Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Linkspartei vor der Abgeordnetenhauswahl: Kann die Linke schon einp…
> Für die Linkspartei sieht es denkbar schlecht aus. Fällt ihr Ergebnis am
> 18. September aus, wie es aktuelle Umfragen vorhersagen, wandert sie in
> die Opposition. Ein vorgezogener Wahlkampf soll es jetzt richten.
Bild: Mit Inhalten will die Linkspartei punkten - in ihrem Wahlkampfslogan domi…
Vielleicht sollte die Linkspartei es öfter mal mit Musik versuchen. Als am
Donnerstagabend bei der Eröffnung des Wahlkampfquartiers ein Jazzquartett
vor dem Karl-Liebknecht-Haus aufspielt, bleiben sofort Passanten stehen.
Eine Menschentraube bildet sich, Kinder tanzen, die Sonne scheint, das
Publikum applaudiert, und als Parteichef Klaus Lederer versichert, gute
Laune zu haben, klingt das nicht nach Wahlkampf.
Derzeit sind Gute-Laune-Anlässe für die Linkspartei eher spärlich. Drei
Monate vor der Abgeordnetenhauswahl und fast zehn Jahre nach dem Start der
ersten rot-roten Regierung ist die Linkspartei einer der Verlierer in den
Umfragen. Dabei sind die zehn bis zwölf Prozent, auf die sie kommt, gar
nicht mal ein gigantischer Einbruch. Dass die Wähler vor lauter
Unzufriedenheit die Linke keinesfalls weiter an der Regierung sehen wollen,
diese Schlussfolgerung wäre wohl übertrieben. Es ist einfach nur so, dass
ein Wahlergebnis, das ausfiele wie die derzeitigen Umfragen, gerade nicht
für eine Fortsetzung der rot-roten Koalition reichen würde. Und für die
Linkspartei hieße das schlicht: Opposition.
"Das sind Dinge, von denen wir uns nicht Bange machen lassen", sagt
Lederer. Trotzdem gab es offenbar Handlungsbedarf: Mit der Eröffnung will
die Partei den Wahlkampf vorziehen. Zwei Monate Vorsprung vor den anderen
Parteien, um zum Beispiel auf der Straße für sich zu werben.
"Wir wollen ein besseres Ergebnis als bei der letzten Wahl", sagt
Wirtschaftssenator und Spitzenkandidat Harald Wolf. Wolf ist kein
Spitzenkandidat, der tatsächlich an die Spitzenposition soll, so wie die
Spitzenkandidaten der SPD oder der Grünen. Wolf ist einer von den
Spitzenkandidaten, die die Partei kürt, weil es eben für Parteien bei
Wahlen dazuzugehören scheint, einen Spitzenkandidaten zu haben. Sogar für
die FDP, die derzeit andere Sorgen haben sollte.
Die Linkspartei weiß, dass sie beim Duell zwischen dem Regierenden
Bürgermeister Klaus Wowereit von der SPD und seiner Herausforderin Renate
Künast von den Grünen nicht mithalten kann. Vor allem, weil die Wähler, die
Künast nicht wollen, lieber auf die SPD zu setzen scheinen als auf die
Linkspartei. Darauf deuten die sinkenden Zustimmungswerte in den östlichen
Bezirken hin. Man wolle im Wahlkampf auf Inhalte setzen und nicht auf
Personen, heißt es daher stets. Doch auch da sieht nicht alles rosig aus.
"Unsere Themen stehen derzeit nicht oben auf der Agenda", sagt Felix
Lederle, Direktkandidat im Reinickendorfer Wahlkreis 1. Bei den Wählern sei
derzeit eben Fukushima stärker präsent als soziale Gerechtigkeit.
Das Mietenthema scheint es zu sein, mit dem die Partei noch punkten will.
Einfach wird das nicht: Denn auch, wenn man in der ganzen Stadt über
Mietsteigerungen diskutiert - richtig profitieren kann die Linkspartei
davon nicht. Vielleicht, weil man es immer schon gewusst hat, aber stets an
der SPD abblitzte. Und nun, wo die Probleme mit der Veröffentlichung des
neuen Mietspiegels offensichtlich sind, auch nichts Neues mehr beitragen
kann.
"Wir sind manchmal zu bescheiden", sagt Lederle. Ähnlich formuliert es
Wolf: "Wir müssen mit unseren Themen stärker durchdringen." Kann es also
ein längerer Wahlkampf richten? Weil alles nur ein Kommunikationsproblem
ist?
Zumindest zu großen Teilen ist es das, analysiert Oskar Niedermayer,
Professor am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität. "Die Linkspartei
ist nicht wirklich in der Lage, ihren Wählern zu kommunizieren, was sie in
der vergangenen Legislaturperiode erreicht hat." Dabei sei die Linke in
einigen Punkten die treibende Kraft gewesen, zum Beispiel beim öffentlich
geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS). Diese Unterschiede zur SPD zu
betonen, das müsse die Linkspartei im Wahlkampf schaffen. "Vielleicht hätte
man Konflikte in der Koalition deutlicher machen müssen", überlegt Lederle.
Aber das widerspreche dem Ziel einer guten Zusammenarbeit.
Doch genau das scheint die Strategie der Linkspartei bis zur Wahl zu sein:
Abgrenzung. "Wir dürfen keinen Bussi-Bussi-Wahlkampf machen mit der SPD",
sagt Sebastian Schlüsselburg, Direktkandidat im Lichtenberger Wahlkreis 4.
Profil zeigen, Tacheles reden, an die eigenen Wähler denken. Zu sehen war
das beispielsweise bei der Debatte über die Speicherung von Aufnahmen aus
der Videoüberwachung auf U-Bahnhöfen. Hier argumentierte die Linkspartei
offensiv gegen die SPD, die eine längere Speicherung will. Auch bei der
Debatte um steigende Mieten gingen Linkspartei-Politiker in die Offensive -
und stellten sich gegen SPD-Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg
Junge-Reyer, die in Mietsteigerungen noch immer kein Problem erkennen will.
Oder beim Horte-Volksbegehren, das die Partei jetzt sogar beim
Unterschriftensammeln unterstützt, weil eine Einigung der Initiative mit
der Koalition gescheitert ist.
Nein, es gebe keine Konfliktstrategie, widerspricht Lederer. "Ich glaube
eher, dass die SPD gerade stärker auf Blockade setzt." Wer immer angefangen
hat - wenn in der Außenwirkung der Konflikt dominiert, muss das für die
Linkspartei nicht positiv sein, sagt Niedermeyer. Denn dabei gingen die
positiven Botschaften verloren. Übrig bleibe der Konflikt, negative
Stimmung, das ziehe keine Wähler. Niedermayers Prognose ist hart: Die
Linkspartei, sagt er, habe keine wirklich realistische Machtperspektive.
"Konzentriert angespannt" sei die Stimmung, sagt Direktkandidat Lederle.
"Wir kämpfen um jede Stimme", sagt Parteichef Lederer. Das ist aus Partei
und Fraktion immer wieder zu hören. Doch das sagen auch Leute, deren
Ausgangspositionen deutlich komfortabler sind: Klaus Wowereit und Renate
Künast.
17 Jun 2011
## AUTOREN
Svenja Bergt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Berlin-Wahlkampf: Wirtschaft und Bildung ist eh klar
Erstmals kamen die Spitzenkandidaten von SPD, Grüne, Linke, CDU und FDP bei
einer Podiumsdiskussion zusammen. Das Ambiente: luxuriös, die Inhalte:
gering.
Die CDU vor der Abgeordnetenhauswahl: Junior wartet auf Partner
Die CDU ist trotz schwacher Umfragewerte gelassen. Die Partei hat,
unabhängig von ein paar Prozenten mehr oder weniger, gute Chancen -
mindestens auf Koalitionsgespräche
Wahlkampfankündigung: Künast plant langfristigen Aufenthalt
Grünen-Kandidatin kündigt an, nach Wahlsieg in der Landespolitik zu
bleiben. Umfrage: SPD liegt vorn.
Grüne vor der Abgeordnetenhauswahl: Die Vision der Renate Künast
Die grüne Spitzenkandidatin wirbt für einen neuen Politikstil: Lösungssuche
mit Betroffenen vor Ort. Kann sie dieses Versprechen einlösen?
10 Jahre Wowereit: Countdown für das Alphatier
Klaus Wowereit ist seit zehn Jahren Regierender Bürgermeister. Bei der
Abgeordnetenhauswahl am 18. September geht es für ihn um alles oder nichts.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.