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# taz.de -- Grenzen im Schengen-Raum: Europa will öfter kontrollieren
> Die EU-Innenminister warnen Dänemark vor Abschottung, wollen aber die
> Schengen-Regeln verschärfen. Eine "Lenkungsgruppe" soll geschaffen
> werden.
Bild: Die Mehrheit in der EU will eine Verschärfung des Schengen-Abkommens.
BRÜSSEL taz | In der EU zeichnet sich eine Mehrheit für die Änderung des
Schengen-Abkommens ab. Damit soll die befristete Wiedereinführung von
Grenzkontrollen erleichtert werden, hieß es bei einem Sondertreffen der
Innen- und Justizminister in Brüssel. Alleingänge wie in Dänemark müssten
jedoch vermieden werden, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich.
Die Reisefreiheit sei ein hohes Gut und dürfe nicht leichtfertig aufs Spiel
gesetzt werden.
Die Regierung in Kopenhagen hatte am Mittwoch überraschend die
Wiedereinführung von Grenzkontrollen angekündigt. Dies hatte EU-weit
Besorgnis ausgelöst. Doch es seien keine Personenkontrollen geplant,
sondern nur Zollfahndungen, erklärte Friedrich. Dennoch hätten alle
Innenminister an Dänemark appelliert, die Grenzen offen zu halten. "Wir
müssen verhindern, dass eine Spirale in Gang kommt, die die Reisefreiheit
zunichte macht", so Friedrich. "Man muss mit den Dänen noch einmal reden",
fügte er ärgerlich hinzu.
Noch vor zwei Wochen hatte Friedrich selbst die Wiedereinführung von
Grenzkontrollen ins Spiel gebracht, um Flüchtlinge aus Nordafrika
aufzuhalten. Frankreich und Italien hatten die EU-Kommission sogar
aufgefordert, Vorschläge für eine Verschärfung des Schengen-Abkommens
vorzulegen. Beide Länder wollen so dem Flüchtlingsstrom Herr werden.
Der französische Innenminister Claude Guéant sprach sich nun für die
Schaffung einer "Lenkungsgruppe" aus, die bei besonderen Lagen, wie es
gegenwärtig der Fall sei, aktiv werden soll. Sie soll im Ministerrat
angesiedelt werden und über Maßnahmen zur Sicherung der Außengrenzen, aber
auch über mögliche Grenzkontrollen beraten. Dies sei keine Begrenzung der
Reisefreiheit, so Guéant, es gehe vielmehr um ihre Stärkung.
## Deutschland signalisiert Zustimmung
Friedrich signalisierte schon Zustimmung. Deutschland und die anderen
EU-Staaten müssten auf jeden Fall weiter das Recht behalten, allein über
Grenzkontrollen zu entscheiden. Dies sei eine Frage der "nationalen
Souveränität", so Friedrich. Eine "politische Nachkontrolle" in einem
Lenkungsausschuss sei jedoch denkbar. Außerdem müsse die europäische
Grenzschutzagentur Frontex gestärkt werden.
Trotz der ungewöhnlich deutlichen Kritik an Dänemark zeichnet sich damit
eine Verschärfung der Schengenregeln ab. Die EU-Staaten wollen dabei das
letzte Wort behalten; die EU-Kommission soll nur eine Nebenrolle spielen.
"Eine Vergemeinschaftung wäre das falsche Signal", sagte Friedrich.
Demgegenüber hatte Innenkommissarin Cecilia Malmström gefordert, die
Kommission solle das Recht erhalten, die Einführung von Grenzkontrollen zu
überprüfen und den EU-Staaten Vorgaben zu machen.
Immerhin soll die Brüsseler Behörde nun das Vorgehen Dänemarks prüfen. Die
Regierung in Kopenhagen wird dabei nachweisen müssen, ob tatsächlich eine
"schwerwiegende Gefährdung der Sicherheit" vorliegt - denn nur in diesem
Fall sieht das 1985 geschlossene Schengenabkommen die Möglichkeit vor,
vorübergehend die Grenzen dicht zu machen. Bisher wurden Grenzkontrollen
meist nur bei Großereignissen wie etwa einer Fußball-WM vorgenommen, und
das meist auch nur für wenige Tage und stichprobenartig.
Das Europaparlament forderte die Brüsseler Behörde auf, an Dänemark ein
Exempel zu statuieren. "Hier darf es keine Kompromisse geben, hier muss
knallhart durchgegriffen werden", sagte der CDU-Europaabgeordnete Elmar
Brok. Auch der CSU-Innenexperte Manfred Weber und der Chef der
konservativen EVP-Gruppe, Joseph Daul, fordern Sanktionen gegen Dänemark.
12 May 2011
## AUTOREN
Gert Stuby
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