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# taz.de -- CDU-Nordchef tritt wegen 16-jähriger zurück: Den Kopf verloren
> Der CDU-Chef von Schleswig-Holstein, Christian von Boetticher, tritt
> zurück. Die Liebschaft mit einer Teenagerin konnte er seiner Partei nicht
> vermitteln. Obwohl sie schon vorbei ist.
Bild: Abschied unter Tränen: CDU-Nordchef Christian von Boetticher tritt zurü…
HAMBURG taz/dapd | Ein Dreivierteljahr vor der Landtagswahl ist
Schleswig-Holsteins CDU ihr Spitzenkandidat abhanden gekommen. Partei- und
Fraktionschef Christian von Boetticher trat am Sonntagabend auf einer
Sondersitzung des CDU-Landesvorstandes in Kiel zurück. Grund dafür ist eine
Beziehung des Christdemokraten mit einem minderjährigen Mädchen.
Die Krisensitzung hatte von Boetticher selbst einberufen, weil er sich "mit
Gerüchten und daraus resultierenden Wertungen konfrontiert sieht, die seine
Privatsphäre berühren", teilte die CDU zur Begründung mit.
Nach mehr als zweieinhalbstündige Sitzung trat Christian von Boetticher vor
die Presse. "Ja, es ist wahr, ich hatte mich im Frühjahr 2010 in eine junge
Frau verliebt und bin mit ihr mehrere Monate zusammen gewesen", sagte der
CDU-Politiker. Das Mädchen sei zu dem Zeitpunkt 16 Jahre alt gewesen. Er
sprach von einer "ungewöhnlichen Liebe", die auch vom Umfeld akzeptiert
worden sei.
Boetticher räumte ein, dass eine solche Beziehung, obwohl sie rechtlich
legal sei, bei vielen Menschen auf moralische Vorbehalte stoße. "Es war
schlichtweg Liebe", sagte der 40-Jährige. Er habe keinen privaten, wohl
aber den politischen Fehler gemacht, die Bedeutung einer solchen Beziehung
für eine etwaige Spitzenkandidatur nicht bedacht zu haben, sagte er unter
Tränen.
## "Richtige Schlüsse ziehen"
Bereits vorab hatte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU)
vielsagend gegenüber der Zeitung Schleswig-Holstein am Sonntag erklärt,
"ich gehe davon aus, dass er die richtigen Schlüsse zieht".
Carstensen will Anfang Juli von "Gerüchten" über diese Beziehung gehört und
mit seinem Kronprinzen darüber gesprochen haben: "Ich habe auf die Brisanz
hingewiesen und ihm empfohlen, sehr offen und offensiv mit diesen Gerüchten
umzugehen", sagte Carstensen. Diesen Rat seines Ziehvaters jedoch befolgte
von Boetticher offensichtlich nicht – erst jetzt, mit mehr als einem Monat
Verspätung, reagierte er. Offensichtlich zu spät.
Im Mai 2010 hat von Boetticher offenbar die Beziehung zu dem Mädchen
beendet, als seine Nominierung zum Spitzenkandidaten der CDU für die
Landtagswahl im kommenden Jahr absehbar wurde. Da Ministerpräsident
Carstensen signalisiert hatte, 2012 nicht erneut zu kandidieren, lief die
Spitzenkandidatur auf seinen Kronprinzen von Boetticher hinaus – damals
schon Partei- und Fraktionsvorsitzender.
Ihm sei damals klar gewesen, so werden Vertraute von Boetticher zitiert,
dass seine Beziehung mit dem Teenager über kurz oder lang bekannt und vor
allem in weiten Teilen von Partei und Öffentlichkeit nicht akzeptiert
werden würde. Deshalb soll er die Liaison beendet haben.
Rechtlich ist eine freiwillige und einvernehmliche sexuelle Beziehung
zwischen einem 16jährigen Mädchen und einem 39jährigen Mann nicht zu
beanstanden. Carstensen wurde am Sonntag auf NDR 1 Welle Nord jedoch mit
den Worten zitiert, die Affäre habe "nicht nur eine juristische Seite". Es
gebe auch "moralische Anforderungen" zu beachten.
Politische Beobachter in Kiel werten dies als Hinweis darauf, dass von
Boetticher sich bei seinem Gespräch mit Carstensen vor etwa fünf Wochen auf
eine formalrechtliche Argumentation zurückgezogen hatte.
## Wenig beliebter Kronprinz
Kronprinz von Boetticher ist in der CDU nie sonderlich beliebt gewesen.
Einflussreiche Christdemokraten sahen in ihm durchaus nicht den
aussichtsreichsten CDU-Kandidaten für die Wahl am 6. Mai nächsten Jahres.
Seit er allerdings von Carstensen vorgeschlagen wurde, war sein Aufstieg
nicht aufzuhalten. Bei seiner Kür auf dem CDU-Parteitag in Norderstedt am
6. Mai erhielt er mit 87 Prozent ein gutes, wenngleich nicht überragendes
Ergebnis.
Nach Christian von Boettichers Rücktritt muss die CDU nun ihre gesamte
Führung neu aufstellen. Als Spitzenkandidat dürfte zuerst
Wirtschaftsminister Jost de Jager ins Gespräch kommen, der bislang von
Boetticher den Vortritt lassen musste.
Sehr gute Chancen dürfte aber, wenngleich mit von Boetticher befreundet,
der smarte Pinneberger Ole Schröder haben: Der 39jährige Parlamentarische
Staatssekretär im Bundesinnenministerium dürfte als Gatte von
Familienministerin Kristina Schröder und Vater der gemeinsamen Tochter das
christdemokratische Familienbild glanzvoll repräsentieren.
14 Aug 2011
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
Sven-Michael Veit
## TAGS
Schleswig-Holstein
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