# taz.de -- Aufstand in Syrien: Sicherheitsrat erwägt mehr Härte | |
> Vier Staaten im UN-Sicherheitsrat fordern "weitergehende Schritte" gegen | |
> das Regime Assads. Der syrische UN-Botschafter zieht Parallelen zu den | |
> Krawallen in Großbritannien. | |
Bild: Soldaten stehen neben der Leiche eines Mannes in Idlib im Norden Syriens. | |
NEW YORK dpa/afp | Nach neuen tödlichen Übergriffen auf Demonstranten in | |
Syrien erwägen die westlichen Staaten im UN-Sicherheitsrat ein härteres | |
Vorgehen gegen das Regime in Damaskus. Der Sicherheitsrat müsse | |
"weitergehendere Schritte" erörtern, wenn die Führung weiter mit Gewalt | |
gegen ihr eigenes Volk vorgeht und sich Reformen verweigert, sagte | |
Großbritanniens Vize-Botschafter Philip Parham am Mittwoch nach einer | |
geschlossenen Sitzung des mächtigsten UN-Gremiums. | |
Parham sprach auch im Namen seiner Amtskollegen aus Frankreich, Portugal | |
und auch Deutschland. Welcher Art diese "Schritte" sein sollten , sagte er | |
nicht. | |
Die Vereinten Nationen gehen inzwischen von 2.000 toten Zivilisten seit | |
Beginn der Unruhen im März aus. Weitere 3.000 Menschen seien verschwunden. | |
Die Nachrichten über die Gewalt gegen die Oppositionellen seien | |
"entsetzlich". "Wir fordern das syrische Regime auf, die Rufe zu hören, die | |
vom Sicherheitsrat, aus der Region selbst und von anderen Teilen der | |
internationalen Gemeinschaft kommen", sagte Parham. | |
Bisher habe Präsident Baschar al-Assad die einstimmige Forderung des | |
Sicherheitsrates nach Reformen und einem Ende der Gewalt ignoriert. | |
Stattdessen seien 13.000 Syrer von der Geheimpolizei festgenommen worden, | |
Zehntausende seien geflohen. Allein 8.000 würden in Flüchtlingslagern in | |
der Türkei ausharren. | |
## 27 Tote in der Nacht zu Mittwoch | |
Bei anhaltenden Offensiven der syrischen Streitkräfte gegen | |
Oppositionshochburgen sind in der Nacht zum Donnerstag mindestens 27 | |
Menschen getötet worden. 19 Bürger starben in der Stadt Homs, acht weitere | |
in Deir al-Zor und Idlib, berichteten die Lokalen Koordinationskomitees der | |
Syrischen Revolution, ein Dachverband der syrischen Protestbewegung. | |
In Deir al-Zor sollen die Truppen ein Minarett beschossen und zerstört | |
haben. Die Berichte können von unabhängiger Seite nicht bestätigt werden, | |
weil das Regime Journalisten nicht frei arbeiten lässt. | |
In den Nachtstunden gingen die Kundgebungen gegen das Regime von Präsident | |
Baschar al-Assad weiter. Videos, die von Aktivisten ins Internet gestellt | |
wurden, zeigten Demonstrationen in mehreren Städten, darunter in Homs, in | |
der südlichen Provinz Daraa und in der Vorstadt Hersta bei Damaskus. | |
## "Bewaffnete und terroristische Gruppen" | |
Der syrische UN-Botschafter Baschar Dschaafari hat Parallelen zwischen den | |
regierungskritischen Protesten in seinem Land und den Krawallen in | |
Großbritannien gezogen. Der britische Premierminister David Cameron könne | |
die Randalierer unwidersprochen als Mitglieder von "Banden" bezeichnen, | |
sagte Dschaafari am Mittwoch (Ortszeit) nach einer Sitzung des | |
UN-Sicherheitsrats zur Lage in Syrien. Der Westen erlaube es aber Syrien | |
nicht, den gleichen Begriff zu benutzen, wenn es um "bewaffnete und | |
terroristische Gruppen" gehe, die in seinem Land hinter der Gewalt stünden. | |
"Das ist Scheinheiligkeit, das ist Arroganz", sagte Dschaafari. | |
Der britische Vize-UN-Botschafter Philip Parham wies den Vergleich als | |
"absurd" zurück. In Großbritannien unternehme die Regierung "angemessene, | |
rechtmäßige, transparente Schritte, um die Rechtsstaatlichkeit für die | |
Bürger zu garantieren". In Syrien würden dagegen tausende unbewaffnete | |
Zivilisten angegriffen und viele von ihnen getötet. | |
In Syrien sind beim gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte und der | |
Armee gegen regierungskritische Demonstranten nach Angaben von | |
Menschenrechtsaktivisten seit Mitte März rund 2.000 Zivilisten getötet | |
worden. Großbritannien wird seit Samstagabend von schweren Ausschreitungen | |
erschüttert, Auslöser war der Tod eines vierfachen Familienvaters bei einem | |
Polizeieinsatz im Londoner Stadtteil Tottenham. | |
Dschaafari warf dem Westen vor, bei Angaben zur Lage in Syrien "die | |
Wahrheit zu manipulieren und wichtige Tatsachen zu verstecken". So seien | |
seit Beginn der Proteste 500 Polizisten und andere Sicherheitskräfte | |
getötet worden. | |
11 Aug 2011 | |
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