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# taz.de -- Debatte um Pkw-Maut: Der ungewisse Sommerkampf der CSU
> Urlauber in Frankreich oder Italien kennen es: Autobahnen kosten Maut.
> Jetzt bläst die CSU erneut zum Kampf. Mit ungewissen Erfolgsaussichten.
Bild: Die CSU lässt nicht locker, wenn es um die Pkw-Maut geht.
BERLIN dpa | Statt der Bagger kommen die Schilder. Wenn auf Autobahnen
Brücken oder Asphaltdecken bröckeln, gilt häufig erst einmal: runter auf
Tempo 60. Dann geht es notfalls nur noch einspurig voran. Dem Staat fehlen
Milliarden, um die Fernstraßen quer durch die Republik für den zunehmenden
Verkehr in Schuss zu halten.
Im Kampf gegen Flickschusterei bei den Investitionen will es die CSU jetzt
wissen und trommelt über den Sommer hartnäckig für eine Pkw-Maut als neue
Finanzierungsquelle. Der schwarz-gelben Regierung beschert das ein weiteres
Reizthema. Denn die Koalitionspartner CDU und FDP bremsen - und
Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) muss lavieren.
Dass es mit der seit Jahren diskutierten Nutzungsgebühr endlich vorangehen
soll, macht CSU-Chef Horst Seehofer eindeutig klar. "Wir erwarten, dass wir
im Herbst in der Koalition darüber reden", lautet die Ansage nach Berlin.
Beim CSU-Parteitag im Oktober sollen Ramsauer und Bayerns Innenminister
Joachim Herrmann ein Konzept vorlegen.
Eine Pkw-Vignette wäre eine "einfache und rasch umsetzbare Lösung", sagt
Herrmann. In der Debatte ist eine Größenordnung von 100 Euro im Jahr, die
auch ausländische Nutzer bezahlen. Heimische Autofahrer dürften nicht extra
belastet werden, weshalb die Kfz-Steuer gesenkt werden soll. Und: Einnahmen
müssten wirklich voll in die Straße fließen
## Die FDP ist dagegen, Merkel auch
Die Operation Pkw-Maut verspricht für die CSU nicht ganz leicht zu werden,
nachdem ein [1][ähnlicher Vorstoß] schon im Frühjahr rasch wieder
verpuffte. Doch einfach stoppen lassen will sich Seehofer auch von der
Bundeskanzlerin nicht. "Zu meinen Projekten gehört sie nicht", hatte Angela
Merkel (CDU) vor der Abreise in ihren Urlaub gesagt. Und ließ seitdem eher
noch deutlicher ausrichten, dass eine Pkw-Maut in dieser Wahlperiode "nicht
Teil unserer Regierungsarbeit" wird.
Für den angeschlagenen Koalitionspartner FDP kommt eine Zusatzgebühr für
Millionen Autofahrer nicht infrage. Doch die Diskussion will nicht
verstummen. Auch der Wirtschaftsflügel der CDU sympathisiert damit, zumal
Autofahrer schließlich in Nachbarländern Maut zahlen müssten.
Ressortchef Ramsauer steht dabei ziemlich zwischen den Fronten. Als
stellvertretenden CSU-Vorsitzenden will ihn die Partei für mehr Geld und
die Maut kämpfen sehen - in Bayern als Transitland liegen viele Ausbaupläne
für Straße und Schiene auf Eis, weil Geld fehlt. Als Minister in der
Berliner Kabinettsdisziplin hat er sich daher auf eine eher abwartende
Mittelposition verlegt.
Im Koalitionsvertrag von Union und FDP stehe die Pkw-Vignette nicht. Aber
es dürfe auch "keine Denkverbote" geben, wiederholt Ramsauer in
Variationen. Dabei lässt er keinen Zweifel daran, dass für dringliche
Investitionen in die Bundesfernstraßen zwei Milliarden Euro pro Jahr mehr
aufgebracht werden müssten. "Wer dazu eine bessere Idee hat als die Maut -
bitte sehr, her damit!"
## ADAC bezeichnet Idee als Träumerei
Gegen ein drohendes "Abkassieren" der Autofahrer macht jedoch der mächtige
Autoclub ADAC mit seinen mehr als 17 Millionen Mitgliedern mobil.
Kfz-Steuer, Mineralölsteuer und andere Gebühren brächten jedes Jahr 53
Milliarden Euro in die Staatskasse. Nur 17 Milliarden Euro davon kämen aber
dem Straßensystem zugute, moniert die Clubspitze. "Das Geld ist da." Dass
als Ausgleich die Steuerlast gesenkt werden könnte, sei doch "Träumerei".
Die Bauindustrie und Mautsystemanbieter werben dagegen für die Umstellung
auf eine stetige Mitfinanzierung durch die Nutzer, damit die
Investitionsplanung nicht länger von den Zufälligkeiten und Zwängen der
Haushaltspolitik abhängig sei.
Dass eine Pkw-Maut selbst bei einem politischen Durchbruch rasch frisches
Geld sprudeln ließe, gilt ohnehin als unwahrscheinlich. Die Ausschreibung
und Einführung eines Abrechnungssystems bräuchte erst einige Zeit. Auch
wenn eine Pkw-Vignette nicht so aufwendig wäre wie die satellitengestützte
Technik für die Lkw-Maut, die 2005 in Betrieb ging.
Bereits die beschlossene Ausweitung der Lastwagen-Gebühr auf vierspurige
Bundesstraßen ist nicht mehr wie gedacht in diesem Jahr zu schaffen, denn
die Verhandlungen mit Betreiber Toll Collect ziehen sich hin. Dem
Verkehrsetat entgingen so dreistellige Millionensummen, schimpfte die SPD.
"Das nennt man schlicht: versemmelt."
9 Aug 2011
## LINKS
[1] /Verkehrsministerium-dementiert/!69334/
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