# taz.de -- Islamfeinde marschieren: Große Klappe, nichts dahinter | |
> Aus einem großspurig angekündigten Kongress wird nur eine Mini-Demo: Die | |
> Rechtspopulisten von "Pro Deutschland" wettern am Wochenende gegen | |
> Muslime. | |
Bild: Mehr Polizisten als Islamfeinde: "Pro Deutschland"-Demo am Sonntag. | |
Am Samstag sieht Manfred Rouhs die Sache mathematisch. Pressekonferenz im | |
"Pro Deutschland"-Büro, weit draußen in Marzahn. Knapp eine Million | |
Berliner hätten ihre Flugblätter erhalten, sagt Rouhs, der Spitzenkandidat | |
des rechtspopulistischen "Pro Deutschland" im schwarzen Anzug. Bei rund 10 | |
Prozent liege laut Umfragen das Potenzial für "islamkritische" Parteien. | |
Hieße also knapp 100.000 Stimmen. "Und wir sind drin im Abgeordnetenhaus." | |
Eine Deutschlandfahne hängt hinter Rouhs, darauf: "Islamisierung? Nein | |
danke!". Rouhs preist die "internationalen Kontakte". Neben ihm sitzen zwei | |
Frauen vom belgischen ultrarechten Vlaams Belang. An diesem Wochenende | |
halte man "Berlins ersten Antiislamisierungskongress" ab, sagt Rouhs. Auch | |
wenn das nicht stimmt. | |
Denn im Grunde ist es nur eine Demonstration am Sonntag. Und da sprechen | |
die Zahlen gegen "Pro Deutschland". Von 1.000 Teilnehmern sprach Rouhs | |
anfangs. Am Sonntagmorgen sind es rund 150, die am Potsdamer Platz stehen. | |
Umstellt von etwa 300 Gegendemonstranten und vielen Polizisten. | |
Ein Dutzend NPDler mit "Sarrazin hat Recht"-Transparent versucht sich zu | |
"Pro Deutschland" zu gesellen. "Mit denen haben wir nichts zu tun", sagt | |
Rouhs. Die Polizei hält die Neonazis fern. "Dabei haben wir doch die | |
gleiche Position zu Fremden", sagt NPD-Landeschef Uwe Meenen. Er kenne | |
Rouhs noch von früher, man sei "per du". Rouhs winkt ab. Seine NPD-Zeit bis | |
1987 sei vor der "Nazifizierung" der Partei gewesen. | |
Die Rede von "Pro"-Landeschef Lars Seidensticker hätte dagegen auch Meenen | |
gefallen. "Wer hier in Parallelgesellschaften lebt oder uns auf den Geist | |
geht, soll hingehen, wo der Pfeffer wächst", ruft Seidensticker, nachdem | |
der Demotross bis kurz vors Brandenburger Tor gezogen ist. Dort warten | |
erneut Gegendemonstranten mit "No Pro"-Schildern und "Nazis raus"-Rufen. | |
Bereits am Freitagabend hatten mehrere hundert Menschen gegen den rechten | |
"Kongress" demonstriert. Seidensticker zischt: "Hier steht das bessere, das | |
anständige Deutschland." Ein Burka- und Minarettverbot müsse her in Berlin. | |
"Im letzten Muselmanenkaff muss klar werden, wir wollen sie nicht." | |
Auch die angekündigte internationale Beteiligung fällt mager aus. Die FPÖ | |
aus Österreich ist doch nicht da, der Tea-Party-Mann aus den USA hat per | |
Mail abgesagt. Nur die Frauen vom Vlaams Belang sprechen. Die | |
"Pro"-Unterstützer aus Köln murren, sie wollen zum Bus. Eine 85-jährige | |
Charlottenburgerin klagt über eine drohende "linke Diktatur": "von der | |
SPD". Die Appelle der "Pro"-Redner an die "lieben Berliner" verhallen auf | |
der abgesperrten Straße. | |
Anders wars am Samstag. Gleich nach der Pressekonferenz in Marzahn | |
verspricht "Pro"-Mann Rouhs den Journalisten eine Fahrt "in einen | |
Brennpunkt". Es geht nach Neukölln, Flughafenstraße, vor eine Moschee und | |
einen Laden für muslimische Bekleidung. Eine Frau der Rechten zieht eine | |
Burka über, die "Pro"-Leute packen Schilder mit durchgestrichenen Moscheen | |
aus. Anwohner schütteln den Kopf, Linke kommen mit Trillerpfeifen. Männer | |
aus der Moschee greifen sich "Kein Ort für Nazis"-Schilder. "Sich an den | |
Schwachen vergreifen", schimpft ein 50-Jähriger. "Feige und peinlich." | |
28 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
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