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# taz.de -- Gewalt im Frauenfußball: „Kein männliches Privileg“
> Gunter A. Pilz gilt als Deutschlands renommiertester Fan-Forscher. Ein
> Gespräch über weibliche Hooligans, lange Fingernägel und enthemmte Gewalt
> außerhalb der Fußballstadien.
Bild: Kein Mädchentennis: Vicky Exley kriegt was ab von Eva Gonzalez (r.) und …
taz: Herr Pilz, Gewalt im Frauenfußball – gibt es so etwas überhaupt?
Gunter A. Pilz: Natürlich gibt es das. Allerdings ist der Frauenfußball mit
dem Männerfußball nicht zu vergleichen, vor allem nicht, was die
gesellschaftliche Aufmerksamkeit angeht. Es geht im Männerfußball um viel
mehr – deshalb ist dort die Gewalt auch größer.
Heißt das, Gewalt gibt es vor allem dort, wo der Preis am höchsten ist?
Grundsätzlich gilt: Je wichtiger das Ergebnis ist, desto schwieriger wird
es, fair zu spielen.
Das aber gilt doch für Frauen und Männer gleichermaßen.
Auf jeden Fall. Das sieht man beim Boxen, beim Handball, in der
Leichtathletik. Frauendoping etwa ist genauso weit verbreitet wie
Männerdoping. Man kann nicht extrem erfolgreich sein und gleichzeitig auf
jede Form von Aggressivität und Gewalt verzichten.
Nun gelten Frauen ja als schwächer . . .
. . . was sie rein körperlich aufgrund ihrer Statur und ihrer Kräfte auch
sind. Aber es kommt auch auf die Sportart an. Beim Frauenhandball etwa
werden vor Spielbeginn die Fingernägel kontrolliert, weil Frauen ihre Nägel
gerne gegen die Gegnerinnen einsetzen. Frauen haben also auch ganz andere
Waffen.
Fingernägel kommen im Fußball eher weniger zum Einsatz, aber so brutal wie
die Männer gehen die Frauen doch wohl nicht miteinander um.
Oh doch, das täuscht. Frauenfußball ist ganz schön körperbetont geworden,
was die Zweikämpfe angeht. Zudem wird Frauenfußball immer athletischer, da
wird sich in den kommenden Jahren also noch einiges tun.
Frauen sind also gar nicht weniger gewalttätig als Männer?
Gewalt ist nicht das Privileg des männlichen Geschlechts, sondern hängt
davon ab, in welchem Handlungssystem man sich bewegt. Wenn ich erfolgreich
sein will, erreiche ich das nicht, indem ich lieb und nett bin. Wenn man
andere Bereiche anschaut – häusliche Gewalt etwa – dann ist sehr deutlich,
dass Frauen ähnlich gewalttätig sind wie Männer. Und was etwa psychische
und verbale Gewalt wie Mobbing angeht, da sind Frauen den Männern haushoch
überlegen.
Aber Hooligans und gewaltbereite Ultras gibt es im Frauenfußball nicht?
Nein, die gibt es nur bei den Männern. Das liegt schon alleine daran, dass
Frauenfußball kein solches Massenphänomen ist. Hooligans suchen die
Anonymität – die finden sie bei Frauenfußballspielen nicht, weil einfach
nicht so viele Zuschauer da sind. Zudem sind Spiele von Frauen ein
familiäres Ereignis, das Publikum ist viel gemischter, viele Kinder, viele
Frauen. Eine ganz andere Atmosphäre. Allerdings gibt es durchaus Frauen,
die als Hooligans im Männerfußball unterwegs sind. Dass auch Frauen
gewalttätig sein können, hat schon der amerikanische Psychologe John Archer
gesagt. Das sei der Preis der Emanzipation.
Hooligans finden beim Frauenfußball aber demnach niemanden, mit dem sie
sich messen können?
Ja, so könnte man das sagen. Hooligans suchen natürlich Leute mit einer
ähnlichen Grundeinstellung. Die finden sie dort nicht.
Die Sicherheitsvorkehrungen in den Stadien sind in den vergangenen Jahren
immer weiter verschärft worden. Verlagert sich die Gewalt nach außen?
Ja, das ist so. Und damit wird es natürlich schwieriger, die Gewalt zu
kontrollieren. Außerhalb der Stadien ist Gewalt viel enthemmter, sie
unterliegt der sozialen Kontrolle nicht in gleichem Maße. Stadien sind
überschaubar, es gibt Ordner, und man kann Störer relativ schnell dingfest
machen. Das geht außerhalb natürlich nicht so einfach. Man kann nicht
hinter jeden Fan einen Polizisten stellen.
10 Jun 2011
## AUTOREN
Steffi Dobmeier
## TAGS
WM 2011 – Mixed Zone
Fußball
Fußball
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