# taz.de -- Griechisches Sparpaket gebilligt: Randale in Athen | |
> Mehrere hundert Verletzte in Athen. Während vor dem Parlament | |
> Straßenkämpfe tobten, wurden drinnen die Gesetze zur Umsetzung des | |
> Sparpakets durchgewunken. | |
Bild: Athen: Das Parlament hat der Umsetzung des Sparpaketes zugestimmt. Die ge… | |
ATHEN taz | Nach der grundsätzlichen Billigung des Sparpakets im | |
griechischen Parlament haben die Abgeordneten am Donnerstag in Athen auch | |
die Detailgesetze gebilligt, mit denen das Defizit im Haushalt reduziert | |
werden soll. | |
Auch am Tag danach wissen die meisten Griechen immer noch nicht genau, was | |
nach der Verabschiedung des neuen Sparpakets durch das Parlament am | |
Mittwoch auf sie zukommt. Aber sie haben schon eine böse Vorahnung: Jede | |
griechische Familie wird auf weitere zehn Prozent ihres bereits gekürzten | |
Jahreseinkommens wird verzichten müssen, schätzt die Athener Presse. | |
Der Grundfreibetrag wird auf 8.000 Euro im Jahr herabgesetzt, Renten werden | |
zusätzlich besteuert, die Verbrauchsteuer weiter erhöht. Freiberufler | |
müssen erstmals eine Kopfsteuer von mindestens 300 Euro entrichten, und | |
zwar rückwirkend zum 1. Januar 2011, selbst dann, wenn sie in diesem Jahr | |
kein Einkommen deklarieren. Weitere Sparmaßnahmen werden nicht | |
ausgeschlossen, warnt Finanzminister Evangelos Venizelos. | |
Bei der Verabschiedung des sogenannten Vollzugsgesetzes, das den | |
drakonischen Sparkurs zu konkretisieren beginnt, erklärte sich der | |
konservative Oppositionsführer Antonis Samaras erstmals bereit, im | |
Parlament für einzelne Maßnahmen des Sparpakets zu stimmen. Samaras | |
versteht dies als eine Geste des guten Willens gegenüber der | |
sozialistischen Regierung und vor allem gegenüber Brüssel - ansonsten | |
bleibt er bei der Ablehnung des Sparpakets. | |
## Atempause für Papandreou - mehr nicht | |
Nach der Annahme des Sparpakets bekommt die Regierung Papandreou eine | |
Atempause, bestenfalls bis zum Herbst. Viel länger kann auch Papandreou den | |
Laden nicht zusammenhalten. Kein Mensch in Griechenland glaubt im Ernst, | |
dass die Privatisierungen im Eiltempo politisch durchsetzbar sind. Alle | |
zehn Tage einen Staatsbetrieb zum Spottpreis verkaufen - das gilt als | |
praktisch undurchführbar. | |
Während am Mittwoch die Volksvertreter debattierten, tobte direkt vor dem | |
Parlament auf dem Athener Verfassungsplatz der Aufstand. Mehr als 500 | |
Menschen wurden verletzt, darunter mindestens 30 Polizisten. Die zentrale | |
U-Bahn-Station am Verfassungsplatz, einst ein Schmuckstück urbaner | |
Architektur, ist verwüstet. Erstmals seit dem griechischen Bürgerkrieg in | |
den vierziger Jahren musste ein Luxushotel unweit des Parlaments aus | |
Sicherheitsgründen vorübergehend evakuiert werden. | |
Eine gute Nachricht gab es dann doch für die Griechen am Mittwochabend: | |
Nach einer dramatischen Sitzung beendeten die Gewerkschafter der | |
staatlichen Elektrizitätswerke DEI vorerst ihre Streikaktionen, die seit | |
einer Woche zu Stromengpässen und -ausfällen im ganzen Land führten. | |
30 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
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