# taz.de -- Gesichtserkennung eingeführt: Aus Facebook wird Gesichtsbuch | |
> Facebook hat die automatische Erkennung von Personen eingeführt, ohne die | |
> Nutzer zu informieren. Nun erntet es Kritik. Das "Tagging" lässt sich nur | |
> begrenzt verhindern. | |
Bild: Ich weiß, was du auf der letzten Party getan hast - und alle meine Freun… | |
Über 2,5 Milliarden Fotos kommen monatlich bei Facebook dazu. Nun hat das | |
weltgrößte soziale Netzwerk seinem Fotodienst eine Funktion verpasst, die | |
bei Datenschützern für allerlei Aufregung sorgen könnte: die automatische | |
Erkennung von Gesichtern. | |
Die Technik namens Autotagging wird in den USA bereits seit vergangenem | |
Dezember eingesetzt. Damals hieß es dazu im offiziellen [1][Firmenblog], | |
der Dienst arbeite ähnliche wie Systeme, die man aus Fotoprogrammen kennt. | |
"Wenn Sie oder Ihre Freunde ein neues Foto hochladen, versuchen wir mit | |
einer Software zu erkennen, ob es sich um Personen handelt, die sie bereits | |
mit Namen getaggt haben. Dann gruppieren wir Fotos, die sich ähneln, und | |
schlagen passende Namen der Freunde in den Bildern vor." | |
Der neue Service wurde, typisch Facebook, standardmäßig für alle Nutzer | |
eingeschaltet. Wer ihn nicht haben möchte, muss ihn explizit abdrehen, sich | |
also durch die berühmt-berüchtigt komplizierten Privatsphäreneinstellungen | |
kämpfen. "Wir machen das Markieren von Fotos einfacherer", so der Konzern. | |
So kann man es auch sehen. Schließlich verpassen die Nutzer ihren Bildern | |
schon heute täglich mehr als 100 Millionen "Tags". | |
Nach dem Start in den USA, der offensichtlich erfolgreich verlief, beginnt | |
Facebook nun mit der Internationalisierung von Autotagging. Wie die | |
IT-Sicherheitsfirma Sophos am Dienstag [2][in ihrem Blog] schrieb, taucht | |
die neue Funktion ohne Vorwarnung nun auch außerhalb Nordamerikas auf. | |
"Vorher stand da nur ein 'Noch nicht verfügbar' in den | |
Privatsphäreneinstellungen", so der Sophos-Sicherheitsexperte Graham | |
Cluley, "nun wäre es an der Zeit, sich diesen Menüpunkt einmal anzusehen". | |
Durch das Autotagging dürfte es künftig deutlich schwerer werden, auf | |
Facebook unauffällig zu bleiben. Da das System die Namen ohne Zutun der | |
Nutzer vorschlägt und diese nur noch bestätigen müssen, erleichtert dies | |
die Zuordnung ungemein. Unschöne Partybilder werden so noch leichter | |
auffindbar, sollte man gleichzeitig auch noch die | |
Facebook-Standardeinstellungen beibehalten und Fotos aller Welt zur | |
Verfügung stellen. | |
## "Keinen Weg, die Sichtbarkeit zu unterdrücken" | |
Ebenfalls gemein: Unterbindet man die Darstellung von Fotos, die auf den | |
eigenen Namen getaggt sind, gilt das zunächst nur für die Bilder im eigenen | |
Profil. Taggt ein anderer Nutzer in seinen eigenen Bildern, hat man darauf | |
natürlich keinen Zugriff. "Es gibt keinen Weg, die Sichtbarkeit zu | |
unterdrücken", [3][schreibt Facebook dazu.] | |
Auch die Privatsphäreneinstellung für das Autotagging betrifft allein diese | |
Funktion. Hier muss man den Menüpunkt "Suggest Photos of Me to Friends" | |
("Fotos meiner Person Freunden vorschlagen") suchen und auf "Change | |
Settings" gehen. Dort lässt sich das Autotagging dann abschalten. Das heißt | |
aber nicht, dass man das Tagging an sich abdrehen kann. Immerhin lässt | |
Facebook zu, dem Nutzer mitzuteilen wenn ein solches Tagging erfolgt. | |
Das Thema Gesichtserkennung haben mittlerweile auch deutsche Datenschützer | |
auf der Agenda. So kommentierte der Hamburgische Landesbeauftragte für den | |
Datenschutz, Johannes Caspar, bei Bekanntwerden der neuen Funktion im | |
letzten Jahr, es handele sich um eine "beunruhigende Entwicklung". "Es darf | |
nicht sein, dass Nutzer des Dienstes befürchten müssen, künftig auf allen, | |
gerade von dritten Personen eingestellten, Bildern aufgerufen zu werden", | |
sagte er dem Handelsblatt. | |
Tatsächlich hatte Google nur sehr vorsichtig Gesichtserkennungsfunktionen | |
eingeführt. Ex-Firmenchef Eric Schmidt meinte zu der Idee, Android-Handys | |
zum Durchsuchen des Netzes nach Personen per Foto einzusetzen, man habe | |
dies technisch erwogen, sich aber aus Datenschutzgründen dagegen | |
entschieden. | |
8 Jun 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://blog.facebook.com/blog.php?post=467145887130 | |
[2] http://nakedsecurity.sophos.com/2011/06/07/facebook-privacy-settings-facial… | |
[3] http://www.facebook.com/help/new/?page=831 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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