# taz.de -- Abgeordnetenhauswahl in Berlin: Wahl-O-Mat essen Politikerseele auf | |
> Es wird gestichelt, was das Zeug hält: Fünf Landespolitiker testen den | |
> Online-Wahlhelfer. Und müssen bei einigen Fragen auch mal um Hilfe | |
> bitten. | |
Bild: Ab sofort online: der Wahl-O-Mat berät Berliner Wähler. | |
BERLIN taz | Kompliziert wird es bei These 18: "Masterstudienplätze für | |
alle? Das ist eine schwierige Frage", sagt Bettina Jarasch, | |
Landesvorsitzende der Berliner Grünen. Bei Nummer 38 stutzt dann | |
SPD-Fraktionschef Michael Müller – und ruft erst mal einen Vertrauten | |
herbei. "Sag mal, wollen wir eigentlich Fernzüge am Bahnhof Zoo?" | |
Nur nichts Falsches sagen, das ist die Devise am Freitag im Berliner | |
Abgeordnetenhaus. Hier präsentiert die Bundeszentrale für Politische | |
Bildung (bpb) den Wahl-O-Maten für die Wahl am 18. September. Vertreter von | |
SPD, CDU, Linke, Grünen und FDP sind eingeladen, die ersten Tester der | |
Plattform zu sein. | |
Seit 2002 hilft der Wahl-O-Mat Bürgern bei der Wahlentscheidung. [1][Das | |
Online-Tool] befragt den Nutzer zu aktuellen politischen Themen. Auf die | |
vorgelegten Thesen kann man jeweils mit "stimme zu", "stimme nicht zu", | |
"neutral" oder "These überspringen" antworten. Die eigenen Antworten werden | |
mit den Positionen der Parteien verglichen. Dann errechnet das Programm, | |
welche Partei der eigenen politischen Überzeugung am nächsten steht. | |
## | |
FDP-Spitzenkandidat Christoph Meyer gibt sich selbstbewusst. "Ich hoffe, in | |
95 Prozent der Fragen auf Parteilinie zu sein", sagt er. Am Ende muss er | |
auswählen, mit welchen Parteien er seine Antworten abgleichen will. Er | |
solle doch auch die NPD und die Piraten-Partei anklicken, schlägt ein | |
Helfer vor. Doch das ist dem liberalen Wahlkämpfer dann doch nicht geheuer. | |
Die Stimmung im Saal ist schnippisch bis angriffslustig, bietet der Termin | |
doch die Chance, mal wieder gegen den politischen Gegner zu ätzen. Am Tisch | |
der Grünen Bettina Jarasch wird gemutmaßt, die Linke habe das Wahlprogramm | |
der Grünen kopiert. Dafür sei das Grünen-Programm doch viel zu schlecht, | |
tönt es aus der Ecke des Linke-Landesvorsitzenden Klaus Lederer. Thomas | |
Heilmann (CDU) schweigt und genießt. Die Politiker tun sich nicht leicht | |
mit dem Wahlberater. Dabei sollen die Fragen doch gut zu beantworten sein. | |
Schließlich richtet sich der Wahl-O-Mat gerade an junge, unerfahrene | |
Wähler. Rund 40 Prozent der Nutzer seien jünger als 30 Jahre, sagt Thomas | |
Krüger, Präsident der bpb. | |
## | |
Der aktuelle Online-Wahlhelfer für die Berlin-Wahl ist eine | |
gemeinschaftliche Arbeit der bpb und einer Gruppe von 18 Berliner Schülern | |
und Studenten. In Workshops entwickelte die Jugendredaktion Thesen, von | |
denen es 38 in den Wahl-O-Maten schafften. Keine leichte Aufgabe: Weil die | |
Positionen der Parteien sich oft ähnelten, sei es schwierig gewesen, | |
kontroverse Thesen zu entwickeln, berichtet der 26-jährige Student Benedikt | |
Hamich. | |
Eine Schwierigkeit war auch die Abgrenzung von gemäßigten zu radikalen | |
Parteien. "Wir brauchten auch Thesen, um zum Beispiel extremistische | |
Parteien klar einordnen zu können", sagt Hamich. Hierbei hilft zum Beispiel | |
die Aussage "Kindergeld soll nur an deutsche Familien ausgezahlt werden". | |
An dieser Stelle kann sich entscheiden, ob das Programm dem Nutzer später | |
die NPD empfiehlt. | |
Am Ende bleibt der von den Journalisten herbeigesehnte Eklat aus: der | |
Wahl-O-Mat empfiehlt allen Politikern die jeweils eigene Partei. Für | |
Aufsehen sorgen dann aber die vom Online-Wahlhelfer nahegelegten | |
Koalitionskonstellationen. Bei Sozialdemokrat Michael Müller landen die | |
Grünen hinter der SPD auf dem zweiten Platz. Erst dann folgt der derzeitige | |
Partner Die Linke. Auch der Linke-Vorsitzende Klaus Lederer platziert durch | |
seine Antworten die Grünen auf dem zweiten Platz. Die SPD folgt | |
abgeschlagen auf Platz sechs – hinter der Anarchistischen Pogo-Partei, der | |
satirischen Die Partei und den Piraten. | |
31 Aug 2011 | |
## LINKS | |
[1] /wahlomat/2011berlin/ | |
## AUTOREN | |
Jakob Schulz | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern: Die Hoffnung ist polnisch | |
Im Landkreis Uecker-Randow hetzt die NPD besonders heftig gegen Polen. | |
Dabei profitiert die Region im Osten Mecklenburg-Vorpommerns von der | |
offenen Grenze. | |
Rainald Grebe macht Wahlkampf: "Ich ziehe keine Wowereit-Perücke an" | |
Der Musiker bringt den Berliner Wahlkampf auf die Bühne, macht jedoch kein | |
"Launiges Politkabarett". Dafür hat er sich viel zu akribisch vorbereitet: | |
Sogar die Wahlprogramme hat er studiert. | |
Grüner Spaltpilz: Künast droht ein grüner Boykott | |
Die Parteilinke Anja Kofbinger lehnt Grün-Schwarz ab - und würde einem | |
Haushalt von Renate Künast im Parlament nicht zuzustimmen. Andere denken | |
offenbar ähnlich. | |
Linke will weiter mitregieren: Genossen bleiben auf Kurs | |
Fraktionschef Udo Wolf will Rot-Rot fortsetzen, verteidigt Wild-West-Plakat | |
- und sieht "starken Schaden" durch Bundesparteispitze. | |
Berlin vor der Wahl: Groß gedacht, schlecht gemacht | |
Die BIG-Partei will in die Bezirksparlamente einziehen. Auf ihrem Programm | |
steht die kulturelle Vielfalt. Beim Thema Sexualität ist die aber alles | |
andere als erwünscht. | |
Wahlkampf in Berlin I: Piraten nehmen Kurs aufs Parlament | |
Laut Umfragen hat die Piratenpartei Chancen ins Parlament zu kommen. Der | |
Höhenflug erklärt sich aus dem erweiterten Themenspektrum und der Schwäche | |
der FDP. |