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# taz.de -- Weiter keine Einigung im US-Haushaltsstreit: Ein gefährliches Spiel
> Ronald Reagan hob die Schuldengrenze 18 Mal an, Bush 17 Mal – und nie gab
> es solchen Streit darum wie jetzt. Barack Obama fordert die US-Bürger zum
> Mitkämpfen auf.
Bild: Verlangt eine Einigung im Schuldenstreit: Barack Obama.
WASHINGTON taz | Das amerikanische Roulette in Washington geht in die
nächste Runde: In zwei Fernsehansprachen – acht Tage vor der möglichen
Zahlungsunfähigkeit der USA – haben sich Barack Obama und der
republikanische Chef des Repräsentantenhauses John Boehner am Montagabend
weiter auseinanderbewegt.
Während der Präsident weitgehende Zugeständnisse gegenüber der Opposition
zeigte, um das Haushaltsproblem für die nächsten zwei Jahre zu lösen, will
Boehner jetzt nur noch einer Übergangslösung zustimmen. In sechs Monaten –
wenn die USA mitten im Präsidentschaftswahlkampf stecken – möchte er über
die nächste Anhebung der Schuldendecke verhandeln.
"Dies ist ein gefährliches Spiel, das wir nie zuvor gespielt haben", sagte
Obama: "wir können es uns nicht leisten". Eine portiönchenweise Anhebung
der Schuldendecke, mit einer absehbaren neuerlichen Blockadesituation zum
Jahreswechsel, hält er für eine "Gefährdung der Wirtschaft". Eine
Zahlungsunfähigkeit der USA, so der Präsident, würde alle BürgerInnen in
ihrem Alltag treffen. Unter anderem in Form eines Anstiegs der Zinsen für
Haus-Darlehen und Kreditkarten. "Wir können nicht zulassen, dass das
amerikanische Volk ein Kollateralschaden des politischen Krieges in
Washington wird", sagte Obama. Und nannte die Suche nach dem Kompromiss
eine Tugend, die die USA zu dem "größten Land" mache.
In einem Versuch, einen Säulenheiligen der rechten Tea-Party-Bewegung zu
vereinnahmen, stellte Obama zwei rhetorische Fragen: "Wollen wir das
Defizit reduzieren und die Zinssätze senken, indem wir die Einnahmen bei
jenen erhöhen, die im Augenblick nicht ihren gerechten Anteil zahlen? Oder
wollen wir lieber höhere Haushaltsdefizite, höhere Zinssätze und eine
höhere Arbeitslosigkeit?"
## Reagan hob die Schuldendecke 18 Mal an, Bush 17 Mal
Der ehemalige republikanische US-Präsident Ronald Reagan hatte diese Fragen
schon vor Obama gestellt. In den 80er Jahren hatte Reagan 18 Mal die
Schuldendecke angehoben. Ebenfalls ohne Widerstand aus dem Kongress hat der
letzte republikanische Präsident George W. Bush, der in seiner Amtszeit die
Kriege in Afghanistan und im Irak begann, die den Grundstock des jetzigen
Haushaltsdefizits bilden, die Schuldendecke 17 Mal angehoben. Eine Blockade
wie jetzt, inklusive drohender Zahlungsunfähigkeit der USA, hat es nie
zuvor bei der Anhebung der Schuldendecke in den USA gegeben.
Obama unterstützte in seiner 15minütigen Ansprache aus dem Weißen Haus
einen neuen Gesetzentwurf des demokratischen Chefs des Senats, Harry Reid.
Der Plan soll das US-Haushaltsdefizit um vier Billionen Dollar senken. Er
sieht tiefe Einschnitte bei nationalen und bei militärischen Ausgaben vor,
will verschiedene Sozialausgaben kürzen und einige Steuerlücken für
Spitzenverdiener schließen.
Aber als Zugeständnis an die Republikaner verzichtet der Plan auf eine
Anhebung der Steuern für Leute mit Jahreseinkommen von mehr als einer
Viertelmillion Dollar, wie sie die Demokraten ursprünglich geplant hatten.
Als Geste an die linke Basis will der Plan die Sozialversicherung und die
Krankenversicherungen für Alte und Bedürftige im bisherigen Rahmen
beibehalten.
## Die Tea-Party erwähnte Obama nicht
Obama nennt den Reid-Plan "ausgeglichen". Dass er bislang noch nicht Gesetz
geworden sei, liege ausschließlich daran, dass eine "beträchtliche Anzahl
von RepublikanerInnen auf nichts anderes hinauswill, als Einschnitte",
sagte er. Die Tea-Party, die seit den Halbzeitwahlen im November den
radikalen rechten Flügel der Republikaner im Kongress verstärkt, erwähnte
Obama nicht.
In seiner fünfminütigen Antwort empfahl der Republikaner John A. Boehner,
Sprecher des Repräsentantenhauses, wo die Republikaner seit November die
Mehrheit haben, die Logik eines kleinen Unternehmens als Modell für die
US-Volkswirtschaft. "Als Kleinunternehmer weiß ich", sagte Boehner, "dass
man nur so viel ausgeben kann, wie man einnimmt." Er lehnte es ab, "Obama
einen Blanko-Scheck auszustellen".
## Boehner ruderte nach Protesten aus der Tea-Party zurück
Boehner, der vor einigen Tagen einem gemeinsamen Vorschlag mit Obama
zugestimmt hatte, der dem jetzt vorliegenden Reid-Plan stark ähnelte, war
nach Protesten aus der Tea-Party wieder auf Abstand gegangen. Neuerdings
will er nur noch einer Regelung für sechs Monate zustimmen. Prophylaktisch
macht er für die möglicherweise kommende Zahlungsunfähigkeit bereits den
US-Präsidenten verantwortlich.
Die gegenseitigen Schuldzuweisungen von Boehner und Obama lassen keine
Annäherung in der Sachfrage erkennen. Als unmittelbare Folge gab es aber
bereits am Montagabend reihenweise Abstürze. Präsident Obama, der
wochenlang hinter verschlossenen Türen mit Republikanern und Demokraten
verhandelt hat, ging in seiner Ansprache in die Offensive. Er forderte
seine Landsleute auf: "Wenn ihr eine Lösung wollt und wenn ihr Kompromisse
wollt, dann lasst es eure Abgeordneten wissen". Eine halbe Stunde später
brachen die ersten Server im Kongress unter der Flut von E-Mails zusammen.
26 Jul 2011
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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