# taz.de -- Waldmoratorium in Indonesien: Neuer Papiertiger im Urwald | |
> Indonesiens Präsident unterschreibt ein Waldmoratorium, es betrifft | |
> insgesamt 90 Millionen Hektar. Kritiker klagen: Dem Klimaschutz nützt das | |
> Abkommen nicht. | |
Bild: Keine Regeln für den Umgang mit schützenswerten Waldflächen. | |
JAKARTA taz | Umweltschützer haben enttäuscht auf ein Waldschutzmoratorium | |
reagiert, dass der indonesische Präsident vergangene Woche unterzeichnet | |
hat. Das Abkommen verbietet Rodungen in bisher unberührten Urwäldern und | |
Torfmooren. | |
Das Verbot, in den kommenden zwei Jahren weitere Abholzungslizenzen zu | |
vergeben, betrifft Wälder auf einer Fläche von gut 64 Millionen Hektar | |
sowie 24,5 Millionen Hektar Torfmoor. Damit umfasst das Verbot etwa die | |
Hälfte des Staatsgebiets von Indonesien und eine Fläche zweimal so groß wie | |
Deutschland. | |
Das Abkommen ist Teil einer bilateralen Klimaschutzvereinbarung, nach der | |
Norwegen der indonesischen Regierung eine Milliarde Dollar (702 Millionen | |
Euro) zahlt. Im Gegenzug verpflichtet sich Indonesien zur Verringerung von | |
durch Abholzung und Waldsterben verursachten Emissionen im Rahmen des | |
UN-Waldschutzprogramms REDD+. In den Augen von Umweltschützern ist das | |
Waldschutzmoratorium alter Wein in neuen Schläuchen – die genannten Wälder | |
sind bereits gesetzlich geschützt. Um mehr für den Klimaschutz zu | |
erreichen, müssten auch naturnahe Wälder geschützt werden, argumentieren | |
Umweltschützer. | |
## "Ausbeutung von Sekundärwäldern" | |
Genau das war auch im Abkommen mit Norwegen vereinbart worden, das | |
Indonesien im vergangenen Jahr geschlossen hatte. Das nun unterzeichnete | |
Moratorium jedoch "legitimiert die Ausbeutung von Sekundärwäldern", | |
kritisiert der Direktor der indonesischen Umweltschutzorganisation | |
Greenomics, Elfian Effendi. Er hoffe, dass das Abkommen eine Revision | |
erfahre, in die auch der Schutz von 36,6 Millionen Hektar Sekundärwald | |
einbezogen würden, so Effendi. | |
Der Sprecher von Greenpeace Südostasien, Bustar Maitar, monierte, dass das | |
Moratorium keine Regeln für den Umgang mit schützenswerten Waldflächen | |
vorsehe, für die in der Vergangenheit bereits Konzessionen erteilt wurden. | |
Unklar bleibt ohnehin, wie durch das neue Moratorium der Wald künftig | |
besser geschützt werden soll – waren doch bisherige Gesetze vor allem | |
Papiertiger, die nicht verhindern konnten, dass Indonesiens Wälder rasant | |
vernichtet werden. | |
Indonesien ist nach China und den USA der drittgrößte CO2-Emittent der | |
Welt. Verantwortlich dafür ist vor allem die Entwaldung – mindestens eine | |
Million Hektar Wald verschwinden pro Jahr – zur Holzgewinnung und für | |
Palmölplantagen. Bis 2020 will das Land seine Emissionen um 26 Prozent | |
reduzieren. Gleichzeitig will Indonesien – schon jetzt der weltgrößte | |
Hersteller von Palmöl, seine Produktion bis 2020 verdoppeln. | |
## Regenwald-Stiftung: Zahlungen stoppen | |
Der Direktor der norwegischen Regenwald-Stiftung, Lars Løvold, hat seine | |
Regierung aufgefordert, die Zahlungen an Indonesien zu stoppen, "bis | |
Indonesien in der Lage ist, die Entwaldung wirklich zu reduzieren". | |
Ansonsten würde die Glaubwürdigkeit des REDD+-Projekts insgesamt | |
beschädigt, so Løvold. | |
Eigentlich sollte das Moratorium bereist im Januar in Kraft treten. Doch | |
die Unterzeichnung zog sich hin, offenbar durch heftige Lobbyarbeit seitens | |
der Industrie. So berichtete die New York Times Ende März, wie der | |
Papiermulti Asia Pulp & Paper Lobbyisten in den USA finanziere, die nicht | |
nur gegen höhere Papierzölle mobilmachten, sondern als angebliche | |
Grassroot-Organisationen auch Studien publizieren, die offenbar von der | |
indonesischen Regierung bei der Formulierung des Waldschutzdekrets genutzt | |
wurden. | |
27 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Anett Keller | |
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