| # taz.de -- Kommentar Zivilklage Kundus: Ein wichtiger Präzedenzfall | |
| > Die Zivilklage wegen des Bombardements nahe Kundus vor zwei Jahren ist | |
| > kompliziert. Ein Sieg vor Gericht aber hätte eine wichtige, politische | |
| > Bedeutung. | |
| Die Bundeswehr handelt im Ausland nicht in rechtsfreiem Raum. Wenn - wie | |
| bei dem Tanklaster-Bombardement von Kundus - Dutzende von Zivilisten | |
| getötet werden, dann kann das strafrechtliche und zivilrechtliche Folgen | |
| haben. | |
| Angehörige der Opfer von Kundus fordern jetzt Schadenersatz von der | |
| Bundesrepublik. Das ist nicht aussichtslos. Auch wegen Vorfällen in | |
| bewaffneten Konflikten können Amtshaftungsansprüche in Deutschland geltend | |
| gemacht werden. Das haben deutsche Gerichte bereits grundsätzlich | |
| anerkannt. Es geht hier nicht um Völkerrecht, bei dem nur Staaten handeln | |
| können, sondern um deutsches Zivilrecht. Und die sogenannte | |
| Staatenimmunität schützt Deutschland nur vor Klagen im Ausland, nicht vor | |
| solchen vor heimischen Gerichten. | |
| Ein Selbstläufer sind die Klagen nicht, denn es kommt auf viele | |
| komplizierte Details an. So ist zwar klar, dass Oberst Klein eine | |
| unmittelbare Bedrohung deutscher Truppen vorgetäuscht hat, um die | |
| Nato-Bomber ohne Rücksprache anfordern zu können. Den Klägern nützt dies | |
| aber nur, wenn deutsche Gerichte annehmen, dass die Nato-internen Regeln | |
| auch dem Schutz von Zivilisten dienten. | |
| Ein Sieg vor Gericht würde einen wichtigen Präzedenzfall schaffen. Kriege | |
| verhindern lassen sich damit aber kaum. Nach Angaben der Anwälte hat die | |
| Bundesregierung in vergleichbaren Fällen freiwillig 14.000 bis 25.000 Euro | |
| bezahlt. So viel verlangen sie nun auch. Selbst bei hundert Geschädigten | |
| kommen da nur rund 2 Millionen Euro zusammen - keine Summe, die politisch | |
| ins Gewicht fällt. Was zählt, wäre das Signal an die Soldaten: Auch im | |
| Krieg darf mit dem Leben von Unbeteiligten nicht leichtfertig umgegangen | |
| werden. | |
| 1 Sep 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| Christian Rath | |
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