# taz.de -- Freiwillige Schulden für Athen: Ein bisschen Rettung | |
> Bundesfinanzminister Schäuble folgt dem französischen Modell. Die | |
> deutschen Banken sollen sich am Rettungsschirm für Griechenland | |
> beteiligen. Das Risiko trägt der Steuerzahler. | |
Bild: Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister, freut sich über seine prima Id… | |
BERLIN taz | Erst war es dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy | |
gelungen, die Banken seines Landes zu einem Kompromiss über griechische | |
Schulden zu überreden. Jetzt sieht es so aus, als könnten die deutschen | |
Banken mitziehen. Am Mittwoch will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble | |
darüber mit Bankenvertretern verhandeln. Am Sonntag könnte dann auf dem | |
nächsten Treffen der Euro-Finanzminister, auf dem über die | |
Kostenbeteiligung des Privatsektors entschieden werden soll, eine | |
entsprechende gesamteuropäische Lösung vorgelegt werden. Auf dem Treffen | |
sollen auch die Eckpunkte des zweiten Hilfspakets für Griechenland | |
beschlossen werden. | |
Das französische Modell sieht vor, dass die Banken 50 Prozent der | |
auslaufenden griechischen Anleihen gleich wieder in neue Anleihen | |
umwandeln, und zwar diesmal mit einer Laufzeit von 30 Jahren. Weil die | |
Banken für derart lang laufende Kredite zusätzliche Sicherheiten wollen, | |
sollen weitere 20 Prozent der zurückgezahlten Schulden in speziell zur | |
Risikoabsicherung eingerichtete Fonds fließen. Die könnten an den | |
Euro-Rettungsschirm EFSF angedockt werden, der damit wahrscheinlich im | |
Notfall für die Sicherheit der neuen Anleihen einstehen würde. Immerhin | |
würden bis 2014 auf diese Weise bis zu 30 Milliarden Euro neuer Kredite für | |
Griechenland von den Banken und Versicherungen kommen, ein Zehntel davon | |
von deutschen Finanzinstituten. | |
Der Vorteil für die griechische Regierung wäre, dass dadurch wenigstens ein | |
Teil ihres Finanzierungsbedarfs gedeckt würde - auch wenn noch unklar ist, | |
wer für den Rest aufkommt. Der Vorteil für die Banken: Sie bekommen die | |
alten Schrottanleihen voll zurückgezahlt und erhalten dafür neue, sichere | |
Papiere mit sehr ordentlichen Zinsen zwischen 5,5 und 8 Prozent im Jahr, | |
abhängig vom griechischen Wirtschaftswachstum. Ob die deutschen Banken sich | |
allerdings auf eine Laufzeit von gleich 30 Jahren einlassen, war gestern | |
noch offen. | |
## Unabsehbare Konsequenzen für die Finanzmärkt | |
Die Bundesregierung war zuvor mit ihrem Plan gescheitert, die Banken zu | |
einer Laufzeitverlängerung zu bewegen, ohne ihnen dafür staatliche | |
Garantien zu bieten. Eine als erzwungen empfundene Umschuldung würde von | |
den Ratingagenturen als Zahlungsunfähigkeit des Landes gewertet, hieß es | |
zur Begründung - mit unabsehbaren Konsequenzen für die Finanzmärkte und die | |
anderen europäischen Krisenstaaten wie Spanien und Portugal. Die | |
französische Variante hingegen, die auf absoluter Freiwilligkeit beruht, | |
dürfte wegen der vorgesehenen Absicherung der neuen Anleihen Gnade in den | |
Augen der Ratingagenturen finden. | |
Der Preis, den die Regierungen für diesen Kompromiss zahlen müssen: Die | |
Banken entledigen sich jeglicher Risiken. Sollte Griechenland | |
zahlungsunfähig werden, haften nicht sie, sondern nach wie vor die | |
Steuerzahler. Aber auch für Griechenland wird der Plan teuer. Nicht nur, | |
dass das Land einen brutalen Sparkurs fahren muss. Für die neuen Anleihen | |
muss es überdies deutlich höhere Zinsen zahlen als bislang. | |
29 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Portugals Kreditwürdigkeit herabgesetzt: Nur noch Ramschstatus | |
Die Ratingagentur Moody's stuft Portugals Bonität um vier Stufen herunter. | |
Es bestehe ein hohes Risiko, dass Portugal seine Schulden nicht bezahlen | |
könne, vermutet die Agentur. | |
Krise des Euro: Merkel stuft Ratingagenturen runter | |
Die Kanzlerin geht nach dem Votum "Zahlungsausfall" für Griechenland auf | |
die Ratingagentur Standard & Poors los. Ignorieren kann sie die Warnung | |
nicht. | |
Kommentar Ratingagenturen: Die Lösung heißt Eurobond | |
Europa schimpft über die Macht der US-Ratingagenturen - zu Unrecht. | |
Stattdessen müsste man ihnen dankbar sein, dass sie die Daumenschrauben | |
anziehen. | |
Krise in Griechenland: Banken lassen sich doch bitten | |
Lange zog sich der Streit um eine Beteiligung von Banken und Versicherungen | |
am zweiten Hilfspaket für Griechenland hin. Nun ist klar: Deutsche Banken | |
geben 3,2 Milliarden Euro. | |
Griechisches Sparpaket gebilligt: Randale in Athen | |
Mehrere hundert Verletzte in Athen. Während vor dem Parlament Straßenkämpfe | |
tobten, wurden drinnen die Gesetze zur Umsetzung des Sparpakets | |
durchgewunken. | |
Krawalle in Griechenland nach Sparbeschluss: Beißende Luft in Athen | |
Bilanz nach der Verabschiedung des Sparpakets in Griechenland: 150 | |
Verletzte, zetrümmerte Schaufenster, kaputte Bankautomanten und beißende | |
Luft in Athen durch das eingesetzte Tränengas. | |
Griechenland stimmt für Sparpaket: "Wahl zwischen Messer und Pistole" | |
Im griechischen Parlament verabschieden die Abgeordneten den Beschluss, 78 | |
Milliarden Euro einzusparen. Dem Volk gefällt das nicht. Es tobt draußen. | |
Kommentar Banken und Griechenland: Kein Risiko und satte Zinsen | |
Um den Ratingagenturen nur ja alles recht zu machen, schlucken die | |
Eurostaaten jede Kröte. So sollen sich die Banken ohne Ausfallrisiko an den | |
Kosten beteiligen. | |
Griechische Kommunalpolitik: Dimitris beschwert sich nicht | |
Das griechische Parlament ringt um ein neues Sparpaket - die Folgen werden | |
auch vermögende Gemeinden hart treffen. Ein Besuch im idyllischen | |
Oraiokastro. | |
Abstimmung über griechische Sparpläne: Ausschreitungen vor dem Parlament | |
Wenige Stunden bevor die griechischen Abgeordneten über die rigorosen | |
Sparpläne abstimmen, kommt es bei den Protesten immer wieder zu | |
Ausschreitungen. | |
Streik in Griechenland gegen Sparprogramm: Nur die U-Bahn fährt - zur Demo | |
Inlandsflüge gestrichen, Fähren behindert, Nahverkehr in Athen lahmgelegt: | |
Wegen der geplanten Sparmaßnahmen der Regierung kommt das öffentliche Leben | |
in Griechenland zum Erliegen. |