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# taz.de -- Der eilige Hacker-Rauswurf: Chaos im Computer Club
> Nach dem Rauswurf des OpenLeaks-Gründers Domscheit-Berg gibt es Unruhe im
> Chaos Computer Club: Die Entscheidung, so ein Kritiker, habe
> "Fassungslosigkeit" ausgelöst.
Bild: Der Zwist zwischen Wiki- und OpenLeaks hat nun auch den CCC erreicht: Dan…
BERLIN taz (Update: 16.8.,15 Uhr) | OpenLeaks-Gründer Daniel Domscheit-Berg
ist kein Mitglied des Chaos Computer Clubs (CCC) mehr. Dessen Vorstand
hatte in der Nacht zum Sonntag während des Hacker-Sommertreffens im
brandenburgischen Finowfurt einstimmig beschlossen, den ehemaligen
WikiLeaks-Sprecher Domscheit-Berg aus dem Hacker-Verein auszuschließen.
Domscheit-Berg habe mit der Präsentation seiner Whistleblowing-Plattform
OpenLeaks das "Ansehen des Vereins geschädigt", indem er den Eindruck
erweckt habe, auf dem Hacker-Treffen in Finowfurt würde "eine Art
Sicherheitsüberprüfung" des Projekts durchgeführt.
Domscheit-Berg hatte auf dem Camp den ersten Testbetrieb seiner neuen
Whistleblowing-Plattform OpenLeaks präsentiert und erstmals die Namen der
ersten fünf Medien-Kooperationspartner genannt (zu denen im übrigen auch
die taz zählt). Mit zwei Tagen Verzögerung starteten die Seiten
leaks.taz.de am Freitagmorgen, der Testbetrieb läuft noch bis zum heutigen
Dienstag.
[1][Der Vorstand] habe den Fall während des laufenden Camps bis drei Uhr
nachts diskutiert und anschließend Domscheit-Berg davon in Kenntnis
gesetzt, so der stellvertretende CCC-Vorsitzende Andy Müller-Maguhn
gegenüber der taz. Schon dem Spiegel hatte Müller-Maguhn gesagt: "Der CCC
ist kein TÜV. Wir lassen uns nicht vereinnahmen."
Domscheit-Berg selbst zeigte sich von seinem Rauswurf überrascht. In einem
Workshop habe er viel positives Feedback zu dem Projekt bekommen. "Ich
finde es sehr schade, dass dies nicht gesehen wird", sagte er am Sonntag.
Am Mittwoch hatte er bei einem Vortrag auf dem Camp die anwesenden Hacker
dazu aufgefordert, ihm Feedback für den OpenLeaks-Test zu geben und zu
versuchten, das System der Whistleblowing-Plattform zu knacken.
## Kein offener Quellcode bei OpenLeaks
Aufrufe dieser Art sind bei Treffen der internationalen Hacker-Elite per se
nichts Ungewöhnliches – auch wenn sich der CCC stets dagegen verwehrt, sich
für Projekte vereinnahmen zu lassen. Schon am Mittwoch wurden Kritik laut,
zum Beispiel daran, dass OpenLeaks den Code ihres Systems nicht offenlegt.
Ohne den Programmcode seien aussagefähige Tests schwer durchzuführen.
Darüber hinaus hat wohl auch Domscheit-Bergs Vergangenheit als
WikiLeaks-Sprecher mit seinem aktuellen Ausschluss zu tun. Als er im
vergangenen Herbst die Enthüllungsplattform im Streit mit Julian Assange
verließ, so der Vorwurf, soll Domscheit-Berg eine Kopie von
unveröffentlichten Materialien mitgenommen haben – allerdings seien die
Daten mit einem Code verschlüsselt, den nur Assange kennt. CCC-Vorstand
Müller-Maguhn beklagt nun, dass er seit Monaten ohne Erfolg versucht habe,
Domscheit-Berg zur Herausgabe des Materials zu bewegen.
## UPDATE: Die Sicherungskopie von WikiLeaks
Laut [2][heise.de] soll es sich bei dem umstrittenen Material um eine
Sicherheitskopie handeln, die bei der Wartung eines WikiLeaks-Servers im
Ruhrgebiet von Domscheit-Berg gezogen worden sein soll. Nach Informationen
der taz hatte Domscheit-Berg dort aber nur einen Mailserver gewartet – und
auch keine Kopie gezogen.
Wie die taz weiter aus gut unterrichteten Kreisen erfuhr, existiert
tatsächlich eine Datensatz von WikiLeaks-Dokumenten, aber sie wurde erstens
nicht von Domscheit-Berg kopiert, sondern von einem anderen ehemaligen
WikiLeaks-Mitarbeiter, der das Pseudonym "Architekt" trägt. Zweitens ist
Domscheit-Berg offenbar nicht im Besitz dieser WikiLeaks-Daten.
Und anders als teilweise kolpotiert wird, steht das auch in Domscheit-Bergs
Buch "Inside Wikileaks" nicht drin (siehe dort S. 217 und S. 234). In
[3][einem Interview] erklärte Domscheit-Berg in der vergangenen Woche,
keine noch unveröffentlichten Dokumente mitgenommen zu haben, von denen
OpenLeaks nun profitieren könne.
## "Unverständnis und Fassungslosigkeit" nach dem Rauswurf
Innerhalb des Chaos Computer Clubs ist der Rauswurf nicht unumstritten.
Schon vor der Eskalation war sowohl Sympathie als auch Kritik an
Domscheit-Berg und OpenLeaks zu hören. Nach Bekanntwerden der
Vorstandsentscheidung habe unter den Hackern jedoch "Unverständnis und
Fassungslosigkeit" im Camp geherrscht, [4][schreibt Linus Neumann], Blogger
bei netzpolitik.org – ein Eindruck, den einige Mitglieder des Chaos
Computer Clubs bestätigten, ohne namentlich genannt werden zu wollen.
Ambivalent zeigt sich in der Bewertung des Vorgangs CCC-Mitglied Felix von
Leitner: Noch am Samstag äußerte er in seinem in Hackerkreisen [5][viel
gelesenen Blog] Zustimmung für die Argumentation Müller-Maguhns – doch am
Samstag zeigte er sich "sehr enttäuscht" vom Verlauf der Dinge: "Ich hätte
gedacht, der CCC und vor allem der CCC-Vorstand ist da weiter." Er
bezeichnete den Schritt als einen "Fehler" – und fügt hinzu, man hätte
Domscheit-Berg "Gelegenheit geben müssen, von sich aus die Mitgliedschaft
niederzulegen".
CCC-Ehrenmitglied Padeluun hingegen sagt, er könne die Entscheidung
"nachvollziehen", auch wenn sie etwas "ungeschickt" sei. Dass es nun zu
internen Meinungsunterschieden käme, sei bei einer solchen Entscheidung
"normal", "dass es vereinsintern noch zu einer Aufarbeitung kommt, das
steht ohnehin außer Frage". Domscheit-Berg stünde ohnehin noch offen, über
eine Mitgliederversammlung gegen seinen Ausschluss vorzugehen - noch hat er
sich aber nicht dazu geäußert, ob er einen solchen Schritt erwägt.
## "Zutiefst emotionale" Entscheidung
Auch Andy Müller-Maguhn räumt ein, dass die CCC-Sprecher Constanze Kurz und
Frank Rieger den Ausschluss von Domscheit-Berg in einem Gespräch als "nicht
notwendig" erachtet hätten – generell aber sehe er "viel Unterstützung für
die Entscheidung". Constanze Kurz, eine CCC-Sprecherin, sagte, sie wolle
sich zu dem Vorfall nicht äußern. CCC-Sprecher Frank Rieger schloss sich
der Einschätzung des Bloggers Neumann an, der den Rauswurf als "verfrüht,
unangemessen und zutiefst emotional statt wohlüberlegt rational"
bezeichnete.
"Stilistisch" könne man über den Schritt diskutieren, räumte Müller-Maguhn
ein, "wir waren aber der Ansicht, dass dieser Schritt jetzt, während des
Camps, notwendig ist, wenn die Aufmerksamkeit dafür noch groß ist".
Der Vorstand habe mit dem Schritt "eine Diskussion anstoßen" wollen,
betonte Müller-Maguhn. An einer Schlammschlacht, so wiederholte er
mehrfach, habe er "kein Interesse". Doch momentan sieht es stark danach
aus, als würde er beides bekommen.
Die taz kooperiert mit dem von Daniel Domscheit-Berg gegründeten Projekt
[6][OpenLeaks] und [7][testet derzeit die Whistleblower-Plattform].
15 Aug 2011
## LINKS
[1] /Die-Struktur-des-Chaos-Computer-Clubs/!76330/
[2] http://www.heise.de/newsticker/meldung/CCC-feuert-gegen-OpenLeaks-1322825.h…
[3] /Interview-Domscheit-Berg-zu-Openleaks/!76050/
[4] http://netzpolitik.org/2011/kommentar-vorstand-schmeist-daniel-domscheit-be…
[5] http://blog.fefe.de/
[6] http://www.openleaks.org/content/index.shtml
[7] /OpenLeaks-Webseite-ist-nun-online/!76159/
## AUTOREN
Meike Laaff
## TAGS
Roboter
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