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# taz.de -- Aufklärung von Kundus-Luftangriff: Zwist um eine geplante Dienstre…
> Generalbundesanwältin Harms beklagt sich über die Verhinderung ihres
> Fluges nach Afghanistan. Die Linksfraktion wirft ihr einseitige und
> oberflächliche Ermittlungen vor.
Bild: Am Luftangriff vielleicht doch nicht so interessiert: Generalbundesanwäl…
FREIBURG taz | Generalbundesanwältin Monika Harms soll sich über
Behinderungen bei der Aufklärung des Oberst-Klein-Falls nach dem
Luftangriff von Kundus beschwert haben. Das berichtet der Focus. Demnach
habe das Bundesjustizministerium eine Reise von Bundesanwälten nach
Afghanistan aus Sicherheitsgründen untersagt.
Anlass des Berichts war ein Vortrag von Harms bei der zehnten
Panzerdivision in Sigmaringen. Dort habe Harms gesagt, sie könne die Absage
der Reise nicht verstehen, schließlich würden auch Soldaten ihr Leben
riskieren. Der Focus-Bericht lag am Sonntag nur in einer Vorabfassung der
Nachrichtenagenturen vor.
Den Vortrag von Harms hat es tatsächlich gegeben. Er fand allerdings schon
am 8. Juni statt. Warum der Focus den Vorgang jetzt aufgreift, ist nicht
klar. Möglicherweise nimmt er Harms damit gegen Kritik der Linkspartei in
Schutz. Diese warf der Bundesanwaltschaft (BAW) in ihrem jüngst
veröffentlichten Sondervotum zum Kundus-Untersuchungsausschuss vor, sie
habe bei der Aufklärung des Bombardements von Kundus versagt.
Im September 2009 hatten die Taliban bei Kundus zwei Tanklaster entführt.
Bundeswehr-Oberst Georg Klein befahl den Abwurf von Bomben, bei dem
Dutzende umstehende Menschen starben, darunter viele Zivilisten. Im April
2010 stellte die BAW das Ermittlungsverfahren gegen Klein ein. Klein habe
sich weder nach dem Völkerstrafgesetzbuch noch nach dem normalen
Strafgesetzbuch strafbar gemacht. Aufgrund der Aussagen eines afghanischen
Informanten sei er davon ausgegangen, dass sich keine Zivilisten, sondern
nur Aufständische an den Lkws befanden.
Auf Anfrage der taz erklärte jetzt die Bundesanwaltschaft, man habe "eine
Dienstreise" nach Afghanistan "angedacht, die der Bundesanwaltschaft einen
allgemeinen Eindruck von der Lage vor Ort vermitteln sollte". Dabei sei es
nicht nur um das Oberst-Klein-Verfahren gegangen, sondern auch um andere
Fälle. Nach taz-Informationen waren damals sieben weitere Prüfvorgänge
anhängig, bei denen deutsche Soldaten in Afghanistan Zivilisten getötet
oder verletzt haben. Sechsmal ging es dabei um Schüsse an Kontrollstellen
rund um das Lager Kundus.
Die Dienstreise war also, anders als der Focus darstellt, nicht Teil des
Ermittlungsverfahrens gegen Oberst Klein. Die Bundesanwälte hätten deshalb
vor Ort auch keine Zeugen vernehmen oder sonstige Beweise sichern können.
Darauf wies am Wochenende auch das Justizministerium hin. Nur im Rahmen
einer von Afghanistan bewilligten Rechtshilfe wäre das möglich gewesen.
Diese wurde von der Bundesanwaltschaft im Oberst-Klein-Fall nach
taz-Informationen aber noch nicht einmal beantragt.
Die Linken werfen den Karlsruher Ermittlern vor, sie hätten von vornherein
nach einem festen Zeitplan auf die Einstellung der Ermittlungen gegen
Oberst Klein hingearbeitet. Dabei hätten sie bei der Vernehmung von Klein
keine kritischen Nachfragen gestellt und viele andere naheliegende Zeugen
erst gar nicht vernommen. Das Verfahren sei "äußerst bedenklich, wenn nicht
gar rechtsstaatswidrig" verlaufen, heißt es im Votum der Linksfraktion zum
Kundus-Ausschuss.
21 Aug 2011
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Kundus
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