# taz.de -- Abbuchungen vom NFC-Handy: "Kann ich auch mit Google zahlen?" | |
> Immer mehr Smartphones mit Googles Betriebssystem Android besitzen einen | |
> NFC-Chip. Damit könnten in Zukunft Kreditkarten überflüssig werden. | |
Bild: Bezahlen mit Google - bald auch in Deutschland. | |
Das Internetunternehmen Google plant die Einführung eines neuen | |
Bezahlsystems auf Handy-Basis. Kunden mit dem Smartphone Nexus S, auf dem | |
Googles hauseigenes Mobilbetriebssystem Android läuft, sollen in Geschäften | |
zukünftig per "Gerätewink" zahlen können können. Das berichten die | |
Wirtschaftsnachrichtenagentur "Bloomberg" und das "Wall Street Journal" | |
übereinstimmend. Über die sogenannte Near Field Communication (NFC), für | |
die das Nexus S einen eingebauten Chip besitzt, würde die Zahlung dann | |
drahtlos autorisiert. | |
Entsprechende Terminals sollen laut den Meldungen in fünf amerikanischen | |
Großstädten bei verschiedenen Händlern installiert werden. Netzpartner soll | |
das drittgrößte US-Mobilfunkunternehmen Sprint sein. Das Fachblog | |
"Techcrunch" schreibt, zu den möglichen Partnern gehöre auch das | |
amerikanische Großinstitut Citibank. Kreditkartenpartner könnte Mastercard | |
werden. Weiterhin plant Google offenbar neuartige Coupon-Modelle, bei denen | |
man sich einen Discount auf das Handy "herunterladen" kann, um ihn dann an | |
der Kasse einzulösen. | |
Der NFC-Trend erreicht Europa und die USA derzeit nur schleppend. In | |
asiatischen Ländern wie Japan oder China setzt er sich dagegen immer mehr | |
durch. So kann man in Tokio etwa per Handy im Supermarkt bezahlen oder das | |
Gerät als Zugangsticket für das U- und S-Bahnnetz verwenden. Die Grundidee | |
dabei ist, keine zusätzlichen Karten oder auch nur einen Geldbeutel mit | |
sich herumtragen zu müssen - alles läuft über ein Gerät. | |
## Kundenprofile mit Daten aus der "realen Welt" | |
Der neue Bezahlservice ist auch für die Marketing und Werbewirtschaft von | |
großen Interesse. Schon jetzt kann Google mit aus dem Netz | |
zusammengetragenen Daten Nutzerprofile erstellen. Wenn sich das NFC-Modell | |
durchsetzt, könnten diese Profile in Zukunft durch konkrete | |
Kaufentscheidungen in der "realen Welt" ergänzt werden - ob Datenschützer | |
diese Pläne gutheißen, ist unwahrscheinlichh. | |
Das Problem der Mobilfunk basierten NFC-Zahlungen sind allerdings noch | |
fehlende Standards. Zwar wurden diese zwischen Kreditkartenunternehmen | |
bereits ausgehandelt, im Bereich Handy-Zahlungen sind sie aber noch in der | |
Schwebe. Entsprechend mächtig müsste Google in diesen Markt nun einsteigen, | |
um sich durchzusetzen. | |
Ein Laden, der das neue Zahlsystem anbietet, hätte außerdem das Problem der | |
eingeschränkten Zielgruppe. Zwar sind Android-Geräte auf dem Vormarsch, | |
doch gibt es noch eine große Anzahl anderererfolgreicher Smartphones von | |
Apple (in vielen Ländern noch vor Android) über Blackberry bis Microsoft | |
(Windows Phone 7, derzeit noch am Anfang). Warum ein Laden ausgerechnet nur | |
"android-fähig" sein sollte, ist schwierig zu vermitteln. | |
## Deutsche Bahn als Vorreiter | |
Google ist nicht das einzige Unternehmen, das sich an neuen Bezahlsystemen | |
auf Mobilfunkbasis probiert. Einfachere Handys mit NFC-Chips gibt es schon | |
länger. Sie werden in Deutschland unter anderem beim Fahrkartensystem | |
"Touch and Travel", das die Deutsche Bahn zusammen mit lokalen | |
Verkehrsunternehmen testet, seit mehreren Jahren eingesetzt. Durchgesetzt | |
haben sie sich allerdings nicht. Es gibt außerdem seit Monaten Gerüchte, | |
dass auch Apples nächstes iPhone, das spätestens im September auf den Markt | |
kommen dürfte, NFC-fähig wird. | |
Square, das Start-up des ehemaligen Twitter-Gründers Jack Dorsey, | |
interpretiert die NFC-Idee unterdessen anders. Mit einem kleinen Aufsatz | |
("Dongle") für iPhone, iPad und Android-Geräte können Privatpersonen, | |
Geschäfte und Firmen Kreditkartenzahlungen entgegennehmen. Bei dieser | |
Anwendung wird der Magnetstreifen ausgelesen Ein Verfahren, das in Europa | |
aus Sicherheitsgründen langsam aus der Mode kommt. | |
Die neueste Square-Software "Card Case" ist derzeit nur in den USA | |
verfügbar, kann aber als veritabler NFC-Konkurrent gelten: In 50 Läden in | |
mehreren amerikanischen Großstädten kann man im Rahmen eines Pilotprojektes | |
damit auf Knopfdruck einkaufen. Die Kreditkartendaten werden den | |
gewünschten Läden zuvor übermittelt. Um einen Kaffee oder ein Buch zu | |
bezahlen, reicht eine Autorisierung über das Smartphone. Statt per NFC-Chip | |
erfolgt diese einfach per Internet. | |
26 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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