Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Deutschlands Frauen besiegen Niederlande: Es war einmal ...
> Einfach märchenhaft: Deutschlands DFB-Frauen besiegen die Niederlande mit
> 5:0. Das Publikum, wie überall beim Frauenfußball: fast peinlich
> wohlwollend.
Bild: Fatmire Bajramaj (links) und die Niederländerin Manon Melis.
BERLIN taz | Es war einmal eine deutsche Fußballmannschaft, in der trotz
dieses offiziellen Namens nur Frauen mitspielen durften. Die Frauen dieses
Landes lebten lange "in Zeiten des Schattendaseins" - so jedenfalls sprach
ihr König, der sich Bundespräsident nannte, der gute Wulff.
Jetzt aber waren sie sehr starke Frauen, flink die Beine, kräftig ihre
Waden und manchmal gar fürchterlich ihre Dynamik. Die meisten Gegnerinnen
waren langsamer und hatten kaum Zähne oder Waffen.
Dennoch stellten sie sich brav als Sparringspartnerinnen in den Weg. Denn
ein großes Märchen sollte geschrieben werden. Da braucht es SchurkenInnen,
die glorreich besiegt werden wollen. So auch am Dienstagabend in Aachen, wo
sich tapfere Niederländerinnen saftig geschlagen geben mussten, sodass ein
heftig Jubeln anhob unter den Menschen. Die deutschen Frauen hatten sich,
so ihre Trainerin Neid nachher, "ins Spiel reingebissen" - und mal eben
locker 5:0 gewonnen. 5:0 gegen den Nachbarn, so wie sie im Spiel zuvor die
armen Italienerinnen schlimm verhauen hatten.
Sommermärchen. Das soll es werden, bei der Frauen-WM 2011, ab 26. Juni.
Davon reden alle. Wie 2006, als die deutschen Männer und fröhliches Fanvolk
im Lande für ganz große Stimmung sorgten. "Ein zweites Sommermärchen" will
DFB-Präsident Zwanziger erleben, "ein wunderschönes Sommermärchen" soll
sogar kommen, das die laute Stadionsprecherin in Aachen sich so sehr
wünschte.
Der Tivoli, mit 11.000 Zuschauern indes wenig märchenhaft gefüllt, sah des
Vorhypes vorletzten Akt (es folgt noch ein Testspiel in Mainz). Die
Werbetrommel ist gerührt, zumindest bei den deutschen WM-Spielen werden
auch die ganz großen Stadien vollgepackt sein. In Aachens zu einem Drittel
gefüllter Arena herrschte "Superbombenstimmung" (Neid). Das Publikum war,
wie überall, unfassbar wohlwollend und geradezu peinlich höflich. Fehlpässe
bekommen nur weniger Applaus als gelungene Aktionen. Pfiffe: undenkbar.
Doch nicht gegen Frauen. So subtil diskriminierend ist unsere Gesellschaft
heute.
Bislang waren Märchen immer Legenden, fantasievoll erfundene Geschichten
und Parabeln, oder sie geschehen einfach wie 2006. Die Frauen-WM 2011 ist
das erste strategisch und langfristig geplante Märchen der Weltgeschichte.
Und mit dem Plan tun die Frauen indirekt etwas, was sie gar nicht leiden
können: Sie eifern den Männern nach und vergleichen sich mit ihnen.
Vergleiche sind sonst streng igitt: Sowohl metaphorisch nach der Art
"Birgit Prinz ist der Prinz Poldi des Frauenfußballs". Und erst recht
leistungsmäßig. Höchstens darf man anmerken, dass es bei
Frauenländerspielen im Vergleich zu den Männern noch richtige Stehplätze
geben darf.
Die deutsche Defensive scheint unerschütterlich stark, gut organisiert,
schnell, giftig, von hohem Antizipationsvermögen. Spielerisch war die
zweite deutlich die bessere Hälfte, als die schöne Prinzessin Fatmire
Bajramaj, wie im Champions-League-Finale ver- und überspielt, Platz gemacht
hatte. Da lief der Ball manchmal richtig schön flüssig. Das hatte mit
Frauenfußball gar nichts mehr zu tun. Jedenfalls nicht mit dem, den man
meint zu kennen.
Die kantige Kim Kulig im deutschen Mittelfeld, stärkste ihres Teams und
Torschützin zum 4:0, freute sich erfrischend selbstbewusst: "Wir sind ne
ganz, ganz starke Mannschaft." Selbst der niederländische Coach erklärte
sich zufrieden - nur fünf Gegentore "gegen so eine Weltklassemannschaft".
Für die vielen sehr jungen der märchenfreudigen Zuschauer wechselten die
Holländer noch eine Spielerin ein mit Vornamen Kika.
Lange noch plauderten sie, froh und vergnügt. Und wenn sich die deutschen
Märchenfeen nicht selbst ein paar Beine stellen, dann werden sie sich am
17. Juli wieder Weltmeisterinnen nennen dürfen - in ihrem märchenhaften
Mutterland, schwesterlich mit Herz und Hand.
7 Jun 2011
## TAGS
WM 2011 – Mixed Zone
WM 2011 – Mixed Zone
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ein Besuch im Kika-Casino Erfurt: Der nette Gast von Automat 16
Heute halten Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Plädoyers. Ein Besuch
im Casino Erfurt, wo der Angeklagte jahrelang GEZ-Gebühren in Millionenhöhe
verzockt hat.
Frauen-WM 2011 und die Bundesliga: Liefern und kuschen
Bislang gibt das Nationalteam den Takt an im deutschen Frauenfußball. Die
Bundesliga hofft auf einen Aufschwung durch die WM, aber es wird auch leise
gemurrt.
Gewalt im Frauenfußball: „Kein männliches Privileg“
Gunter A. Pilz gilt als Deutschlands renommiertester Fan-Forscher. Ein
Gespräch über weibliche Hooligans, lange Fingernägel und enthemmte Gewalt
außerhalb der Fußballstadien.
Homophobie im Fußball: Wie Angst und Seife schwinden
Zwei Forscherinnen zeigen, wie es um die Homophobie im Fußball bestellt
ist. Sie schlagen vor, Blutgrätschen bei den Frauen zu erlauben.
Der Kader für die Frauenfußball-WM: Fünf aus 21
Den Kader für die Frauen-Fußball-WM 2011 steht fest. Eine der Spielerinnen
hatte sogar mal ein Angebot in der Serie A – bei den Männern. Fünf
Portraits und ein Überblick.
Nominierung Frauen-Fußball-WM 2011: Und raus bist du!
Nach dem 2:0-Sieg über Nordkorea muss Bundestrainerin Silvia Neid noch fünf
Absagen aussprechen. Ihr Kader ist zu groß und es gibt zu viele gute
Stürmerinnen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.