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# taz.de -- Kommentar Openleaks contra Wikileaks: Der Krieg der guten Absichten
> Die Schlammschlacht der Leaks-Websites klärt auch die Sicht auf die
> wesentlichen Dinge: Die Technik muss sicher sein und nur wenige Menschen
> dürfen sich damit befassen.
Streit im Lager der Leaker, Kopfschütteln bei allen Beobachtern. Wikileaks
und Openleaks bauen sich beide derzeit technisch neu auf, niemand kann
Dokumente bei ihnen hochladen. Es gäbe also Arbeit genug. Trotzdem haben
sie nichts besseres zu tun, als sich öffentlich zu demontieren.
Das zumindest ist der Eindruck, der in der Öffentlichkeit entsteht. Dass
bei beiden weiter an der Sache gearbeitet wird, spielt dabei für das Bild
nach außen keine Rolle.
Für die taz als Medienpartner von Openleaks ergeben sich daraus direkte
Fragen, denn wir müssen potentiellen Whistleblowern begründen, warum und ab
wann wir gerade diese Methode nutzen.
Openleaks will einige Probleme des alten Wikileaks beheben: Es entscheidet
nicht der Betreiber der Whistleblower-Plattform, wann welche Dokumente von
wem veröffentlicht werden. Das entscheidet der Tippgeber. Dann sorgt die
Software dafür, dass die Dokumente in einer sicheren Form an das
ausgewählte Medium weitergegeben werden. Dort gibt es eine geprüfte
Infrastruktur und Zugang nur für eingeweihte und geschulte Mitarbeiter um
die Gefahr von Sicherheitslücken so weit wie möglich zu minimieren.
Außerdem überprüft so nicht ein Kreis von Freiwilligen rund um das
Leak-Portal die Dokumente, sondern die Medien selbst - und die stehen dann
rechtlich wie auch mit ihrem guten Namen dafür ein, dass sie niemanden
gefährden und nur ethisch wie legal vertretbare Dinge veröffentlichen.
Klingt gut und ist auch besser, als alles was sonst an leak-Struktur im
Lande zur Verfügung steht. Kann man jedoch als Tippgeber wie auch als
Medium Wikileaks oder Openleaks noch trauen? Nach dem Streit mit
schmutzigen Details und Widersprüchen in aller Öffentlichkeit? Schön ist so
ein Streit wahrlich nicht, weil er der Sache des Leakens schadet.
Aber er ändert nichts am Sinn von neuen Wegen, der Öffentlichkeit
vertrauliche Dokumente zukommen zu lassen. Die Menge an hochgeladenen
Dokumenten bei solchen Websites zeigt auch das Bedürfnis und den Willen der
Tippgeber. Viele geben inzwischen dem Internet den Vorzug vor dem
klassischen, ebenfalls mit Gefahren verbundenen Postweg. Und manche
Dokumente lassen sich mit vertretbarem Aufwand auch nur in digitaler Form
weitergeben.
Die Schlammschlacht der Leaks-Websites klärt paradoxerweise die Sicht auf
die wesentlichen Dinge bei der Sache: Die Technik muss sicher sein, der
Kreis der damit befassten Menschen möglichst überschaubar. Denn auch
weniger ausdrucksstarke Persönlichkeiten als die Sprecher von Open- und
Wikileaks begehen Fehler.
Bei zurückhaltenden Menschen und in einem weniger umkämpften Feld werden
die Fehler vielleicht nicht über die Medien diskutiert, bleiben aber
Fehler. Wenn es glaubhaft gemacht werden kann, dass die Kanäle des Leakens
sicher sind, dann wird es funktionieren. Hier wird Offenheit helfen. Bevor
die Technik an den Start geht, muss sie also nachvollziehbar geprüft
werden.
Niemals wird ein Whistleblower hundert Prozent risikofrei Dokumente
veröffentlichen können. Aber es geht darum, das Risiko zu minimieren.
Openleaks und Wikileaks in dem Zusammenhang schon zu verdammen, dazu ist es
zu früh. Denn nicht ihre Persönlichkeiten werden entscheidend sein für die
Sache, sondern ihre Technik, ihre Erfahrung und wie sie das umsetzen. Daran
gilt es weiter zu arbeiten und nicht vorschnell ein hoffentlich wichtiges
neues Werkzeug des Journalismus zu beerdigen.
26 Aug 2011
## AUTOREN
Reiner Metzger
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