# taz.de -- Das Massaker von Oslo: Attentäter sieht sich im "Rassenkrieg" | |
> Anders Breivik soll ein 1500-seitiges, anti-islamistisches Pamphlet im | |
> Internet veröffentlicht haben. Sein Anwalt teilt mit, dass Breivik seine | |
> Taten zwar "als schrecklich, aber notwendig" erachten würde. | |
Bild: So inszenierte sich Anders B. Breivik in einem Video, das er kurz vor dem… | |
OSLO/BERLIN dpa/afp | Der wegen der beiden Anschläge mit 92 Toten in | |
Norwegen festgenommene 32-jährige Anders B. hat die Attacken zugegeben. | |
Sein Mandant habe den "Sachverhalt eingestanden", sagte der Verteidiger des | |
Norwegers, Geir Lippestad, am späten Samstagabend dem Sender NRK. | |
Unterdessen wurde bekannt, dass der mutmaßliche Attentäter noch kurz vor | |
dem Bombenanschlag in Oslo und dem Massaker in dem Jugendlager auf der | |
Insel Utøya offenbar ein 1500-seitiges Pamphlet im Internet veröffentlicht | |
hat, in dem zu Gewalt gegen Muslime und Kommunisten aufgerufen wird. | |
Der 32-Jährige, der laut Polizei "christlich-fundamentalistisch" orientiert | |
ist, kündigte nach Angaben seines Verteidigers an, bei einem | |
Haftprüfungstermin am Montag weitere Einzelheiten zu den Anschlägen zu | |
nennen. Wie die Zeitung VG auf ihrer Webpage meldete, sagte Lippestad | |
weiter, dass sein Mandant die Taten als "schrecklich, aber notwendig" | |
bezeichnet habe. | |
## Täter hat "Unabhängigkeitserklärung" verfasst | |
Die Nachrichtenagentur NTB meldete am Samstagabend, dass der mutmaßliche | |
Attentäter im Internet ein umfangreiches "Manifest" mit dem Titel "2083. A | |
European Declaration of Indepence" ("2083. Eine europäische | |
Unabhängigkeitserklärung") veröffentlicht habe. In dem in englischer | |
Sprache verfassten Schreiben gehe es unter anderem um "Rassenkrieg" und die | |
Frage, wie Europa sich von Zuwanderern und Marxisten befreien könne. Am | |
Ende sei vermerkt: "Ich glaube, dies ist der letzte Eintrag, den ich | |
schreibe. Es ist jetzt Freitag, der 22. Juli, 12.51." Gut zweieinhalb | |
Stunden später detonierte die Bombe im Osloer Regierungsviertel. | |
Nach offiziell nicht bestätigten Angaben der Zeitung VG, die sich auf | |
Polizeikreise beruft, soll Anders B. bei Verhören bestätigt haben, dass er | |
das Material im Internet veröffentlicht hat. Dazu gehöre auch ein bei | |
YouTube angelegtes Video mit einer "Zusammenfassung" des Manifests. | |
Der 32-Jährige wird beschuldigt, am Freitag im Zentrum der norwegischen | |
Hauptstadt eine Bombe gezündet und wenig später in einem Jugendlager auf | |
der Insel Utøya ein Blutbad angerichtet zu haben. Bei der Explosion in Oslo | |
starben sieben Menschen. In dem Lager der sozialdemokratischen | |
Jugendorganisation soll Anders B. 85 Menschen brutal ermordet haben, bevor | |
er sich von Antiterror-Spezialisten ohne Gegenwehr festnehmen ließ. | |
Noch immer würden mindestens vier Jugendliche aus dem Ferienlager vermisst, | |
meldete NTB am Samstagabend. Bei der Suche in dem See rund eine Autostunde | |
von Oslo entfernt seien auch etwa 50 spezielle Spürhunde, ein Mini-U-Boot | |
und Taucher im Einsatz. Noch am Samstag hatten Rettungskräfte Jugendliche | |
lebend aus dem Wasser geborgen. | |
## UN-Sicherheitsrat verurteilt Anschläge | |
Der UN-Sicherheitsrat verurteilte die Anschläge am Samstag scharf. | |
"Terrorismus in all seinen Formen ist eine der größten Bedrohungen der | |
internationalen Sicherheit und des Friedens", sagte der deutsche | |
UN-Botschafter Peter Wittig, der das mächtigste UN-Gremium in diesem Monat | |
leitet, in New York. | |
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sieht unterdessen keine | |
unmittelbare Gefahr für rechtsextremistische Terroranschläge in | |
Deutschland. "Unsere Sicherheitsbehörden beobachten auch die rechte Szene | |
intensiv. Hinweise auf rechtsterroristische Aktivitäten liegen derzeit | |
nicht vor", sagte Friedrich der Bild am Sonntag. "Die abscheulichen Taten | |
in Norwegen belegen aber leider erneut, welche Gefahren von fanatisierten | |
Einzeltätern ausgehen können, und zwar unabhängig von ihrer Motivlage." | |
Eine offene Gesellschaft sei immer verwundbar. Der konkrete Fall in | |
Norwegen weise nach derzeitigem Kenntnisstand keine Bezüge nach Deutschland | |
auf. | |
Friedrich warnte zugleich davor, die freiheitliche Gesellschaft in | |
Deutschland einzuschränken: "Wir dürfen und werden uns in unserer offenen | |
Lebenskultur nicht einschränken lassen." Wichtig für den Schutz der | |
Bevölkerung sei ein effizientes Frühwarnsystem. Dazu bräuchten die Behörden | |
aber auch die notwenigen rechtlichen Befugnisse. Er sei daher froh, "dass | |
wir die Antiterrorgesetze, die für jede Form von Terrorismus gelten, auch | |
in Zukunft zur Verfügung haben". | |
24 Jul 2011 | |
## TAGS | |
Norwegen | |
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