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# taz.de -- Schadensersatz für Luftangriff nahe Kundus: 33.000 statt 5.000 Dol…
> Anwalt Popal will Rechtsgeschichte schreiben: Er reicht wegen des
> Bombardements von 2009 Zivilklage gegen die Bundeswehr ein. Er will mehr
> Geld für die Opfer.
Bild: Karim Popal vertritt mehrere Dutzend Opferfamilien.
BERLIN taz | Fast genau zwei Jahre nach dem Luftangriff von Kundus will ein
Team von Juristen um den deutsch-afghanischen Rechtsanwalt Karim Popal
Klage auf Entschädigung der zivilen Opfer einreichen. Popal verlangt für
die Hinterbliebenen der etwa einhundert Menschen, die am 4. September 2009
bei dem Bombenabwurf am Fluss Kundus starben, 33.000 Dollar pro Getötetem.
Er vertritt mehrere Dutzend Opferfamilien.
Kommende Woche will Popal mit einer Zivilklage vors Landgericht Bonn
ziehen. Das Gericht soll entscheiden, ob der deutsche Oberst Georg Klein
und die Bundeswehr wegen Amtspflichtverletzung haftbar gemacht werden
können. Klein habe sich in der Nacht, als er den Bombenabwurf befahl, nicht
an Nato-Regeln, außerdem nicht ans humanitäre Völkerrecht gehalten.
Popal hatte bereits vor einem Jahr eine entsprechende Klage angekündigt. Um
die Klagekosten - nicht etwa die Anwaltskosten, wie er betonte - bezahlen
zu können, hat die Juristenvereinigung European Center for Constitutional
and Human Rights (ECCHR) jedoch zunächst Geld gesammelt. Am Donnerstag
wehrte Popal sich vor der Presse vehement gegen Unterstellungen seitens der
Bundesregierung, er sei unseriös und habe noch nicht einmal ein
ordentliches Mandat.
##
## Bundeswehr zahlte auch früher mehr
Popal hielt Akten mit violetten Fingerabdrücken und
Einverständniserklärungen auf Farsi hoch. Er erklärte, die Opferfamilien
vertrauten ihm: "Sie glauben mir, dass Deutschland ein Rechtsstaat ist."
Doch hätten die von Deutschland an 86 Familien bezahlten 5.000 Dollar
mehrere Witwen nicht erreicht. Mit diesen habe er persönlich in Kundus
gesprochen. Auch seien in anderen Fällen - als etwa 2008 die Bundeswehr
eine Familie in einem Auto erschoss, 33.000 Dollar gezahlt worden.
Der Linken-Abgeordnete Wolfgang Gehrcke betonte, die [1][Ergebnisse des
Untersuchungsausschusses zu Kundus] seien "außerordentlich dünn". Er
erhoffe sich von einem Zivilverfahren, "dass mehr Fakten auf den Tisch
kommen". Die Linksfraktion kritisiert in ihrem [2][Ausschussbericht], dass
eine juristische Klärung des Luftangriffs bislang unterblieben ist.
Otto Jäckel von der links-kritischen Juristenorganisation Ialana gab zu,
dass Zivilklagen auf Entschädigung durch einen anderen Staat in oder nach
einem Krieg bislang nie erfolgreich waren. "Aber die Rechtsgeschichte muss
weitergeschrieben werden", sagte er.
1 Sep 2011
## LINKS
[1] /Luftangriff-nahe-Kundus/!76196/
[2] /Luftangriff-in-Afghanistan-/!76120/
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
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