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# taz.de -- Symposium zu Nazi-Aufmärschen: In Dresden bleibt alles ganz anders
> In den vergangenen Jahren haben Nazis den Gedenktag zur Zerstörung von
> Dresden missbraucht. Ein Symposium sollte Lösungen finden - und
> enttäuschte alle.
Bild: Brennende Barrikaden in Dresden während des Nazi-Aufmarsches im Februar.
DRESDEN taz | Der Freitag sollte Dresden einen Weg aus dem Dilemma
aufzeigen. Denn das Gedenken an die Zerstörung Dresdens am 13.Februar 1945
wird jedes Jahr durch die mit Mythen aufgeladenen Nazi-Demos missbraucht.
Betroffen von den Gewaltexzessen dieses Jahres hatte Sachsens Innenminister
Markus Ulbig (CDU) zu einem Symposium geladen. Doch am Abend verließen 300
überwiegend enttäuschte und ratlose Bürger, Beamte, Juristen und Vertreter
zivilgesellschaftlicher Organisationen den Tagungssaal in der Sächsischen
Aufbaubank.
Die Erwartungen an diese Diskussion waren hoch, auch auf der falschen
Seite. Der ausdrücklich nicht eingeladene NPD-Landtagsabgeordnete Andreas
Storr klagte seine Teilnahme gerichtlich ein. Denn vom mahnenden "Nie
wieder!" des früher stillen, aber eindringlichen Gedenkens ist in den
vergangenen Jahren wenig geblieben.
## Harmlose Menschenkette
Uneinigkeit besteht darüber, wie mit dem zynischen Missbrauch dieses Tages
durch die geistigen Verursacher der Zerstörung umzugehen sei. Das Rathaus
agiert hilflos und hat es bislang nicht vermocht, über die harmlose
Menschenkette hinaus ein aktives Zeichen wie in Jena, Leipzig oder anderen
Städten zu setzen.
Kritiker nicht nur von links hatten vorab bereits vor einem Scheitern des
Symposiums gewarnt. Die Podien waren nicht ausgesprochen falsch besetzt,
aber es fehlten wesentliche Stimmen. Das Bündnis "Dresden Nazifrei" als
maßgeblicher Organisator der Proteste war nicht eingeladen worden.
Vermissen konnte man auch Vertreter der Stadtspitze, die hier freilich
Nachhilfeunterricht vom Freistaat bekommen sollte, ebenso die Dresdner CDU,
die immer noch an der Fiktion des stillen Gedenkens festhält, den
Polizeipräsidenten oder Kirchenvertreter. "Altherrenriege" und "Der Hof
unter sich" war deshalb auf Plakaten von Demonstranten zu lesen.
Was der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Hans-Jürgen
Papier zur Rechtslage klarstellte, dürfte zwar keinen Bundesbürger
überraschen. Für alle, die hoffen, der Aufmarsch der Jungen Landsmannschaft
Ostdeutschland könne eines Tages verboten oder mit legalen Mitteln gestoppt
werden, bleibt es dennoch eine Enttäuschung: Der Grundgesetzartikel 8 gilt
für alle, es gibt kein Versammlungsrecht erster und zweiter Klasse. "Die
Verfassung gewährt auch den Feinden der Freiheit Schutz", konstatierte
Papier.
Bundesverwaltungsrichter Uwe Berlit aus Leipzig wies aber auf das
Vermittlungs- und Verständnisproblem hin, das viele Bürger damit haben.
Wenn man also mit Naziversammlungen leben muss, musste sich alles auf die
Frage konzentrieren, mit welchen Auflagen man sie versieht und wie man sie
beantwortet.
## Starkes Zeichen umsoonst gefordert
Doch da wurde es auffällig dünn, und die Publikumsreihen lichteten sich
bald. Beeindruckend, dass auch ältere Zeitzeugen des Angriffs nicht als
"Linksextreme" kriminalisiert werden wollten, wenn sie sich notfalls auch
mit friedlichen Blockaden den Nazis widersetzen. Für das kommene Jahr wurde
mehrfach ein "großes starkes Zeichen" gefordert.
Aber schon auf den Vorschlag einer zentralen Großdemonstration in Hör- und
Sichtweite des braunen Marsches konnte man sich nicht einigen. Überhaupt
nicht angesprochen wurden die Möglichkeiten eines Versammlungsgesetzes.
Innenminister Ulbigs Ankündigung wirkte hilflos, mit Hilfe von
Publikumslieblingen wie Tom Pauls, Jan Vogler oder mit dem Fußballklub
Dynamo nun Proteste mobilisieren zu wollen. Der viel beschworene große
Konsens der Demokraten, der den Nazimarsch marginalisieren könnte, ist in
Dresden nach wie vor nicht in Sicht.
22 May 2011
## AUTOREN
Michael Bartsch
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