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# taz.de -- Luftangriffe auf PKK-Lager im Nordirak: Die Türkei schlägt zurück
> Fünf Lager der türkisch-kurdischen PKK im Nordirak sind von der
> türkischen Luftwaffe angegriffen worden. Damit reagiert die Regierung auf
> Anschläge.
Bild: "Die Zeit des Redens ist vorbei": Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan.
BERLIN taz | Der Krieg ist in die kurdischen Berge zurückgekehrt. In drei
Wellen flog die türkische Luftwaffe in der Nacht von Mittwoch auf
Donnerstag und am Donnerstagmorgen Angriffe auf insgesamt 60 Ziele im
Nordirak.
Nach Angaben eines Militärsprechers wurden dabei fünf Lager der
türkisch-kurdischen PKK Guerilla im Nordirak angegriffen. Drei davon sind
nur wenige Kilometer hinter der Grenze, die anderen beiden liegen in den
Kandil Bergen, rund hundert Kilometer in den Nordirak hinein, wo sich das
Hauptquartier der Guerilla befindet.
Die Luftangriffe sind eine Reaktion auf wiederholte Angriffe der PKK auf
türkische Soldaten in den vergangenen Wochen. Letzter Auslöser, der nach
Angaben von Hürriyet bei Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan "das Fass
zum überlaufen" brachte, war ein [1][Angriff auf einen Militärkonvoi] am
Mittwochmorgen in der Nähe von Hakkari, der Provinzhaupt im Südostzipfel
der Türkei, unmittelbar an der irakisch-iranischen Grenze.
Dabei wurde zunächst eine 100 Kilo Bombe ferngezündet und die Soldaten
anschließend unter Beschuss genommen. Nach letzten Angaben starben acht
Soldaten und ein mit dem Militär verbündeter kurdischer Dorfschützer.
Insgesamt starben im vergangenen Monat bei Angriffen der PKK 30 Soldaten.
Die Nachricht erreichte Erdogan auf einer Konferenz der islamsichen Liga in
Istanbul, wo gerade über ein Hilfspaket für Somalia diskutiert wurde.
Erdogan setzte sich umgehend mit dem Generalstab in Verbindung und
verlangte eine harte Antwort. "Die Zeit des Redens ist vorbei", sagte er
anschließend vor der Presse, "die Angreifer werden einen hohen Preis
bezahlen".
Die türkischen Jets waren vom Militärflughafen in Diyarbakir gestartet und
hatten ihre Ziele im Irak mit Hilfe amerikanischer Satelliten-Informationen
angegriffen. Das türkische Militär machte zunächst keine Angaben über die
Ergebnisse der Angriffe, die kurdische Nachrichtenagentur Firat behauptete,
es habe keine toten oder verletzten PKK-Kämpfer gegeben.
## Eskalation nach Eklat im Parlament
In verschiedenen Städten in den kurdischen Gebieten der Türkei kam es am
Donnerstagmorgen zu Demonstrationen gegen die Luftangriffe. Reaktionen der
nordirakischen kurdischen Regionalregierung unter Messud Barsani gab es
zunächst nicht. Wahrscheinlich wurde er von Ankara über die Luftangriffe
vorab informiert.
Vor den Luftangriffen hatte die PKK ihre Überfälle auf Militärpatroillen
systematisch verschärft, nachdem es zuvor eine lange Phase relativer Ruhe
gegeben hatte. Die Spannungen eskalierten, nachdem im Anschluss an die
Wahlen im Juni 30 kurdische Abgeordnete das [2][Parlament boykottierten],
weil weiteren sechs kurdischen Abgeordneten, gegen die Ermittlungsverfahren
laufen, der [3][Einzug ins Parlament verwehrt] worden war.
Eigentlich hatte die türkische Öffentlichkeit gehofft, dass nach dem großen
[4][Erfolg der kurdischen "BDP"] bei den Wahlen jetzt endlich das Parlament
zum Ort einer politischen Lösung des Jahrzehnte alten Konfliktes um die
kurdische Minderheit in der Türkei werden würde.
Vor zwei Jahren hatte die AKP-Regierung bereits einmal eine
Friedensinitiative gestartet, die allerdings wieder gestoppt wurde, als
eine erste Gruppe PKK'ler, die nach einer Amnestiezusage aus dem Nordirak
zurückkehrt war, im Triumphzug durch die kurdisch besiedelten Gebiete
reiste, was zu heftigen Reaktionen in der türkischen Mehrheitsgesellschaft
führte.
Nach den Luftangriffen Am Donnerstag sieht jetzt alles nach einer weiteren
Eskalation aus. Der Nationale Sicherheitsrat in Ankara diskutierteam
Donnerstag neue Maßnahmen und der militärische Führer der PKK, Murat
Karayilan, vom dem es am vergangenen Wochenende noch fälschlicherweise
hieß, er sei im Iran verhaftet worden, kündigte an, man werde die Türkei in
eine "Hölle" verwandeln.
18 Aug 2011
## LINKS
[1] /Anschlag-kurdischer-Rebellen/!76422/
[2] /Konstitution-tuerkisches-Parlament/!73434/
[3] /Konstitution-tuerkisches-Parlament/!73098/
[4] /Wahl-in-der-Tuerkei/!72379/
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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