# taz.de -- Entschädigungszahlung wegen Haftbedingung: Eine Woche nackt in der… | |
> Die Bundesrepublik muss einem Strafgefangenen wegen unmenschlicher | |
> Behandlung 10.000 Euro zahlen. So urteilte der Europäische Gerichtshof | |
> für Menschenrechte. | |
Bild: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden: Gefange… | |
FREIBURG taz | Deutschland muss einen ehemaligen Strafgefangenen mit 10.000 | |
Euro Schadensersatz entschädigen. Der Mann war eine Woche lang nackt in | |
einer Sicherheitszelle eingesperrt gewesen. Der Europäische Gerichtshof für | |
Menschenrechte in Straßburg sprach ihm jetzt eine Entschädigung dafür zu, | |
obwohl sich der Ex-Gefangene gar nicht darüber beschwert hatte. | |
Konkret ging es um einen Vorfall in der hessischen Vollzugsanstalt Butzbach | |
im Oktober 2000. Der damals 47-jährige Gefangene Herbert H. sollte aus | |
einer Einzelzelle in eine Gruppenzelle mit offener Toilette umziehen. H. | |
weigerte sich. Es kam zum Gerangel mit den Vollzugsbeamten. Am Ende wurde | |
der renitente Gefangene in eine völlig leere Sicherheitszelle gesperrt. | |
H. beschwerte sich später, er sei bei dem Gerangel getreten und geschlagen | |
worden. Die Beamten sagten dagegen, H. habe mit der Gewalt angefangen. | |
Entsprechende Klagen des Gefangenen wurden am Ende durch alle Instanzen | |
abgelehnt. Auch in Straßburg hatte H. in dieser Hinsicht keinen Erfolg. | |
Die Straßburger Richter thematisierten in ihrem Urteil aber einen anderen | |
Punkt, über den sich H. gar nicht beschwert hatte. Aus den Akten ergab sich | |
nämlich, dass H. wohl die ganze Zeit in der Zelle ohne Kleidung auskommen | |
musste. Als ihn nach drei Tagen der Gefängnispfarrer besuchte, war H. | |
jedenfalls unbekleidet. Die Bundesregierung teilte dem Gerichtshof mit, | |
dass die Unterbringung in solchen Zellen grundsätzlich ohne Kleidung | |
erfolge - wenn mit Selbstverletzungen zu rechnen sei. | |
Der Gerichtshof sah darin im Falle H.s eine unmenschliche Behandlung. Der | |
Entzug von Kleidung könne Gefühle der Angst und Minderwertigkeit auslösen. | |
Sollte bei H. wirklich eine ernsthafte Selbstmordgefahr bestanden haben - | |
was nicht sicher festgestellt war - hätte die Ausgabe reißfester Kleidung | |
genügt, so die Straßburger Richter. Sie bezogen sich dabei auf Empfehlungen | |
des Anti-Folter-Komitees des Europarats. Das Justizministerium will prüfen, | |
ob Änderungen der Rechtslage in Deutschland erforderlich sind. (Az.: | |
20999/05) | |
7 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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