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# taz.de -- Bakterium im Müll gefunden: Mutierter Ehec-Keim auf Gurke
> In einer Mülltonne in Magdeburg wurde auf einem Gurkenrest ein mutierter
> Ehec-Keim entdeckt. Es ist aber nicht sicher, ob der Erreger nicht erst
> im Müll auf das Gemüse gelangte.
Bild: Fund im Müll: Wie der mutierte Erreger auf die Gurke gelangte, ist unkla…
Auf einem Gurkenrest in einer Mülltonne in Magdeburg haben Experten
erstmals die derzeit grassierende Form des Ehec-Keims nachgewiesen. Das
teilte das sachsen-anhaltische Gesundheitsministerium am Mittwochnachmittag
mit. Die Mülltonne gehörte einer Familie, die an Ehec erkrankt ist. Damit
ist knapp einen Monat nach Ausbruch der Epidemie zumindest eine
Infektionsquelle des Ehec-Erregers gefunden worden.
Noch am Mittwochmorgen hatten die Gesundheits- und
Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern diese Hoffnung bei ihrem
Ehec-Spitzentreffen in Berlin beinahe aufgegeben. "Wir wissen aus früheren
Ausbrüchen, dass der Nachweis äußerst schwierig ist", bedauerte die Bremer
Gesundheitssenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD). Oft seien die Keimträger -
Gemüse, Obst oder Fleisch - längst aufgebraucht oder vernichtet, bevor man
ihnen auf die Spur komme.
Wie das Bakterium in die Magdeburger Mülltonne geriet und aus welchem Land
die Gurke stammte, blieb zunächst unklar. Die Gurkenreste hatten mindestens
eineinhalb Wochen in der Mülltonne gelagert. Frühere Spuren - spanische
Gurken, Sprossen aus einem niedersächsischen Biobetrieb - haben bislang
nicht den Nachweis bestanden.
## 3.800 Proben
Mittlerweile sind nach Angaben der Gesundheits- und
Verbraucherschutzminister 3.800 Proben und Kontrollen von Lebensmitteln,
vor allem in Norddeutschland, erfolgt und zahlreiche Betriebswege
zurückverfolgt worden. Auch verdichteten sich die Indizien, dass ein Biohof
in Niedersachsen, der Sprossen produziert und inzwischen gesperrt ist,
"zumindest beteiligt" sei an der Epidemie. Beweise hierfür fehlen jedoch.
In den untersuchten Sprossenproben fanden sich keine Erreger. Auch die
vermuteten Ehec-Erkrankungen von drei Mitarbeiterinnen konnten bislang nur
in einem Fall nachgewiesen werden.
Der Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte, angesichts einer
sinkenden Zahl an Neuerkrankungen gebe es zwar "Anlass für berechtigten
Optimismus, dass wir das Schlimmste hinter uns haben". Von Entwarnung könne
aber keine Rede sein: Die Empfehlung, auf den Verzehr von rohen Tomaten,
Gurken, Salaten und Sprossen zu verzichten, gelte weiterhin. Bisher seien
1.959 Ehec-Fälle in Deutschland registriert, davon 689 mit besonders
schwerem Verlauf. 24 Menschen seien in Deutschland gestorben, eine weitere
Person in Schweden. Die Infektionswelle sei damit eine der schwersten
jemals beobachteten Ehec-Ausbrüche in Europa.
## EU hält sich vorerst mit Kritik zurück
Kritik der Opposition am Krisenmanagement wiesen Bahr und
Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) zurück. Für eine zentrale
Seuchenbekämpfungsstelle gebe es keinen Anlass. Der EU-Gesundheitskommissar
John Dalli schwächte seine massive Kritik von Anfang der Woche ab: "Heute
ist nicht die Zeit für Kritik", sagte er in Berlin. Alle Kräfte müssten
sich darauf konzentrieren, den Erkrankten zu helfen und die Krise zu
überwinden. Danach allerdings "müssen wir analysieren, welche
Verbesserungen möglich sind". Deutlicher wurde Bayerns Gesundheitsminister
Markus Söder (CSU): "Man sollte nicht jeden Tag mit einem vermeintlichen
Erreger nach vorn preschen", tadelte er seine norddeutschen Amtskollegen.
"Das steigert die Verunsicherung."
Wegen der Ehec-Krise ist das Geschäft mit Salat, Gurken und Tomaten nach
Angaben des Deutschen Fruchthandelsverbands fast zusammengebrochen. Daher
müsse es Entschädigungen nicht nur für die Produzenten, sondern auch für
den Handel geben. Ministerin Ilse Aigner erwähnte die Möglichkeit
zinsverbilligter Darlehen für Landwirte. Unterdessen wurden die
angekündigten Entschädigungszahlungen der EU von 150 Millionen Euro auf 210
Millionen Euro erhöht.
Auf die Forderung des Verbands der Universitätskliniken, alle Ehec-Fälle
müssten außerhalb des vereinbarten Krankenhausbudgets zum vollen Preis
abgerechnet werden, erwiderte Bahr, es gebe keinen Anlass für
Gesetzesänderungen. Das geltende Fallpauschalensystem sei "angemessen".
Härtefälle könnten schon gesondert vergütet werden.
8 Jun 2011
## AUTOREN
Heike Haarhoff
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