Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ermittlungen im Fall Strauss-Kahn: Unter Ausschluss der Öffentlich…
> Die Grand Jury entscheidet, ob dem IWF-Chef der Prozess gemacht wird. Die
> Bilder, die ihn in Handschellen zeigen, könnten ihm zum Verhängnis
> werden.
Bild: Inszeniertes Blitzlichtgewitter: Dominique Strauss-Kahn in Handschellen.
WASHINGTON taz | Nach dem Rücktritt ein neuer Anlauf, um doch noch auf
Kaution aus dem Gefängnis zu kommen: Die Anwälte von Dominique Strauss-Kahn
hofften am Donnerstag, den 62-Jährigen mit einem Deal aus seiner Zelle in
Rikers Island zu holen. Noch am Donnerstag will die Grand Jury darüber
entscheiden, ob dem Finanzboss wegen des Vorwurfs der versuchten
Vergewaltigung der Prozess gemacht wird.
Das mutmaßliche Opfer, eine 32-jährige Muslimin aus Westafrika, sagte
inzwischen vor der Grand Jury aus. Die alleinerziehende Mutter beteuerte,
sie sei Opfer eines gewaltsamen sexuellen Übergriffs geworden. "Es gab
keinerlei gegenseitiges Einvernehmen", zitierte sie ihr Anwalt Jeffrey
Shapiro.
Strauss-Kahn soll am vergangenen Samstag versucht haben, die
Hotelangestellte in seiner Luxussuite in einem Manhattaner Sofitel zu
oralem und analem Sex zu zwingen. Die Ermittler wiesen durch DNA-Proben
seine Körperflüssigkeit am mutmaßlichen Tatort nach. Shapiro sprach sich
zugunsten seiner Mandantin gegen Strauss-Kahns Freilassung aus. "Ich
möchte, dass sie sich sicher fühlt", erklärte er. Die Frau aus der Bronx
sei mit ihrer Tochter "an einem sicheren Ort". Ihr Telefon werde überwacht.
Strauss-Kahns Anwälte wollten das Oberste Gericht in New York diesmal mit
einem besonderen Deal davon überzeugen, ihn aus dem Gefängnis zu lassen:
Neben der Kaution von 1 Million Dollar bot der IWF-Chef an, sich in
elektronische Fußfesseln zu begeben und Manhattan nicht zu verlassen.
Vergeblich hatten die Anwälte schon einmal versucht, ihrem prominenten
Mandanten das Gefängnis zu ersparen. Doch selbst mit Topbankern kennt das
US-Justizsystem keine Gnade. Die Nennungen von Namen sind dort ebenso
üblich wie Bilder des in Handschellen stattfindenden Spießroutenlaufs von
der Zelle zum Haftrichter.
Der sogenannte "Perp Walk" im Blitzlichgewitter gehört zur
Inszenierungskultur der US-Justiz. New Yorks Bürgermeister Michael
Bloomberg verteidigte die Maßnahme gegen die Empörung aus Europa: "Ich
denke, es ist erniedrigend. Aber wenn du den Perp Walk nicht machen willst,
dann begehe kein Verbrechen."
## Spießroutenlauf kann über Prozess entscheiden
Dass "perp" (perpetrator), zu deutsch Verbrecher, bereits impliziert, der
Vorgeführte sei seiner Tat bereits überführt, ist nicht ohne Grund. Der
Spießroutenlauf dient der Justiz vor allem dazu, Richter und Grand Jury zu
beeinflussen. Dieses aus bis zu 23 Geschworenen bestehende Gremium ist eine
Besonderheit des US-Strafrechts. Es entscheidet darüber, ob es überhaupt
einen Prozess gibt.
Die aus Behörden oder Bevölkerung ausgewählten Laienrichter prüfen, ob die
Beweise der Staatsanwaltschaft für eine Anklage ausreichen. Unter
Ausschluss der Öffentlichkeit hören die Laien zwar die Staatsanwaltschaft
und ihre Zeugen an, die Anwälte der Verteidigung und ein Richter sind
jedoch nicht zugelassen. Kritiker monieren das.
Sollten die Geschworenen zu dem Schluss kommen, dass die Beweise gegen
Strauss-Kahn nicht ausreichen, müsste er umgehend freigelassen werden. Im
Fall eines Prozesses, der mit Schuldspruch endet, drohten dem ehemaligen
Finanzboss bis zu 74 Jahre Haft.
19 May 2011
## AUTOREN
Antje Passneheim
## ARTIKEL ZUM THEMA
Strauss-Kahn in den Medien: Gerüchte gibt's genug
In der Affäre um Dominique Strauss-Kahn leidet die Sorgfaltspflicht der
Journalisten unter der Gier nach Details. Für Ausländer ist das kaum zu
verstehen.
Politologe über DSK und die Folgen: "Dieser Skandal schadet Frankreich"
Die USA sind zu prüde, Frankreich zu freizügig, sagt Politologe Dominique
Moïsi. Nur falls die Vorwürfe gegen Strauss-Kahn zutreffen, wären sich USA
und Frankreich schnell wieder einig.
Grand Jury nimmt alle Anklagepunkte an: Strauss-Kahn gegen Kaution frei
Der wegen versuchter Vergewaltigung angeklagte frühere IWF-Chef Dominique
Strauss-Kahn kommt gegen Zahlung einer Kaution von einer Million Dollar
frei. Zuvor gab es Neues zur Anklage.
die wahrheit: Vergewaltigung und Verschwörungen
Die Indianerkriege sind nur geführt worden, damit Hollywood den Western
erfinden kann, lautet ein Bonmot, das die amerikanische Art der
Verarbeitung von Geschichte ...
Kommentar zu Strauss-Kahn: Wenn sexuelle Gewalt verniedlicht wird
Sprache spiegelt nicht nur Machtverhältnisse wider, sie ist auch ein
Instrument, diese zu zementieren. Empathie erfährt der Vergewaltiger, nicht
das Opfer.
IWF-Chef Strauss-Kahn auf Rikers Island: Unter Schwerverbrechern
Die Kaution wurde abgelehnt, wegen Fluchtgefahr muss Dominique Strauss-Kahn
in Haft bleiben - in einem der berüchtigtsten Gefängnisse der USA.
Sexuelle Neigungen von Strauss-Kahn: Keusch sind nur die Medien
Bisher waren in Frankreich das Privatleben und erst recht die sexuellen
Neigungen von PolitikerInnen für die Öffentlichkeit tabu. Jetzt zeigen sich
die Folgen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.