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# taz.de -- Wettskandal in Italien: Die Camorra kickt mit
> Die Mafia soll bei den jüngsten Manipulationen im italienischen Fußball
> jede Menge Geld gewaschen haben. Mit illegalen Wetten macht sie 60
> Milliarden Euro Umsatz im Jahr.
Bild: Ikonen italienischer Fußballkorruption: die Ex-Manager von Juventus Turi…
BERLIN taz | Wo Geld ist, da ist die Mafia nicht weit. Diese Binsenweisheit
über die Nähe von Honig und Bären erfährt im Zuge des Wettskandals im
italienischen Fußball neue Bestätigung.
"Es wurden teilweise derartig hohe Wetteinsätze getätigt, dass wir Versuche
von Geldwäsche durch mafiose Organisationen nicht ausschließen können", gab
der leitende Staatsanwalt aus Cremona, Roberto Di Martino, bekannt. Antonio
Bellavista, der ehemalige Kapitän des Serie-A-Absteigers AS Bari und einer
der Wettbetrüger, wird der Kontakte zu Vertretern der lokalen Sacra Corona
Unita verdächtigt.
Während in der Cremona-Ermittlung die Mafia-Vorwürfe derzeit im Vagen
bleiben, kam von den gläsernen Türmen der Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft
Neapel die Nachricht: "Wir ermitteln in einem Komplex von
Wettmanipulationen und organisierter Kriminalität in großem Maßstab."
Napolis oberster Mafia-Jäger Giandomenico Lepore nahm zwar den ihm
zwischenzeitlich in den Mund gelegten Ausruf "Das hat die Dimension von
Calciopoli" zurück. "Wir haben es hier nicht mit bestochenen
Schiedsrichtern wie im Moggi-Verfahren (Luciano Moggi war Manager bei
Juventuns Turin, die Red.) zu tun. Aber es handelt sich um Betrügereien bei
nationalen und internationalen Wettagenturen", präzisierte er.
Vom Mafia-Thema elektrisiert und stark versucht, es weiter auszureizen,
recycelten die italienischen Medien gleich ein paar alte Geschichten. Im
April 2010 waren Personen dabei beobachtet worden, in der Halbzeitpause des
Spiels SSC Neapel gegen FC Parma auf den Gästesieg gewettet zu haben.
Napoli führte zur Pause noch 1:0, verlor aber 2:3. Die gut informierten
Wetter gehörten laut einer Mitteilung der Polizei im Juni 2010 zum Clan Lo
Russo. In der Folgezeit eingeleitete Untersuchungen erbrachten aber keine
harten Beweise, so dass diese Episode ebenso in die neapolitanische
Fußballfolklore einging wie Maradonas seinerzeitige Besuche bei
Camorra-Größen und die Gerüchte über eine Verhinderung der
Titelverteidigung 1987 durch die Wettpaten der Camorra. Ob das Phantasterei
ist oder doch eher eine Form der oralen Geschichtsschreibung, ist
ungeklärt.
## Fotoshooting mit dem Dealer
Weil sich aus Napoli-Parma aber noch keine richtig große Mafiageschichte
basteln ließ, wurde auch Mario Balotelli hervorgeholt. Der eigenwillige
Stürmer machte im letzten Juni im Rahmen einer Preisverleihung in Neapel
einen Abstecher nach Scampia. "Ich wollte mir die Orte ansehen, die durch
den Film "Gomorrha" so bekannt geworden sind", erklärte Balotelli. Bei
seiner Ankunft auf den legendär gewordenen Drogenumschlagplätzen kamen auch
zwei Leute aus den oberen Schichten der lokalen Clans zu ihm und ließen
sich mit ihm ablichten. Wie viel der exzentrische Jungmillionär von der
Arbeitsbiografie dieser beiden Fans wusste, ist unklar. Daraus ein
Horrorstück über den Einfluss der Camorra auf Balotelli (jetzt bei
Manchester City unter Vertrag) und den gesamten italiensichen Fußball zu
zeichnen, ist sicher überzogen.
Dennoch passt die Begegnung ins generelle Bild. "Die Mafia sucht die Nähe
zu Fußballstars, um ihre eigene Popularität in den ärmeren Vierteln zu
festigen", erzählte Staatsanwalt und Buchautor Raffaele Cantone der taz.
Im Wettgeschäft selbst sind die kriminellen Organisationen auch aktiv. Der
geringere Teil aber wohl als simpler Wetter und Wettbetrüger. Die
Brecht-Leser unter dem Mafiosi haben längst erkannt, dass man nicht fremde
Annahmestellen ausnimmt, sondern lieber eigene installiert. Der
Jahresbericht 2010 der staatlichen Wettaufsicht AAMS zählte einen Umsatz
von 60 Milliarden Euro bei den legalen Wetten und weitere 60 Milliarden
Euro bei den illegalen Wetten.
7 Jun 2011
## AUTOREN
Tom Mustroph
## TAGS
Europa League
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