# taz.de -- Ratingagenturen S & P und Moodys: Lizenz zum Gelddrucken | |
> Standard & Poors und Moodys machen 80 Prozent der weltweiten | |
> Ratingumsätze. Beide Agenturen haben zum Teil dieselben Besitzer – ein | |
> Oligopol mit Fantasierenditen. | |
Bild: Zu wenig Konkurrenz, Oligopol-Strukturen – sagen Kritiker der beiden Gr… | |
BERLIN taz | Mit ihren Werturteilen üben die drei mächtigsten | |
Ratingagenturen der Welt großen Druck auf Unternehmen und Staaten aus. Die | |
Analysen von Standard & Poors (S&P), Moodys und Fitch entscheiden darüber, | |
was Regierungen für ihre Verschuldung zahlen müssen. Senken die Agenturen | |
ihre Bonitätsnoten, steigen die Zinsen und bringen Länder wie Griechenland | |
und Portugal dem Bankrott näher. Die Schuldenkrise verschärft sich. | |
Diesen Effekt wollen viele Politiker, unter anderem in den USA und | |
Deutschland, nicht hinnehmen. Deshalb steigt der politische Druck auf die | |
Agenturen, die ihre Hauptsitze in New York und London (Fitch) unterhalten. | |
Die US-Börsenaufsicht überprüft gegenwärtig die Analysemethoden von | |
Standard & Poors, das unlängst die Bonität der US-Staatsanleihen abwertete. | |
In Deutschland betreibt die Unternehmensberatung Roland Berger mit | |
Wohlwollen der Bundesregierung die Gründung einer konkurrierenden | |
europäischen Ratingagentur. | |
Eine aktuelle Studie von Roland Berger könnte den Bewertungsfirmen Probleme | |
bereiten: Sie liefert möglicherweise Stoff für ein Kartellverfahren der | |
EU-Kommission. Denn einem Bericht des Manager Magazins zufolge kommen die | |
Experten zu dem Schluss, dass die beiden beherrschenden Ratingfirmen, die | |
80 der globalen Ratingumsätze unter sich aufteilen, zum guten Teil | |
denselben Kapitalbesitzern gehören. | |
## US-Vermögensverwalter The Capital Group | |
Den größten Anteil an beiden Ratingfirmen hält der US-Vermögensverwalter | |
The Capital Group - bei S & P 13,2 Prozent, bei Moodys 16,2 Prozent. Dann | |
folgen die Vermögensverwaltungsfirmen Blackrock und Vanguard Group. | |
Insgesamt seien die Ratingfirmen von demselben Dutzend großer | |
US-Fondsfirmen und Finanzkonzerne beherrscht. | |
Und dieses Oligopol verfügt offenbar über eine Lizenz zum Gelddrucken: Die | |
Agenturen erwirtschaften Fantasierenditen von mehr als 40 Prozent im | |
Verhältnis zum Umsatz. Zu klären ist: Setzen die Ratingfirmen ihre weit | |
überhöhten Preise durch, weil die identischen Eigentümer prima damit leben | |
und sich gegenseitig keine Konkurrenz machen wollen? | |
Solche Studien entstehen nicht aus heiterem Himmel. In Abstimmung mit | |
Frankfurt Main Finance, einer Lobbyorganisation der Finanzwirtschaft, | |
arbeitet Roland Berger daran, eine neue europäische Ratingagentur zu | |
gründen. "Ab 2012 soll die Agentur Rankings für Staaten herausgeben", sagt | |
Markus Krall, Partner der Unternehmensberatung. Das Ziel der neuen Agentur | |
bestehe unter anderem darin, das "Oligopol der herrschenden Firmen | |
aufzubrechen", so Krall. Die Bewertung von Staaten, Banken und Unternehmen | |
solle nach transparenteren Kriterien erfolgen, als das zurzeit bei den drei | |
angelsächsischen Agenturen der Fall sei. | |
## Ratingagenturopfer Portugal | |
Fragwürdige Ratings wie jüngst im Fall Portugals sollen dann seltener sein. | |
Die Agenturen stuften die Noten für portugiesische Staatsanleihen im | |
vergangenen März stark herab, obwohl Lissabon ein hartes Sparprogramm | |
beschlossen hatte und die ökonomischen Kennzahlen des Landes nicht | |
schlechter ausfielen als die der USA. Folge: Die Zinsen stiegen massiv, und | |
Portugal musste Hilfen beim europäischen Rettungsfonds beantragen, für die | |
nun auch Deutschland geradesteht. | |
Aber: Wollen Roland Berger und die liierten europäischen Finanzkonzerne | |
auch nur einen Teil der Profite des Ratinggeschäfts? Dieser Vermutung tritt | |
die Unternehmensberatung entgegen. Die europäische Ratingagentur solle eine | |
Stiftung sein und als "Non-Profit-Organisation" arbeiten, heißt es. | |
23 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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