# taz.de -- Keine Parteienfinanzierung für NPD: Union will die Rechten wegspar… | |
> Niedersachsens Innenminister Schünemann will der NPD den Geldhahn | |
> zudrehen und so die rechtsextreme Szene schwächen. Das ist schwieriger, | |
> als er denkt. | |
Bild: NPD bald ohne Staats-Knete? Schön wär's! | |
BERLIN taz | Die Anschläge von Norwegen haben die Debatte über den | |
richtigen Umgang mit der rechtsextremen NPD neu entfacht. Niedersachsens | |
Innenminister Uwe Schünemann (CDU) widersprach Forderungen aus der SPD und | |
der Linkspartei nach einem neuen NPD-Verbotsverfahren. "Die Hürden sind zu | |
groß", sagte ein Sprecher Schünemanns der taz. | |
Ein "erfolgversprechenderer Weg" sei, die NPD von der staatlichen | |
Parteienfinanzierung abzuschneiden. "Wir müssen der NPD den staatlichen | |
Geldhahn zudrehen", hatte Schünemann zuvor der Neuen Osnabrücker Zeitung | |
gesagt. Damit werde die gesamte rechtsextreme Szene in Deutschland | |
"erheblich" geschwächt, prophezeite der Minister. | |
Die Idee ist nicht neu. Bereits im Jahr 2008 hat Schünemann, der auch | |
Sprecher der Unionsinnenminister ist, ein entsprechendes Gutachten bei dem | |
Hannoveraner Staatsrechtler Volker Epping in Auftrag gegeben. Der Professor | |
sollte klären, unter welchen Voraussetzungen der NPD staatliche Zuschüsse | |
vorenthalten werden können. | |
Volker schlug eine Änderung des Grundgesetzes und des Parteiengesetzes vor. | |
Er vertrat die Auffassung, dass die Chancengleichheit der Parteien nicht | |
der sogenannten Ewigkeitsgarantie des Artikels 79, Absatz 3 des | |
Grundgesetzes unterliege. Daher seien unter Berufung auf das Prinzip der | |
"wehrhaften Demokratie" Gesetzesänderungen möglich, die es erlaubten, | |
verfassungsfeindlichen Parteien die staatliche Parteienfinanzierung zu | |
verwehren. Die Hürden seien niedriger als für ein Parteiverbot. | |
"Die Verfassung sieht eine wehrhafte Demokratie vor, die nicht auch noch | |
ihre Feinde durch Steuergelder alimentierte", so Schünemann damals. Seitdem | |
befassen die Minister sich mit dem Ausschluss der NPD aus der | |
Parteienfinanzierung. | |
## "Hohe verfassungsrechtliche Hürden" | |
## | |
Der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU) sitzt derzeit der | |
Innenministerkonferenz vor. Wie der aktuelle Stand der Beratungen ist und | |
warum sich in all den Jahren augenscheinlich nichts getan hat, dazu will er | |
sich auf taz-Anfrage nicht äußern. Über seinen Sprecher lässt er lediglich | |
Folgendes mitteilen: Man müsse alles erwägen und diskutieren, was dazu | |
beiträgt, die NPD zu schwächen. Er verweist allerdings auf die "hohen | |
verfassungsrechtlichen Hürden", die auch einem Geldentzug entgegenstünden. | |
Schließlich müsste das Grundgesetz so geändert werden, dass es erlaubt, | |
dass eine als verfassungsfeindlich angesehene Partei nicht mehr dem | |
Gleichbehandlungsgrundsatz unterliegt. Der Parteienrechtler Martin Morlock | |
hält eine Verfassungsänderung wegen der NPD nicht nur für schwierig, | |
sondern auch für bedenklich. "Es ist kein guter Stil, wegen einer einzigen | |
Partei das Grundgesetz zu ändern", sagt der Professor an der | |
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf der taz. "So geht man nicht mit der | |
Verfassung um." | |
Nicht einmal die CDU-Innenminister sind sich offenkundig einig, wie mit der | |
NPD umgegangen werden sollte. Holger Stahlknecht aus Sachsen-Anhalt etwa | |
will der NPD nicht den Geldhahn zudrehen, sondern sie verbieten. Das hatte | |
er bereits im Frühjahr angekündigt. Ein neu geschaffenes Referat in seinem | |
Haus prüfe zurzeit "ergebnisoffen" ein neues NPD-Verbotsverfahren, wie es | |
im Ministerium heißt. | |
## V-Leute in Führungspositionen | |
Man habe zudem die anderen Innenminister zu einer offenen | |
parteiübergreifenden Länderarbeitsgruppe eingeladen. Die Erfolgsaussichten | |
dürften gering sein: Über die Parteigrenzen hinweg stehen etliche | |
Innenminister einem erneuten Anlauf zu einem NPD-Verbot kritisch gegenüber. | |
Im Jahr 2003 war das Verbot gescheitert, weil V-Leute des | |
Verfassungsschutzes in Führungspositionen der NPD tätig waren. | |
Sollte die NPD kein Geld mehr vom Staat bekommen, träfe es sie hart. Laut | |
ihrem jüngsten Rechenschaftsbericht hat die rechtsextreme Partei 2009 rund | |
1,19 Millionen Euro staatliche Mittel erhalten. Dennoch schloss sie das | |
Jahr 2009 mit einem Minus von fast zwei Millionen Euro ab. | |
Die Finanznöte dürften sich noch verschlimmern. Im Mai hat das | |
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass die NPD rund | |
2,5 Millionen Euro an die Staatskasse zahlen muss. Der Grund: Sie hatte für | |
2007 unter anderem zu geringe Einnahmen aus staatlichen Zuschüssen | |
angegeben. | |
29 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
P. Beucker | |
S. Erb | |
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