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# taz.de -- Griechenland-Rettung: Keine Einigung in Brüssel
> Deutschland dringt in der Griechenland-Krise auf einen Beitrag privater
> Gläubiger. Doch das geht vielen in der EU zu weit. So gibt es wieder kein
> Ergebnis vom Treffen der Euro-Finanzminister.
Bild: Lächeln trotz Uneinigkeit: Wolfgang Schäuble, Christine Lagarde, Olli R…
BRÜSSEL rtr/dpa | Im Streit über ein neues Hilfspaket für Griechenland
können sich die Euro-Staaten bislang nicht auf einen Weg zur Beteiligung
privater Gläubiger einigen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte
nach einem Sondertreffen mit seinen EU-Kollegen am Dienstagabend in
Brüssel, es habe noch kein Ergebnis gegeben. Deutschlands Vorschlag dazu
geht der Europäischen Zentralbank, der EU-Kommission und manchen
Euro-Ländern zu weit. Ihnen kommt es darauf an, dass die Gläubiger nicht
zum Festhalten an ihren Anlagen gezwungen werden dürfen.
Der luxemburgische Ressortchef Luc Frieden sagte nach stundenlangen
Beratungen, er rechne mit einer Vereinbarung in den kommenden zwei Wochen.
"Wir kommen voran." Hauptstreitpunkt unter den obersten Kassenhütern ist
die Beteiligung von privaten Gläubigern wie Banken an der neuen Rettung des
Mittelmeerlandes. Frieden sagte: "Angestrebt wird eine begrenzte
Beteiligung der privaten Gläubiger, die aber keine Ansteckung (anderer
Länder) nach sich zieht." Doch seien hier nur technische Einzelheiten zu
klären, sodass zumindest in den kommenden beiden Wochen eine Einigung über
ein neues Griechenland-Paket bis Monatsende möglich sei.
Die Eurogruppe soll sich am Sonntagabend in Luxemburg erneut treffen, sagte
Frieden. Entscheidend für einen Fortschritt in der Diskussion werde das
Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy am
Freitag in Berlin sein, ergänzte ein EU-Diplomat.
Die Europäer stehen unter einem enormen Druck. Sie müssen sich in den
nächsten Wochen auf ein neues Hilfspaket einigen - dies ist Vorbedingung
für die Auszahlung einer von Athen dringend benötigten Tranche von 12
Milliarden Euro aus dem bereits laufenden Hilfsprogramm. Die Schritte
Europas werden vom Kreml und vom Weißen Haus in jedem Detail beobachtet -
denn die großen Partner USA und Russland fürchten um die Stabilität der
Weltwirtschaft und der Finanzmärkte.
## "Risiken wesentlich größer als die Chancen"
Schäuble pochte bei dem Sondertreffen erneut auf eine deutliche Beteiligung
der Finanzwirtschaft. Umstritten ist vor allem, wie freiwillig ein
Festhalten der privaten Anleger - also Banken, Versicherungen und
Pensionsfonds - an ihrem Engagement in Griechenland sein soll. Bei einer
erzwungenen Lösung seien "die Risiken wesentlich größer als die Chancen",
warnte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann in einem Beitrag für die
Süddeutsche Zeitung.
EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte dem Blatt, Deutschlands Forderung
werde nicht von allen EU-Staaten geteilt. Die Kommission sei bereit, ein
Modell zu prüfen, das auf einer freiwilligen Verlängerung der Laufzeiten
griechischer Staatsanleihen beruhe - aber unter keinen Umständen zu einem
Kreditausfall führe. Der Plan lehnt sich an das "Wiener Modell" an, bei dem
westeuropäische Banken 2009 freiwillig vereinbart hatten, trotz Finanzkrise
ihr Engagement in Osteuropa aufrecht zu erhalten.
Schäuble geht diese freiwillige Selbstverpflichtung nicht weit genug. Die
Investoren sollen dazu gebracht werden, griechische Staatsanleihen noch vor
ihrer Fälligkeit gegen neue Bonds mit sieben Jahren Laufzeit zu tauschen.
Deutschland wird dabei von Finnland und den Niederlanden unterstützt. In
allen drei Ländern ist es zunehmend schwierig, die Parlamente mehrheitlich
hinter ein neues Kreditpaket für Griechenland zu bringen.
## Privatsektor könnte 30 Milliarden Euro beisteurn
Zur Deckung von Griechenlands Finanzbedarf, der in Euro-Zonen-Kreisen auf
120 Milliarden Euro beziffert wird, könnte der Privatsektor nach den
internen Kalkulationen rund 30 Milliarden Euro beisteuern. Doch wenn die
Anreize auf Zwang hinauslaufen, könnte der Bond-Tausch als
Zahlungsunfähigkeit Griechenlands gewertet werden. Dann würden
Kreditausfallversicherungen fällig, und Experten befürchten neue
Verwerfungen am Finanzmarkt.
Der künftige EZB-Präsident, Italiens Notenbankgouverneur Mario Draghi,
sagte, alle Konzepte die nicht auf eine freiwillige Mitwirkung der
Privatwirtschaft setzten, müssten wegen ihrer gefährlichen Nebenwirkungen
vom Tisch. Er erläuterte bei einer Anhörung vor Wirtschafts- und
Währungsausschuss des EU-Parlaments in Brüssel, von den derzeit
diskutierten Möglichkeiten scheine ihm das Vorbild der sogenannten Wiener
Initiative am erfolgversprechendsten.
Weidmann warnte, die als notleidend eingestuften Anleihen könnten dann
nicht mehr von der Zentralbank als Sicherheit gewertet werden, wodurch die
Lage der griechischen Banken sich verschlechtere. Zudem würde die
Zentralbank mit ihrem eigenen Anleihebestand nicht mitziehen. "Die Politik
kann nicht davon ausgehen, dass die Notenbanken des Eurosystems auch für
die Anleihen in ihrem Bestand einer Laufzeitverlängerung zustimmen."
15 Jun 2011
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