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# taz.de -- Britischer Abhörskandal: Murdochs Reich bröckelt
> Nun gibt es erste personelle Konsequenzen im Abhörskandal. Rebekah
> Brooks, enge Vertraute von Rupert Murdoch, tritt zurück. Und auch das FBI
> will ermitteln.
Bild: Rebekah Brooks, Chefin von News International, gibt auf.
Medienunternehmer Rupert Murdoch muss an immer mehr Fronten um die Zukunft
seines globalen Konzerns News Corporation kämpfen. Nach der britischen
Polizei nimmt nun auch das amerikanische FBI wegen des Abhörskandals beim
Boulevardblatt News of the World die Ermittlungen auf. Gleichzeitig
betreibt der Medientycoon Schadensbegrenzung und hat nach heftigem
politischen Druck eine langjährige Vertraute vor die Tür gesetzt.
Rebekah Brooks, Chefin der britischen Zeitungssparte News International,
trete zurück, teilte der Konzern am Freitag mit. Damit geht die rechte Hand
von Murdoch und eine der umstrittensten Personen in der Affäre. In
Großbritannien steht Brooks im Zentrum der Kritik, da die 43-Jährige zur
Zeit der Abhöraktionen Chefredakteurin von News of the World war.
Politiker aller Parteien, darunter Premierminister David Cameron,
bezeichneten den Rücktritt als richtigen Schritt. Für die mitregierenden
Liberaldemokraten und die Labour-Opposition kam er "zu spät". Ihren Posten
übernimmt der bisherige Sky-Italia-Chef Tom Mockridge. Brooks sagte, sie
empfinde "ein tiefes Gefühl der Verantwortung für die Menschen, die wir
verletzt haben".
Gleichzeitig nimmt nach der britischen Polizei nun auch das amerikanische
FBI die Ermittlungen auf. Journalisten von Murdochs News Corporation werden
verdächtigt, nicht nur im Königreich Handy-Mailboxen abgehört haben,
sondern das Gleiche auch bei Opfern der Anschläge auf das World Trade
Center in den USA versucht zu haben, teilte das FBI mit. "Wir kennen die
Vorwürfe und schauen uns das an", sagte ein FBI-Sprecher.
## Politiker in den USA verlangen einen Untersuchungsausschuss
Murdochs in New York ansässiger News-Corporation-Konzern wollte sich nicht
zu der Untersuchung äußern. Die Nachricht belastete die Aktie des
Medienkonzerns, die am Freitag 2,5 Prozent verlor.
Unterdessen bereuen die früheren Eigentümer des Wall Street Journal, dass
sie im Jahr 2007 die mit 2,1 Millionen Exemplaren auflagenstärkste
Tageszeitung der USA an Rupert Murdoch verkauft haben. "Wenn ich das
gewusst hätte", sagt Christoph Bancroft, "dann wäre ich stärker gegen den
Verkauf an Murdoch angegangen." Bill Cox, ebenfalls ein früherer Miteigner
erklärt: "Wir haben einen Pakt mit dem Teufel gemacht."
Der Skandal um Murdochs News Corporation zieht auch in den USA immer
größere Kreise. Kongressabgeordnete - darunter sowohl DemokratInnen als
auch RepublikanerInnen - verlangen inzwischen einen Untersuchungsausschuss.
Vor Murdochs Wohnung an der 5th Avenue in New York wettern DemonstrantInnen
gegen den Fernsehsender Fox: "Lügen, Korruption und Machtmissbrauch".
Auch in Murdochs Heimatland Australien bahnen sich Konsequenzen an.
Premierministerin Julia Gillard sagt, sie sei "geschockt und angewidert"
von den Eingriffen in die Privatsphäre trauernder Familien in
Großbritannien. Und sie zeigt sich aufgeschlossen gegenüber einem Antrag
der australischen Grünen, die eine parlamentarische Untersuchung über das
Mediensystem ihres Landes fordern, in dem der Murdoch-Konzern News
Corporation eine wichtige Rolle spielt. Laut Grünen-Chef Bob Brown gibt es
in zahlreichen australischen Gegenden ausschließlich Zeitungen, die zum
Murdoch-Konzern gehören.
## Auch viele religiöse Verlage gehören zum Murdoch-Imperium
Neben dem Wall Street Journal, das 1889 gegründeten wurde und das in der
Branche als eines der fünf Qualitätsblätter des Landes gilt, hält Murdoch
in den USA ein weit verzweigtes Netz an Medienbeteiligungen. Dazu gehört
die New York Post, die zuletzt im Zusammenhang der Affäre um Dominique
Strauss-Kahn besonders schmutzigen Methoden der Boulevardpresse benutzt
hat. Ebenfalls zu dem Murdoch-Imperium in den Vereinigten Staaten gehört
Fox. Der Sender ist in vielen Regionen des Landes die
Hauptinformationsquelle. Er betreibt in aggressiven Talkshows beschäftigt
mehrere potenzielle republikanische PräsidentschaftskandidatInnen (unter
anderem Sarah Palin). Die aggressiven Talkmaster von Fox sind permanent auf
der Jagd nach Liberalen und Linken.
Weniger bekannt, aber politisch nicht minder einflussreich, sind die
religiösen Verlage in den USA, in die Murdoch sich eingekauft hat. Sie
veröffentlichen mit missionarischem Schaum geschriebene Werke wie "Purpose
Driven Life" von dem Pastor und Anti-Schwulen-Aktivisten Rick Warren. Sie
liefern den selbst erklärten "Lebensschützern", die vor
Familienplanungszentren tagtäglich religiöse Lieder singen,
Argumentationshilfen.
Und sie sorgten während der aufgeregten Debatte über Obamas
Gesundheitsreform zusammen mit Fox dafür, die Lüge von den "Death Panels"
in den USA zu verbreiten. Die - natürlich falsche - Behauptung, dass solche
Gremien künftig über Leben und Tod entscheiden würden, hatte den
konservativen Widerstand geschürt. (mit rtr und dpa)
15 Jul 2011
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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