# taz.de -- Google und Schnüffelwerbung: "Ich glaub', es trackt" | |
> Als einziger großer Browser-Anbieter möchte Google nicht am "Do Not | |
> Track"-Konzept teilnehmen. Das soll in den USA das Abschalten von | |
> Schnüffelwerbung erleichtern. | |
Bild: DNT? Kommt ihm nicht ins Haus: Sergey Brin, Mitbegründer von Google. | |
Wer im Netz surft, wird immer häufiger verfolgt: So genannte | |
personalisierte Werbung speichert zum Beispiel individuelle Interessen und | |
zeigt dann eine dazu passende Reklame an. Zwar geschieht das zumeist noch | |
anonym. Doch die Menge an Daten, die Marketingfirmen mittlerweile über | |
einzelne Rechner (und damit ihre Nutzer) besitzen, wird immer größer. Ein | |
Verfahren, das dagegen helfen soll, nennt sich "Do Not Track" (DNT): eine | |
Technik, mit der Nutzer signalisieren können, dass sie nicht überwacht | |
werden wollen. | |
DNT steckt mittlerweile in zahllosen bekannten Browsern: Von Mozilla | |
Firefox über Microsofts Internet Explorer 9 bis hin zur kommenden Version | |
des Apple-Browsers Safari. Ein Unternehmen bleibt jedoch außen vor: Google. | |
Der Konzern will mit seinem Top-4-Browser Chrome nicht an dem neuen | |
Verfahren, das derzeit zu einem Internet-Standard fortgeschrieben werden | |
soll, teilnehmen. Seine Begründung: Die Technik sei bislang noch nicht | |
ausgereift. | |
Tatsächlich ist Google das Unternehmen der "Großen Vier", das am meisten | |
von personalisierter Werbung profitiert: Über 90 Prozent der Einnahmen | |
kommen aus der Werbung. Zwar wollen auch Microsoft mit seinen | |
Internet-Angeboten und Apple mit seinem mobilen Betriebssystem mit Reklame | |
Geld verdienen - doch ihr Kerngeschäft ist das nicht. (Mozilla ist ein | |
Non-Profit-Projekt, verdient allerdings an Googles Suchmaschinenreklame | |
mit, wenn in Firefox gesucht wird.) | |
## Freiwilligkeit ist ein Problem | |
Das "Do Not Track"-Verfahren an sich sorgt allerdings noch nicht dafür, | |
dass Nutzer unbehelligt gelassen werden. Es handelt sich um ein einfaches | |
Signal, das vom Browser über einen sogenannten HTTP-Header (Hypertext | |
Transfer Protocol) an den Server geschickt wird. Erst der Server muss die | |
DNT-Anfrage umsetzen, also etwa Tracking-Mechanismen automatisch | |
deaktivieren. Doch noch sind die wenigsten E-Commerce-Firmen, | |
Internet-Medien oder großen Werbenetzwerke überhaupt technisch soweit, dass | |
sie DNT anwenden könnten. Wenn, dann handelt es sich um eine rein | |
freiwillige Maßnahme. | |
Und diese Freiwilligkeit ist auch das Problem: Zwar beraten sowohl einige | |
Politiker im US-Kongress als auch die zuständige amerikanische | |
Handelsaufsicht FTC seit längerem darüber, DNT verpflichtend zu machen. | |
Herausgekommen ist dabei allerdings noch nichts. Die Lobbyarbeit großer | |
Internet-Unternehmen und der Konsumgüterindustrie dürfte einer der Gründe | |
dafür sein. | |
Das letzte größere DNT-Vorhaben, das der demokratische Senator Jay | |
Rockefeller in Form eines neuen Gesetzes gerade in den Kongress eingebracht | |
hat, wird von Entwicklern wie Datenschützern aber gelobt. "Das ist ein | |
wichtiger Schutz für Bürgerrechte im 21. Jahrhundert", hieß es etwa von der | |
Bürgerrechtsorganisation ACLU. Jamie Court von der Verbraucherorganisation | |
Consumer Watchdog, glaubt, dass das Gesetz "genau zum richtigen Zeitpunkt" | |
kommt. | |
## "Wir brauchen eine feinere Abstufung" | |
Google ficht das zunächst nicht an. Zusammen mit dem Portalriesen Yahoo | |
möchte man DNT zunächst nicht breit implementiert haben. Keth Enright, | |
oberster Hausjurist bei Google für den Bereich Datenschutz, sagte auf einer | |
Konferenz, Google wolle zunächst verstehen, was "Do Not Track" überhaupt | |
bedeute. Darüber hinaus müsse Google bestimmte Daten immer vorhalten, wenn | |
Nutzer surften. "Wir brauchen deshalb eine feinere Abstufung und ein | |
vernünftigeres Verständnis dafür, was es bedeutet, sich an DNT | |
sinnvollerweise zu halten." Momentan speichert Google unter anderem die | |
Eingaben bei der Suchmaschine für neun Monate und verknüpft sie mit einer | |
Internet-Adresse (IP) und einem Datenkrümel (Cookie), der den Rechner | |
potenziell erkennbar macht. | |
Bei Yahoo haut man in die gleiche Kerbe wie Google. "Wir wissen nicht, was | |
uns der Kunde sagt", so Anne Toth, die Vizechefin von Yahoo. Sie frage | |
sich, ob DNT etwa auch für den Bereich der Nutzerstatistiken gelten solle. | |
Es drohe die Gefahr, die Kunden "zu verwirren". | |
Tatsächlich könnte die ganze DNT-Debatte außerhalb der USA noch viel härter | |
geführt werden. Hier gibt es Datenschützer, die beispielsweise schon den | |
Einsatz von Statistikwerkzeugen wie Google Analytics für rechtswidrig | |
halten, weil diese Internetadressen potenziell in die USA senden. | |
Wer sich in Sachen DNT unterdessen noch merklich zurückhält, ist der | |
Social-Networking-Anbieter Facebook. Bei dem sind bekanntlich nicht nur | |
zunächst anonyme IP-Adressen, sondern gleich die Namen und Vorlieben der | |
Nutzer gespeichert. Da bekommt "Do Not Track" eine ganz andere Bedeutung. | |
24 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Streit um Google Analytics: Tracking soll transparenter werden | |
Google lebt von Werbung - und vom Erfassen von Nutzerdaten. Seit Jahren | |
streitet sich der Konzern deshalb mit Datenschützern um seinen Dienst | |
"Analytics". Nun gibt es eine Einigung. | |
Online-Werbung: Der Track-App-Nepp | |
Mit sogenannten Supercookies ist es möglich, auch jene PC-Nutzer durchs Web | |
zu verfolgen, die sich verstecken wollen. Auf Smartphones ist die Gefahr | |
noch größer. | |
US-Kartelluntersuchung gegen Google: Google, der Netzdespot? | |
In den USA läuft offenbar eine Wettbewerbsuntersuchung gegen Google. Das | |
Kartellamt geht der Frage nach, ob der Konzern seine Stellung ausnutzt, um | |
kleine Rivalen zu unterdrücken. | |
Semantische Suche im Netz: "Dumm wie Google" war gestern | |
"Casablanca" bringt bei der Google-Suche Millionen Ergebnisse. Ist die | |
Stadt gemeint oder der Film? Suchmaschinen sind dumm und schnell. | |
Schema.org will das ändern. | |
Suchmaschine mit neuen Funktionen: Google gehorcht aufs Wort | |
Google hat seine Suchmaschine um neue Funktionen erweitert, von denen | |
einige futuristisch wirken: So lässt sich das Netz künftig per Sprache oder | |
Bild durchforsten. | |
Hackerangriff auf E-Mail-Programm Gmail: China vs. Google, nächste Runde | |
Nutzer von Googles E-Mail-Dienst sollten achtsam sein: Der Netzkonzern hat | |
eine Attacke auf Gmail enttarnt. Die Angreifer sollen aus China stammen - | |
dort sieht man sich selbst als Opfer. | |
Smartphones als digitale Portemonnaies: Paypal verklagt Google | |
Wenn es nach Google geht, haben Bargeld und Kreditkarte bald ausgedient: | |
Der Konzern hat ein System zum Bezahlen mit dem Handy vorgestellt. Paypal | |
klagt wegen Ideenklau. | |
Abbuchungen vom NFC-Handy: "Kann ich auch mit Google zahlen?" | |
Immer mehr Smartphones mit Googles Betriebssystem Android besitzen einen | |
NFC-Chip. Damit könnten in Zukunft Kreditkarten überflüssig werden. | |
Zeitungsarchive online: Google gibt auf | |
Eigentlich wollte Google das größte digitale Zeitungsarchiv der Welt | |
erstellen. Damit ist jetzt Schluss. Stattdessen will der Konzern Zeitungen | |
helfen, online Geld zu verdienen. | |
Ulmer Forscher über Google-Android: "Grob fahrlässig" | |
Sicherheitsforscher Bastian Könings von der Uni in Ulm über eine | |
schwerwiegende Lücke in den Android-Handys. Und welche Gefahren den Nutzern | |
solcher Geräte künftig drohen könnten. | |
Dotcom-Blase um soziale Netzwerke: Zurück in den Wahnsinn | |
Das erste große soziale Netzwerk ist an der Börse: LinkedIn. Sein Wert hat | |
sich am ersten Tag mehr als verdoppelt. Die Angst vor einer neuen | |
Internetblase wächst. |