# taz.de -- Kommentar Gaddafi: Zeugnisse der Grausamkeit | |
> Ein Diktator, der dazu aufruft, eine Millionenstadt Haus für Haus von | |
> "Ratten" zu säubern, ist nichts anderes als ein Anstifter zum Völkermord. | |
Nach seinem Sturz wird Gaddafis Brutalität gegenüber dem eigenen Volk in | |
ihrem ganzen Ausmaß allmählich sichtbar. Die Dutzenden verkohlten Leichen | |
in einer improvisierten Haftanstalt der Gaddafi-Truppen in Tripolis, die | |
von Rebellen gefunden wurden, sind ein besonders schreckliches von vielen | |
Zeugnissen des Horrors. | |
Wenn sich die Schätzungen der Aufständischen bewahrheiten sollten, sind in | |
den sechs Monaten des libyschen Krieges möglicherweise zehntausende | |
Zivilisten durch die Truppen des jetzt gestürzten Machthabers umgebracht | |
worden. | |
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die internationale | |
Militärintervention gegen Gaddafis Truppen bei ihrem Anmarsch auf Bengasi | |
im März richtig war, dann liefern ihn die Toten von Tripolis. Gaddafi | |
drohte nicht nur mit Massakern, seine Streitkräfte haben sie auch verübt. | |
Wer das nicht sehen will, macht sich des Wegsehens schuldig. | |
Ein Diktator, der dazu aufruft, eine Millionenstadt Haus für Haus von | |
"Ratten" zu säubern, ist nichts anderes als ein Anstifter zum Völkermord. | |
Er ist als Verhandlungspartner weder akzeptabel noch vertrauenswürdig. Die | |
Vorstellung, statt eines militärischen Eingreifens hätte es eine | |
internationale Vermittlung zwischen dem Schlächter und seinen möglichen | |
Opfern geben sollen, ist realitätsfern und zynisch. | |
Festzuhalten bleibt: Die französisch-britischen Luftangriffe auf Gaddafis | |
Truppen vor Bengasi haben zahllosen Menschen das Leben gerettet. Seitdem | |
ist auch klar, dass nur durch die vollständige Beseitigung des | |
Gaddafi-Regimes echte Sicherheit für das libysche Volk hergestellt werden | |
kann. Das heißt zwar nicht, dass ohne Gaddafi in Libyen automatisch der | |
Frieden einkehrt. Aber mit ihm wäre das Grauen nur weitergegangen. | |
29 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Angst vor libyschen Waffen: Kriegstrommeln in der Sahara | |
Mit der Aufnahme von Gaddafi-Angehörigen stellt sich Algeriens Regierung | |
gegen die libyschen Rebellen. In der Region wächst die Sorge um den | |
Verbleib von Gaddafis Waffen. | |
Menschenrechtsverletzungen in Libyen: Dokumente der Gewalt | |
Internationale Organisationen erheben schwere Vorwürfe gegen Gaddafi - aber | |
auch gegen die Rebellen. Gefordert wird, dass die in Libyen lebenden | |
Afrikaner geschützt werden. | |
Völkerrechtler über UN-Resolution 1973: "Die Nato darf Gaddafi festnehmen" | |
Die UN-Resolution 1973 gibt der Nato weitreichende Befugnisse, selbst | |
Bodentruppen sind möglich, sagt der Völkerrechtler Andreas Zimmermann. Nur | |
eine Besatzung nicht. | |
Asyl für Gaddafi-Familie in Algerien: Rebellen verlangen Auslieferung | |
Die Frau von Muammar al-Gaddafi und drei seiner Kinder sind nach Algerien | |
geflohen. Die Rebellen sind empört und verlangen ihre Auslieferung. | |
Gaddafis Aufenthaltsort ist weiter unbekannt. | |
Krieg in Libyen: Die schönste Krise, die es je gab | |
Tripolis ist frei, die größte Aufgabe ist jetzt die Versorgung der Stadt. | |
Obwohl sie nicht wissen, wie sie das Ende des Ramadans feiern sollen, | |
bleiben die Libyer optimistisch. | |
Krieg in Libyen: 50.000 Häftlinge spurlos verschwunden | |
Den Gaddafi-Truppen werden schwere Kriegsgreuel vorgeworfen. Sie sollen in | |
Tripolis Gefangene und Klinikpersonal ermordet haben. Derweil versuchen die | |
Rebellen die Stadt Sirte zu erobern. | |
Im Krankenhaus in Tripolis: Wenn die letzte Schlacht geschlagen ist | |
Im Matiga-Krankenhaus in Tripolis werden Verletzte beider Seiten behandelt. | |
Die fühlbare Anspannung lässt erahnen, wie schwierig es werden wird, die | |
Feinde zu versöhnen. |