# taz.de -- Nach dem Libyen-Einsatz: Die Verantwortung der Uno | |
> Wenn das libysche Regime gefallen ist, hat die Nato ihren Job erledigt. | |
> Wer hilft dann dabei, die Nachkriegsordnung zu sichern? Die Uno zögert. | |
Bild: What next? Ein vermutlich von einem Nato-Luftangriff zerstörtes Haus in … | |
GENF taz | Die Luftstreitkräfte Frankreichs, Großbritanniens, der USA und | |
anderer Nato-Staaten haben zwischen dem 19. März und Montag fast 20.000 | |
Einsätze in Libyen geflogen. Die Einsätze erfolgten zunächst unter | |
nationalem Oberbefehl dieser Länder, seit April unter gemeinsamem Kommando | |
und Einsatzplanung der Militärallianz. Was bedeutet ein Ende des | |
Gaddafi-Regimes für die Nato in Libyen? | |
Nähme die Nato den Wortlaut der Resolution 1973 des Uno-Sicherheitsrates | |
vom 18. März ernst, müsste sie zumindest ihre militärische Rolle in Libyen | |
mit dem endgültigen Sieg über das Regime unmittelbar beenden. Denn die | |
Uno-Resolution mandatierte den Einsatz militärischer Mittel sowie die | |
Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen zu dem ausschließlichen | |
Zweck, "von Angriffen bedrohte Zivilbevölkerung und von Zivilisten bewohnte | |
Gebiete zu schützen". | |
Dieses Mandat überschritt die Nato allerdings bereits in der ersten | |
Kriegswoche. Sie wurde zur Luftwaffe und zum Waffenlieferanten für die | |
Aufständischen, die ihren Sieg über das Gaddafi-Regime ohne diese massive | |
militärische Unoterstützung sicherlich nicht so schnell errungen hätten. | |
Damit haben die Nato und insbesondere ihre beim Libyen-Krieg federführenden | |
Mitgliedsstaaten auch eine große Verantwortung für die Sicherheitslage nach | |
dem Sturz Gaddafis und für den Schutz der Menschenrechte der in diesem | |
Konflikt Unterlegenen. | |
Viele Beobachter auch in der Brüsseler Nato-Zentrale befürchten, dass der | |
in den vergangenen Monaten von fast allen Nato-Staaten als legitime | |
Regierung Libyens anerkannte Nationalrat der Opposition die Lage im Land | |
nicht unter Kontrolle bekommt. Es könne zu verstärkten Racheakten der | |
Sieger an bislang Gaddafi-treuen Einwohnern des Landes kommen sowie zu | |
blutigen Stammesfehden und gewalttätigen Verteilungskämpfen über die | |
Ölressourcen. | |
## Gibt es ein neues Mandat? | |
Doch in Paris, London, Washington, Rom und den anderen für den | |
Libyenkonflikt relevanten Nato-Hauptstädten besteht kaum Bereitschaft, sich | |
jetzt beim Uno-Sicherheitsrat schnell um ein neues Mandat für eine | |
Nato-geführte, aus Polizisten und Soldaten bestehende Sicherheitsmission zu | |
bemühen. In Washington heißt es bei den Militärs und quer durch alle | |
politischen Lager: "No american boots on the ground!" Die Sicherung der | |
Nachkriegsordnung in Libyen sei nun Aufgabe der Uno, ist überall zu hören. | |
Im Uno-Sicherheitsrat besteht nach den Erfahrungen mit der Umsetzung der | |
Resolution durch die Nato derzeit allerdings größte Skepsis, erneut ein | |
Mandat für ein internationales Eingreifen in Libyen zu beschließen. Nicht | |
nur bei den beiden vetoberechtigten Dauermitgliedern China und Russland, | |
sondern auch bei den nichtständigen Ratsstaaten Indien, Brasilien, | |
Südafrika und Nigeria. Andererseits verfolgen nicht nur die USA und | |
europäische Nato-Staaten in Libyen starke wirtschaftliche, politische und | |
militärstrategische Interessen, sondern auch die ständigen Ratsmitglieder | |
China und Russland. | |
Vor dem Hintergrund dieser Interessenlagen sind derzeit zwei Szenarien | |
vorstellbar: Das Mandat der Resolution 1973 läuft am 27. September | |
ersatzlos aus und die weitere Entwicklung in Libyen bleibt sich selbst | |
überlassen. Oder aber der Sicherheitsrat einigt sich auf ein neues Mandat | |
für eine internationale Sicherheitsmission in Libyen, an der dann | |
allerdings nicht nur europäische Nato-Staaten sowie vielleicht die USA mit | |
eigenem Personal und damit auch mit Einflussmöglichkeit beteiligt wären, | |
sondern auch China, Russland und einige afrikanische Staaten. | |
Das wäre ein Novum in der Geschichte der Uno wie der Nato. | |
23 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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