# taz.de -- Proteste in Thailand: Von Versöhnung nichts zu spüren | |
> Ein Jahr nach der Niederschlagung ihrer Proteste gedenken die sogenannten | |
> Rothemden ihrer Toten. Staatliche Untersuchungen wurden bislang | |
> verschleppt. | |
Bild: "Hier sind Menschen gestorben!" Gedenken der Rothemden in Bangkok. | |
BANGKOK taz | "Hier sind Menschen gestorben!", skandierten am | |
Donnerstagabend mindestens 20.000 "Rothemden" in Bangkok. Bei Thailands | |
schlimmster Gewalt seit Jahren starben im April und Mai 2010 mindestens 92 | |
Menschen, fast 2.000 wurden verletzt. Die Totenmesse für die Opfer lasen | |
jetzt 92 Mönche. | |
Die Demonstranten hatten sich an der Straßenkreuzung Ratchaprasong inmitten | |
eines Bangkoker Einkaufs- und Hotelviertels versammelt, wo Thailands Armee | |
vor einem Jahr die Proteste der Vereinigten Front für Demokratie gegen | |
Diktatur (UDD) mit Gewalt niedergeschlagen hatte. "Wir wollen daran | |
erinnern, dass den Opfern bis heute keine Gerechtigkeit widerfahren ist," | |
sagt eine Demonstrantin zur taz. | |
Staatliche Untersuchungen wurden bislang verschleppt oder vorläufige | |
Ergebnisse unter Verschluss gehalten. Zwar hatte die Regierung eine | |
"Wahrheits- und Versöhnungskommission" eingesetzt, doch diese wurde schon | |
kritisiert, ehe sie die Arbeit begann. Ihr Mandat ist schwach und es gibt | |
keinen wirksamen Zeugenschutz. Der Abschlussbericht steht noch aus, doch | |
Kommissionsmitglied Somchai Homlaor sagte der taz, der Staat sei der | |
Hauptverantwortliche. Er hätte gleichermaßen die Menschenleben von | |
Demonstranten und Soldaten schützen müssen. | |
Vielen Beobachtern, darunter Somchai, ist klar, dass auch von der UDD | |
Gewalt ausging: Kreise der Armee oder aus ihrem Umfeld hatten auf Seiten | |
der Rothemden gegen Regierungssoldaten gekämpft. Human Rights Watch (HRW) | |
geht daher mit der UDD ähnlich kritisch ins Gericht wie mit Regierung und | |
Militär. Zum Verhalten des Staates sagt HRW-Asiendirektor Brad Adams: | |
"Indem die Regierung am 15. Mai 2010 die Einrichtung einer 'Live-Fire-Zone' | |
angekündigte, verletzte sie Menschenrechte und internationales Recht." | |
Menschenrechtsorganisationen monieren außerdem, dass die Versuche, | |
Verantwortliche zu belangen, sehr einseitig sind. Während etliche | |
UDD-Führer und ihre Unterstützer wegen Terrorismus angeklagt wurden, sei | |
kein einziger Angehöriger der Regierung oder der Sicherheitskräfte wegen | |
exzessiver Gewaltanwendung belangt worden, kritisieren die International | |
Federation for Human Rights in Paris und Thailands Union for Civil Liberty. | |
Für den 3. Juli hat die Regierung Neuwahlen angesetzt. Sie finden in einer | |
vergifteten politischen Atmosphäre statt. | |
19 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Nicola Glass | |
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