# taz.de -- CO2-Handel gegen Entwaldung: Der Regenwald soll was kosten | |
> Um die Entwaldung einzudämmen, wollen die Vereinten Nationen den | |
> Regenwald in den CO2-Handel aufnehmen. Zurzeit treffen sich betroffene | |
> Länder in Brazzaville. | |
Bild: Ist was wert: Regenwald in Peru. | |
UGANDA taz | Teilnehmer aus 35 Ländern der drei Regenwald-Regionen treffen | |
sich derzeit in Brazzaville, der Hauptstadt der Republik Kongo, um die | |
Rodung der tropischen Regenwälder in den Griff zu bekommen. Darunter sind | |
Anrainerstaaten des Amazonasgebiets in Lateinamerika, des Kongobeckens in | |
Afrika sowie des Mekongs in Asien. | |
Sie decken zusammen 80 Prozent des weltweiten tropischen Regenwalds ab. | |
Ziel des Gipfels ist es, eine Vereinbarung zu treffen, die als Regelwerk in | |
Fragen der Waldrodung und des Klimawandels dienen kann, so Henri Djombo, | |
Minister für nachhaltige Entwicklung, Wald und Umwelt des Gastgeberlandes | |
Kongo. | |
Die UN haben das Jahr 2011 zum internationalen Jahr des Waldes erklärt. | |
Damit will die Organisation auf ein Dilemma aufmerksam machen: 31 Prozent | |
der globalen Landmasse sind bewaldet. Doch der Wald ist kein menschenleerer | |
Raum: 1,6 Milliarden Menschen sind direkt von ihm abhängig, 300 Millionen | |
Menschen leben von ihm und setzen im Jahr damit 327 Milliarden Dollar um. | |
Die Konferenz demonstriert einmal mehr, dass die Rodung der Regenwälder | |
mittlerweile als weltweites Problem erkannt ist. Wenn die internationale | |
Gemeinschaft die Erderwärmung unter 2 Grad Celsius halten will, wie im | |
Kioto-Vertrag beschlossen, dann muss die Abholzung des Regenwaldes bis 2020 | |
um 50 Prozent verringert werden, so die UN-Umweltagentur (Unep). | |
## Emissionskredite aus Regenwaldländern | |
Bereits 2007 haben die Staatschefs von elf Regenwald-Nationen der | |
UN-Generalversammlung in New York ihre gemeinsame Initiative zur | |
Verringerung der Emissionen aus der Waldrodung vorgestellt. Es ist der | |
Versuch, dem Wald einen finanziellen Wert zu verpassen und diesen Wert im | |
weltweiten Emissionshandel nutzbar zu machen. Ein simples Beispiel: Stoßen | |
europäische Länder pro Jahr mehr klimaschädigende Abgase aus als im | |
Kioto-Vertrag oder innerhalb des EU-Emissionshandels erlaubt, könnten sie | |
Emissionskredite von Regenwaldländern aufkaufen, um keine Strafe zahlen zu | |
müssen. | |
Weil diese Umweltzertifikate frei handelbar sind, wird deren Preis durch | |
die Nachfrage bestimmt. Das heißt: Jeder Baum des Regenwalds kann in | |
Zukunft als virtueller Wert in diesem Handel betrachtet werden. Der Wert | |
steigt, je mehr Abgase die Industrienationen in die Luft pusten. Diese | |
Bäume zu fällen, schadet den Regenwaldnationen also finanziell. Den Wald zu | |
bewahren, kann jedoch Vorteile bringen. | |
Im Mai veröffentlichte die UN-Umweltagentur den Bericht "Reddy Set Grow", | |
in welchem die positiven Möglichkeiten dieses Emissionshandels für die | |
Regenwaldländer aufgezeigt werden. Nicht nur Staaten, sondern auch | |
Konzerne, Unternehmen und Finanzinstitutionen müssen mit an den Tisch | |
geholt werden, heißt es darin. | |
"Der Markt für Wald-CO2 hat ungeheures Potenzial, benötigt jedoch | |
gemeinsame Anstrengungen von Seiten der Politik, diese Mechanismen zu | |
entwerfen und sicherzustellen, dass auch privates Kapital angezogen wird", | |
sagt Abyd Karmali, Direktor des Bereichs "Carbon Markets" der | |
amerikanischen Investmentbank Merrill Lynch. Die Unep kommt in der Studie | |
zu dem Schluss, dass bis zum Jahr 2030 jährlich bis zu 40 Milliarden Dollar | |
investiert werden müssen, um die globale Waldrodung zu halbieren. | |
1 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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