# taz.de -- Berlin-Wahlkampf: Wirtschaft und Bildung ist eh klar | |
> Erstmals kamen die Spitzenkandidaten von SPD, Grüne, Linke, CDU und FDP | |
> bei einer Podiumsdiskussion zusammen. Das Ambiente: luxuriös, die | |
> Inhalte: gering. | |
Bild: Berliner Spitze? Wowereit (SPD), Henkel (CDU), Künast (Grüne), Meyer (F… | |
Wenn man schon die Spitzenkandidaten der fünf im Abgeordnetenhaus | |
vertretenen Parteien auf einer Bühne versammelt, dann doch bitte mit Stil! | |
Das scheint man sich beim Landesfrauenrat Berlin (LFR) und der Organisation | |
"Meet me in Mitte" gedacht zu haben, als man für Montagabend zum "Wahlforum | |
2011" in das Hotel Ritz Carlton am Potsdamer Platz lud. | |
Die Marmortreppe hoch und am Klavierspieler vorbei geht es zum Ballsaal. | |
Obwohl der Dachverband LFR 45 Frauenverbände mit insgesamt 200.000 | |
Mitgliedern vertritt, wirken die rund 300 Damen im Publikum recht | |
einheitlich. Fast alle sind jenseits der 40 und tragen Kostüme, die gut in | |
das Ambiente des Ballsaals mit seinen überdimensionalen Kronleuchtern | |
passen. | |
Auf dem Weg zur Bühne schütteln die Spitzenkandidaten noch die eine oder | |
andere Journalistenhand. Klaus Wowereit (SPD) geht standesgemäß voran. Er | |
will Regierender Bürgermeister bleiben, was knapp werden könnte. Hinter ihm | |
läuft Frank Henkel (CDU) ein, der sich begründete Hoffnungen auf eine | |
Regierungsbeteiligung als Juniorpartner machen kann. Wowereits Rivalin | |
Renate Künast (Grüne) und sein Noch-Partner von der Linken, | |
Wirtschaftssenator Harald Wolf, folgen. Dabei ist auch einer, der künftig | |
wohl nicht auf solche Podien geladen wird, mangels Mitgliedschaft im | |
Abgeordnetenhaus: Christoph Meyer, dessen FDP bei derzeit drei Prozent | |
vegetiert. | |
"Das hier ist ein wichtiges Forum. Immerhin bestehen 52 Prozent des | |
Berliner Wahlkörpers aus Frauen", leitet Moderatorin Georgia Tornow die | |
Diskussion ein. Als sie immer wieder umständlich von "Politikern und der | |
Politikerin" spricht, erntet Künast die ersten Lacher: "Sagen Sie doch | |
einfach Politikerinnen!" Danach will Tornow von den Kandidaten die drei | |
wichtigsten Punkte ihres Wahlprogrammes erfahren. Alle setzen Wirtschaft | |
und Bildung an die ersten beiden Plätze. | |
Nur darüber, was an dritter Stelle zu kommen hat, ist man uneins. "Die | |
soziale Mischung muss aufrechterhalten werden, damit die Stadt so spannend | |
bleibt", sagt Wolf, der gegen Mietpreiserhöhungen vorgehen will. "Kein | |
anderes Land hat so viele Verbote wie Berlin", sagt der Liberale Meyer, dem | |
es so wichtig ist, der Wirtschaft größeren Freiraum zu geben, dass er aus | |
Zeitgründen gar nicht mehr dazu kommt, einen dritten Punkt zu benennen. | |
"Wir müssen in Gebäudesanierung investieren", sagt Künast, die in ihrem | |
dritten Punkt "Klima" eine Möglichkeit zur sozialen Absicherung sieht. "Wir | |
sehen uns mit einer unfassbaren Serie von Brandanschlägen konfrontiert", | |
legt Henkel den Schwerpunkt auf die innere Sicherheit. "Ich will, dass | |
Berlin sich seine Offenheit und Liberalität bewahrt", sagt Wowereit, der | |
betont locker auf seinem goldenen Stuhl sitzt. | |
Auch bei der anschließenden Fragerunde werden die Aussagen der Politiker | |
nur selten konkret und nach drei Stunden Diskussion ist die inhaltliche | |
Ausrichtung der Wahlprogramme nicht klarer als zuvor. | |
21 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Fischer | |
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