# taz.de -- Suche nach Polizeipräsidenten: Körting zeigt ein bisschen Einsicht | |
> Der Innensenator gesteht Fehler bei der Besetzung ein. Nun soll eine | |
> externe Kommission die Bewerber beurteilen. Linke und Opposition | |
> plädieren für eine Neuausschreibung. | |
Bild: Innensenator Körting will seinen Favoriten durchsetzen - noch vor der Ab… | |
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat erstmals Fehler beim | |
Auswahlverfahren des neuen Polizeipräsidenten zugegeben. Gleichzeitig | |
drückt er auf die Tube, um seinen Favoriten noch vor der | |
Abgeordnetenhauswahl in gut sieben Wochen durchzusetzen. Eine unabhängige | |
Gutachterkommission soll die Bewerber beurteilen. Die Linkspartei lobte | |
Körting für seine Einsicht. Die Grünen forderten derweil den Abbruch des | |
Verfahrens. | |
Bei der Suche nach einem Nachfolger für den Ende Mai in Pension gegangenen | |
Dieter Glietsch hat Körting bisher wenig Fortune bewiesen. Erst gab es nur | |
zwei Bewerber, die die formalen Voraussetzungen erfüllten: Klaus Keese, | |
Leiter der Polizeidirektion 1, die für den Berliner Norden zuständig ist. | |
Und der frühere Chef des Bundesgrenzschutzpräsidiums Ost, Udo Hansen, der | |
diesen Posten offiziell aus gesundheitlichen Gründen verlassen und dann den | |
Rüstungskonzern EADS bei Geschäften in Saudi-Arabien beraten hatte. Hansen, | |
der als Hardliner gilt, war auf heftige Kritik gestoßen - nicht nur bei den | |
Oppositionsparteien, sondern auch bei der Linksfraktion. Dennoch hatte | |
Körting seinen Favoriten Ende Juni im Senat durchgesetzt. Doch der | |
unterlegene Keese klagte - und bekam recht. Das Verwaltungsgericht sah | |
"erhebliche Rechtsmängel" beim Auswahlverfahren, etwa weil die Kandidaten | |
nicht wie im Regelfall vorgesehen von externen Gutachtern beurteilt worden | |
waren. | |
Exakt zwei Wochen nach diesem Urteil hat Körting nun ein Einsehen. "Wir | |
haben einen Rechtsfehler gemacht", sagte der Senator am Dienstag. Er | |
verzichtet auf eine Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht. Stattdessen | |
soll nun eine Auswahlkomission gebildet werden, die beide Bewerber anhört | |
und beurteilt. Falle dies deutlich zugunsten eines der beiden Bewerber aus, | |
sei der Senator daran gebunden, sagte Körtings Sprecherin Nicola Rothermel. | |
Würden die Kandidaten als nahezu gleichrangig eingestuft, hätte der Senator | |
freie Hand. Völlig offen sei noch, wer die Kommission leiten wird. Dafür | |
kämen etwa ein Personalberater oder ein ehemaliger Polizeipräsident | |
infrage. Ebenso unklar ist, ob das Verfahren noch vor der | |
Abgeordnetenhauswahl abgeschlossen werden kann. | |
Geht es nach Körtings Koalitionspartner, besteht keine Eile. | |
Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers führe die Behörde "gut und | |
zuverlässig", sagte die innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, | |
Marion Seelig. Für das Verfahren solle man sich die notwendige Zeit nehmen. | |
Zudem müsse eine komplette Neuausschreibung "in die Überlegungen | |
einbezogen" werden. | |
Für Renate Künast hingegen gibt es nichts mehr zu überlegen. Körtings | |
Vorgehen sei "nachträgliche Flickschusterei", sagte die Spitzenkandidatin | |
der Grünen. Das Amt des Polizeipräsidenten sei zu wichtig, es müsse nach | |
der Wahl "von der neuen Regierung" besetzt werden. In einem neuen Verfahren | |
könnte auch der Ausschreibungstext verändert werden. Bisher heißt es darin: | |
"Erwünscht ist eine langjährige Leitungstätigkeit im | |
Polizeivollzugsdienst." Das benachteiligt laut Künast vor allem Frauen. | |
Denn Seiteneinsteigerinnen wie die von vielen gelobte Koppers werden damit | |
von vornherein ausgeschlossen. Sie war erst im März 2010 zur Polizei | |
gewechselt. Zuvor war die Juristin Vizepräsidentin des Landgerichts. | |
Der letzte Polizeipräsident, Dieter Glietsch, war 2002 nicht von externen | |
Gutachtern bewertet, sondern vom Abgeordnetenhaus gewählt worden. 2009 | |
hatte das Parlament jedoch ohne Gegenstimme das Dienstrecht geändert - | |
auch, um bisher vom Parlament gewählte Beamte im Streitfall wieder | |
loswerden zu können. Seither wird der Polizeipräsident vom Senat ernannt | |
und zählt zu den Beamten, die "ein Amt bekleiden, bei dessen Ausübung sie | |
in fortdauernder Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen | |
Ansichten und Zielen der Regierung stehen müssen". Die können laut | |
Beamtenstatusgesetz entlassen werden - und zwar "jederzeit". | |
Theoretisch denkbar, dass Körting seinen Kandidaten noch vor dem 18. | |
September ins Amt hebt. Und ihn ein neuer Senat nach der Wahl wieder | |
entlässt. | |
26 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
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