# taz.de -- Mexikos Nationalheldin: Marigol, die Furchtlose | |
> Vor dem Spiel gegen Japan baut El Tri auf die Ausnahmekönnerin und | |
> nationale Ikone Maribel Dominguez. Sie hat sich früher als Junge | |
> verkleidet, um Fußball spielen zu können. | |
Bild: Mexikos Hoffnung: Maribel Dominguez | |
BERLIN taz | Maribel Dominguez kennt keine Furcht. Maribel Dominguez legt | |
sich sogar mit dem Boss aller Fußballspieler an, mit Fifa-Chef Joseph | |
Blatter. 2004 wollte der Männer-Zweitligist Atlético Celaya das | |
mexikanische Ausnahmetalent unter Vertrag nehmen. Die zierliche Stürmerin | |
trainierte bereits mit den Männern, verordnete sich ein hartes | |
Spezialtraining, um an Muskelmasse dazuzugewinnen. | |
Doch dann schritt Blatter ein und verlangte „eine klare Trennung zwischen | |
Männer- und Frauenfußball“. Heute sagt die Stürmerin: „Ich wollte keinen | |
Skandal, ich sah nur die Chance, mit Männern zu spielen und dabei zu | |
lernen.“ Um zu lernen, ging Maribel daraufhin zum FC Barcelona, wenn auch | |
in deren Frauenteam. Noch heute spielt die inzwischen 33-Jährige in der | |
spanischen Liga bei LEstartit de Girona. | |
Diese Furchtlosigkeit und den Spielwillen muss sie auch beim heutigen | |
Turnier gegen Japan zeigen. Beim ersten Gruppenspiel am Montag gegen | |
England hatte Maribel zwar nur wenige Chancen, ihre Klasse zu zeigen und | |
ihren bisher 68 Länderspieltoren eines hinzuzufügen. In der Schlussphase | |
musste sie sogar wegen eines Muskelkrampfs ausgewechselt werden. | |
Dies soll beim heutigen Spiel gegen Japan anders werden. Denn Mexiko hat | |
mit Japan noch eine Rechnung offen. In den Play-offs zur WM 2007 zog man | |
mit 0:2 und 2:1 den Kürzeren. Nach dem unerwarteten Punktgewinn gegen die | |
favorisierten Engländerinnen geht El Tri, wie Mexikos Mannschaft genannt | |
wird, mit gestärktem Selbstbewusstsein in die Partie. Dass die Kapitänin | |
einsatzbereit ist, hat Mexikos Trainer Leonardo Cuellar bereits | |
zugesichert: „Die Auswechslung war eine reine Vorsichtsmaßnahme. Ich | |
brauche Maribel für das ganze Turnier. Sie wird gegen Japan spielen | |
können.“ | |
## Sie wird verglichen mit Marta | |
Maribels Geschichte klingt wie die feministische Variante des Fußballtraums | |
in Lateinamerika. Mit einem unbändigen Willen kickte sie sich aus einem | |
Dorf in die Stadt und von der Straße bis hinauf in die Nationalmannschaft. | |
Immer wieder kämpfte sie dabei gegen Widerstände: 1978 in Mexiko-Stadt | |
geboren, wuchs Dominguez mit acht Geschwistern in den Slums auf. Als | |
neunjähriges Mädchen spielte sie gegen den Willen ihrer Eltern mit Jungs | |
auf einem Bolzplatz und gab sich als „Mario“ aus. Nur als Junge durfte sie | |
mitspielen. | |
Ein Talentscout des regionalen Fußballverbandes entdeckte sie trotzdem und | |
holte sie aus den Slums. Heute muss sich Maribel Dominguez nicht mehr | |
verstellen. Allen mexikanischen Mädchen mit Leidenschaft für Fußball rät | |
sie heute: „Sie sollen das tun, zu dem sie sich berufen fühlen, und sie | |
sollen es hundertprozentig tun.“ | |
Während ihres Engagements in Spanien setzte sie zeitweise in der | |
Nationalmannschaft aus, die Doppelbelastung war ihr zu viel geworden. Zur | |
Weltmeisterschaft kehrte sie nun in die Elf zurück, die sie fast im | |
Alleingang zu dieser Endrunde geschossen hat. „Mit der Qualifikation, mit | |
sechs Toren in fünf Spielen, habe ich gezeigt, dass ich immer noch die alte | |
bin“, so Dominguez: „Spanien hat mir gutgetan.“ | |
Sie gilt als Ikone des mexikanischen Fußballs, gern wird sie mit Marta | |
verglichen. Die mexikanischen Medien haben sie „Marigol“ getauft. Gol wie | |
das Tor auf Spanisch. Doch Maribel wehrt sich dagegen, als etwas Besonderes | |
gesehen zu werden: „Ich bin kein Star, ich bin einfach Fußballerin“. Gerade | |
diese Bescheidenheit, gepaart mit Talent, macht sie zur wichtigsten | |
Integrations- und Führungsfigur der Mannschaft. | |
Nach dem Unentschieden gegen die Engländerinnen können sich die | |
Mexikanerinnen mehr vorstellen: „Natürlich träumen wir vom Viertelfinale, | |
Halbfinale und auch Finale und wollen mit harter Arbeit und Leidenschaft | |
dahin kommen. Ich denke schon, dass eine gute WM die Krönung meiner | |
Karriere und wohl auch eine schöne Erinnerung wäre“, sagt Dominguez. Wenn | |
„Marigol“ heute Nachmittag in Leverkusen furchtlos ihre Torschüsse | |
abfeuert, sollte sich vielleicht auch Joseph Blatter das mal ganz genau | |
ansehen. | |
1 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Judith Pape | |
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