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# taz.de -- Kommentar Sparproteste in Italien: Die Revolte kommt später
> Die Proteste in Italien verlaufen wie jedes Mal auf ausgetretenen
> Traditionspfaden. Keine Spur von neuer Revolte in einem von der Eurokrise
> gebeutelten Land.
Bild: Hatte schon bessere Zeiten: Bunga-Bunga-Berlusconi.
Generalstreik, Hunderttausende Demonstranten auf den Straßen, von Genua bis
Palermo, von Mailand bis Rom und Neapel, überall ein Heer roter Fahnen -
die gewerkschaftliche Antwort auf Silvio Berlusconis neuestes Sparpaket
fiel imposant aus.
Und doch ist Italien immer noch meilenweit von "griechischen Zuständen"
entfernt. Es war eigentlich wie jedes Mal in den letzten 30 Jahren, wenn
die Gewerkschaften sich mit der Regierung unzufrieden zeigten. Brav und
diszipliniert zogen ihre Anhänger, unter ihnen als stärkster Block die
Rentner, durch die Städte, und genauso brav und diszipliniert lauschten sie
dann den flammenden Reden ihrer Funktionäre.
Brennende Barrikaden, Sturm aufs Parlament oder die Ministerien, erbitterte
Straßenschlachten mit der Polizei? Sie gehörten - und gehören - nicht zum
italienischen Protestritual. Genauso wenig wie ein "Generalstreik" dieses
Land eben keineswegs zum Stillstand bringt. So präsentierte der
gewerkschaftliche Aufmarsch vom Dienstag vor allem eines: alte
Protestroutine auf ausgetretenen Traditionspfaden, nicht neue Revolte in
einem von der Eurokrise gebeutelten Land.
Trotzdem sollte Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi sich nicht allzu
sehr darauf verlassen, dass das so bleibt. Jahrelang wiegte der Premier
sich - und das Land gleich mit - in der Sicherheit, Italien habe mit
Griechenland ökonomisch gar nichts zu tun und müsse deshalb auch keine
Angst vor einem vergleichbaren Schicksal haben. Jetzt aber griff Berlusconi
zum dritten Sparpaket in zwei Monaten, wobei er mit der üblichen
konservativen Geradlinigkeit immer wieder die kleinen und mittleren
Einkommensschichten zur Kasse bittet.
Dieses Verarmungsprogramm kann auch in Rom schon bald den Geist der Revolte
anfachen - vorneweg unter den Jugendlichen, die bei 30 Prozent
Arbeitslosigkeit ohne Perspektive dastehen. Italien steht womöglich ein
heißer Herbst ins Haus.
6 Sep 2011
## AUTOREN
Michael Braun
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