschaften der Europäischen Union" weg, sagte die FDP-Politikerin am
Donnerstag im Deutschlandfunk. Das Verhalten Dänemarks sei ein Beispiel
dafür, wie fragil Regelungen und Grundüberzeugungen in der EU sein könnten.
Es sei daher wichtig, eine Debatte zu führen, welche Bedeutung
Reisefreiheit und offene Grenzen hätten - "und dass das nicht aufs Spiel
gesetzt werden darf".
## Passkontrollen nur bei "schwerwiegender Bedrohung"
Dänemark hatte am Mittwoch im Alleingang entschieden, bald wieder die
Landgrenze zu Deutschland sowie die Häfen mit Schiffsverbindungen nach
Schweden zu kontrollieren. Bislang kann ein Schengen-Land Passkontrollen
nur vorübergehend wieder einführen bei "einer schwerwiegenden Bedrohung der
öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit". Damit können etwa Hooligans
von Reisen zu Sportereignissen abgehalten werden.
Innenkommissarin Malmström hat vorgeschlagen, zumindest zeitweilige
Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums zu erleichtern, etwa bei einem
plötzlichen Flüchtlingsansturm oder wenn ein Land die EU-Außengrenze nicht
kontrollieren kann. Dies fordert besonders Frankreich.
## Friedrich (CSU): "auf Migrationsdruck reagieren können"
Bundesinnenminister Friedrich bekräftigte vor dem Treffen der
EU-Innenminister in Brüssel seine Forderung nach erleichterten
Grenzkontrollen. "Es sollte künftig möglich sein, auf außergewöhnlichen
Migrationsdruck flexibel reagieren zu können", sagte der CSU-Politiker der
Welt. Laut Friedrich sollten "temporäre Grenzkontrollen der Lage angepasst
und mit Augenmaß an den Schengen-Binnengrenzen möglich" sein. Dies würde
letztlich auch zu einer Stärkung der Freizügigkeit in Europa führen.
Der Minister wandte sich zugleich gegen eine EU-weite Verteilung von
Flüchtlingen: "Es muss klar sein, dass die Mitgliedstaaten selbst
entscheiden, ob und wie viele Flüchtlinge sie aus anderen Mitgliedstaaten
aufnehmen. Wir sind im Einzelfall offen für eine freiwillige personelle
Lastenteilung. Voraussetzung ist aber auf jeden Fall, dass ein
EU-Mitgliedsland wirklich unverhältnismäßig belastet ist und es geltendes
EU-Recht anwendet."
12 May 2011
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