# taz.de -- Grand Jury nimmt alle Anklagepunkte an: Strauss-Kahn gegen Kaution … | |
> Der wegen versuchter Vergewaltigung angeklagte frühere IWF-Chef Dominique | |
> Strauss-Kahn kommt gegen Zahlung einer Kaution von einer Million Dollar | |
> frei. Zuvor gab es Neues zur Anklage. | |
Bild: Schluss mit lustig: Strauss-Kahn am New York State Supreme Court. | |
NEW YORK rtr/dpa | Der ehemalige IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wird in | |
den USA wegen des Vorwurfs der versuchten Vergewaltigung angeklagt, kommt | |
aber vorerst gegen Kaution frei. Ein New Yorker Richter legte am Donnerstag | |
eine Kautionssumme von einer Million Dollar fest. | |
Bei der Anklageerhebung gegen Dominique Strauss-Kahn hat die Grand Jury in | |
New York alle von der Staatsanwaltschaft genannten Vorwürfe angenommen. Dem | |
früheren Chef des Internationalen Währungsfonds werden damit sechs | |
Straftaten zur Last gelegt. Weil er bei der schwersten - "sexuelle | |
Belästigung in einem besonders schweren Fall" - gleich zweimal angeklagt | |
ist, sieht er sich sieben Punkten gegenüber. | |
Laut Anklageschrift soll Strauss-Kahn am Samstag die Tür seines | |
Hotelzimmers zugeschlagen haben, als ein Zimmermädchen zum Aufräumen | |
eingetreten war. "Er griff dem Opfer ohne Einwilligung an die Brust, | |
versuchte, die Strumpfhose herunterzuziehen und griff ihm in den Schritt. | |
Sein Penis hatte gewaltsam zweimal Kontakt mit dem Mund des Opfers." | |
## Doppelte "sexuelle Belästigung ersten Grades" | |
Wegen dieses zweimaligen Kontakts wirft die Staatsanwaltschaft dem | |
62-Jährigen die doppelte "sexuelle Belästigung ersten Grades" vor. Dafür | |
allein drohen jeweils 25 Jahre Haft. Hinzu kommt "versuchte Vergewaltigung | |
ersten Grades", dafür könnten 15 Jahre verhängt werden. | |
"Sexueller Missbrauch" steht zweimal in der Anklage, das wird ersten Grades | |
mit sieben Jahren, dritten Grades mit drei Monaten Haft geahndet. Die | |
Schließung der Tür, um die Frau am Weglaufen zu hindern, wird zudem als | |
Freiheitsberaubung gewertet. Dafür drohen Strauss-Kahn ein Jahr Gefängnis, | |
ebenso wie für "unsittliches Berühren", der sechste Anklagepunkt. | |
## Nächster Gerichtstermin: 6. Juni | |
Strauss-Kahn ist nun gegen Kaution frei, muss aber eine elektronische | |
Fußfessel tragen und wird unter Hausarrest gestellt. Zudem soll er rund um | |
die Uhr von einem bewaffneten Sicherheitsbeamten überwacht werden. Den | |
Angaben zufolge sollte Strauss-Kahn noch die Nacht zum Freitag im | |
berüchtigten Gefängnis Rikers Island verbringen. Unterdessen wurde auch | |
formell Anklage gegen ihn erhoben. Der nächste Gerichtstermin wurde auf den | |
6. Juni festgelegt. | |
Am Montag war Strauss-Kahn noch unter Hinweis auf eine drohende | |
Fluchtgefahr eine Freilassung gegen Kaution verweigert worden. Die neuen | |
Bedingungen gehen auf einen Vorschlag seiner Anwälte zurück. Bei der | |
Verhandlung waren Strauss-Kahns Ehefrau Anne Sinclair und seine Tochter | |
Camille anwesend. Der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds | |
(IWF) selbst wirkte müde. | |
## Emotionales Rücktrittsschreiben | |
Der Franzose hatte zuvor am Donnerstag [1][in einem emotionalen Schreiben] | |
seine Unschuld beteuert und seinen Rücktritt von der Spitze des Fonds | |
erklärt. Er wolle Schaden von seiner Familie und vom IWF abhalten, hieß es | |
darin. | |
Zwischen Europa und den großen Schwellenländern ist derweil ein Streit über | |
die Nachfolge entbrannt. Spitzenvertreter der EU reklamierten das | |
einflussreiche Amt umgehend für Europa. China, die Türkei und Brasilien | |
stellten das jahrzehntealte Gewohnheitsrecht Europas dagegen infrage. | |
Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde kristallisierte sich als | |
mögliche Favoritin für eine Kandidatur heraus. Das Amt des | |
Geschäftsführenden Direktors des IWF ist eines der wichtigsten in der | |
Finanzwelt. | |
20 May 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.imf.org/external/np/sec/pr/2011/pr11187.htm | |
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