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# taz.de -- BaWü-Chef der CDU über Schulsysteme: "Wir sind gegen die Einheits…
> Baden-Württembergs CDU-Chef Thomas Strobl erklärt im Interview, gegen ein
> vereinfachtes zweigliedriges Schulsystem zu sein. Und widerspricht so dem
> Bundesvorstand.
Bild: Wer wischt eigentlich was weg? Die CDU ist sich noch uneinig über ihre S…
taz: Herr Strobl, gehört die Hauptschule zum Markenkern der CDU?
Thomas Strobl: Wir haben in Baden-Württemberg ein hervorragendes
Schulsystem mit Haupt-, Realschule und Gymnasium, mit Werkrealschule und
beruflichen Gymnasien, das Kinder entsprechend ihrer Begabung differenziert
fördert. Ich glaube, bei der Mehrheit der Baden-Württemberger besteht nicht
der Wunsch nach Änderungen.
Ist das der Grund, warum Sie als Landes-CDU gegen den Vorschlag der
Bundes-CDU sind, auf ein zweigliedriges Schulsystem umzustellen und die
Hauptschule abzuschaffen?
Es war vor allem die Art der Kommunikation, die bei uns zu nachhaltiger
Verärgerung geführt hat. Bevor der Bundesvorstand sich mit dem Konzept
beschäftigt hat, war schon die Schlagzeile zu lesen: Bundes-CDU schafft
Hauptschule ab. So wollen wir in unserer Partei nicht arbeiten, sondern
lebendig diskutieren, und zwar von unten nach oben.
Haben Sie deshalb das Angebot von Bildungministerin Schavan ausgeschlagen,
eine Regionalkonferenz in Stuttgart auszurichten?
Ich habe nichts gegen die Konferenzen, aber am Ende geht man da ohne
Ergebnis auseinander. Wir als baden-württembergische CDU machen stattdessen
einen Sonderparteitag, auf dem wir das Thema Bildung breit diskutieren und
darüber abstimmen. Es gibt auch keinen Leitantrag des Vorstands. Wir wollen
hören, was unsere Mitglieder, Eltern und Lehrer dazu zu sagen haben.
Es wäre für Sie also am Ende keine Katastrophe, wenn als Ergebnis eines
solchen Diskussionsprozesses die Hauptschule abgeschafft würde?
Einen solchen Beschluss wird es in dieser Plattheit nicht geben. Wir
diskutieren auf höherem Niveau. Im Übrigen haben wir bereits Ergänzungen im
Leitantrag der Bundes-CDU vorgenommen: Es heißt jetzt, dass in der
Oberschule in jedem Fall ein Haupt- und ein Realschulabschluss möglich sein
sollen. Wir haben auch - nicht zur Freude aller - ergänzt, dass dort, wo
die Hauptschule gut funktioniert und die Eltern es wollen, die Hauptschule
auch in Zukunft existieren kann.
Wie viele Gemeinden gibt es Ihrer Meinung nach, in denen die Eltern die
Hauptschule unbedingt wollen?
In jedem Jahrgang gehen in Baden-Württemberg 25 Prozent der Schüler auf die
Hauptschule.
Eine Halbierung seit den 80er Jahren.
Ja, aber es sind immer noch 25 Prozent, und das wird in Baden-Württemberg
noch einige Jahre so anhalten. Und dann wird von einer Restschule geredet!
Bei der letzten Landtagswahl hatten SPD und Grüne 23 und 24 Prozent. Sind
das dann Restparteien?
In Ihrem Wahlkreis Heilbronn gehen immer weniger Schüler auf die
Hauptschule, die Anmeldungen für Realschule und Gymnasium steigen aber.
Gibt Ihnen das nicht zu denken?
Wenn die Übergangsquoten auf die Hauptschule nun etwas zurückgehen, muss
man die Hauptschule doch deshalb um Gottes willen nicht gleich abschaffen.
Was haben Sie gegen eine Oberschule, wie die Bundes-CDU sie als zweite
Säule neben dem Gymnasium vorschlägt?
Ich bin diese dogmatisch aufgeladenen Schulstrukturdiskussionen leid.
Schule muss für die Kinder da sein, und das heißt für uns, dass jedes Kind
nach seinen Begabungen in einem differenzierten Schulsystem gefördert wird.
Ich habe aber kein Problem damit, dass es in Bundesländern anders gemacht
wird. Es zeichnet doch den Bildungsföderalismus aus, dass es jedes Land so
machen kann, wie es für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes passgenau
und richtig ist.
Was unterscheidet denn Baden-Württemberger von Schleswig-Holsteinern, wo
die CDU die Gemeinschaftsschule längst akzeptiert hat?
Die Baden-Württemberger wissen mehrheitlich, dass unser differenziertes
Schulsystem ein großer Erfolg ist. Wir wollen keine Modelle aus anderen
Ländern importieren. Die Einheitsschule wollen wir nicht.
Wie will die CDU die Bildungsbürger in den Städten gewinnen, denen können
Sie doch nicht mit einer guten Hauptschule vor Ort kommen?
Auch das grün angehauchte Bürgertum in den Städten möchte nicht, dass seine
Kinder auf eine Einheitsschule gehen. Es ist unbestreitbar, dass die CDU
Probleme in den Großstädten hat. Dies liegt aber nicht an unserer
Bildungspolitik. Im Gegenteil, sie ist einer unserer Pluspunkte.
Woran liegt es dann?
Das hat eher damit zu tun, dass der Bezug zu einem gewissen Lebensgefühl
verloren gegangen ist. Wir werden darüber noch intensiv diskutieren.
29 Aug 2011
## AUTOREN
Anna Lehmann
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