# taz.de -- Neuer Depressionsfall bei Hannover 96: Die Angst des Torwarts vor a… | |
> Wieder offenbart ein Fußballprofi seine psychische Erkrankung. Ist das | |
> ein Problem des Hochleistungssports? Oder eines der gesamten | |
> Gesellschaft? | |
Bild: Erstmal den Druck rausnehmen: Markus Miller beim Training. | |
Bei einem in Hannover ansässigen, mittelständischen Unternehmen hat sich am | |
Montag ein Angestellter wegen mentaler Erschöpfung krankgemeldet und in | |
eine stationäre Therapie begeben. Das kommt im deutschen Arbeitsleben | |
ständig vor, ist aber doch eine Nachricht: weil es sich um Markus Miller, | |
den Torhüter des Fußball-Bundesligisten Hannover 96, handelt. | |
Ausgerechnet Hannover, ausgerechnet ein Torhüter. Auch Nationalkeeper | |
Robert Enke war dort unter Vertrag, als er sich im November 2009 das Leben | |
nahm. Entsprechend sensibel und sachlich geht man in Hannover mit dem Thema | |
um. "Wir stärken und schützen ihn, weil er sich mit aller Offenheit seinen | |
psychischen Schwierigkeiten stellt", sagt 96-Geschäftsführer Jörg | |
Schmadtke. Alles gut also? Burn-out als Thema im Leistungssport genauso | |
alltäglich und normal wie anderswo auch? | |
Mitnichten. Wohl in keinem anderen deutschen Bundesligaklub wäre ein | |
"Outing" (ja, auch so wird es meist noch genannt) einfacher gewesen als in | |
Hannover. Überall anderswo aber ist ein Fußballprofi gut beraten, seine | |
Erkrankung nicht öffentlich bekannt zu geben oder ein anderes - wenn | |
möglich: körperliches - Leiden vorzuschützen. Eben so findet es im | |
Hochleistungssport ständig statt, vermehrt vermutlich noch einmal unter | |
Fußballtorhütern, von denen nicht erst seit Oliver Kahn geradezu | |
übermenschliche mentale Stärke gefordert wird. | |
Bildet der Sport doch nur ab, was in allen gesellschaftlichen Bereichen zu | |
beobachten ist: Psychische Erkrankungen nehmen massiv zu, wie eine aktuelle | |
Studie erneut nachweist. Und warum soll im Hochleistungssport anders sein, | |
was im normalen Leben Alltag ist? Hier wie dort müssen Menschen | |
Erkrankungen - nicht nur psychische - verheimlichen, um dem Eindruck | |
entgegenzuwirken, sie kämen mit den ständig steigenden Belastungen der | |
Arbeitswelt nicht klar. So lange, bis es nicht mehr geht. | |
## Kein Tabuthema mehr | |
Im Sport sind in den letzten Jahren mit Sebastian Deisler, der Anfang 2007 | |
nach einem Burn-out zurücktrat, dem Bundesligakollegen Jan Simak, | |
Skispringer Sven Hannawald und Radfahrerin Hanka Kupfernagel einige Fälle | |
öffentlich geworden. Kupfernagel war die Einzige, die sich nach | |
überwundener Krankheit wieder in die Weltspitze vorarbeiten konnte. | |
Christoph Biermann vom FC St. Pauli ist ein besonderer Fall: Ihn kostete | |
das Öffentlichmachen seiner Depression 2009 sogar den Job als Fußballprofi. | |
Der Verein bot ihm 2010 nur noch einen weitaus schlechteren Vertrag an, | |
andere Vereine machten ebenso inakzeptable Angebote. | |
Natürlich hat sich etwas getan. Der kicker titelt: "Markus Miller ist | |
schwer erkrankt". Die Krankheit wird ernst genommen, sie wird thematisiert, | |
nicht mehr verharmlost. Es ist also nicht mehr ganz richtig, wenn Jörg | |
Schmadtke sagt, psychische Probleme würden "unverändert in unserer | |
Gesellschaft als Tabuthema behandelt". Es ist aber auch wahr: An der Psyche | |
erkrankte Menschen werden weiterhin diskriminiert - nicht nur, aber auch | |
Fußballprofis. | |
Denn: Es ist eben immer noch nicht ebenso selbstverständlich, sich mit | |
einer weichen Leiste krankzumelden wie mit der mentalen Erschöpfung, an der | |
Markus Miller erkrankt ist. Initiativen und Kampagnen im Kampf gegen | |
Depressionen im Sport sind wichtig. Der Diskurs aber muss grundsätzlich | |
geführt werden - überall dort, wo es um unsere Lebens- und | |
Arbeitsbedingungen geht. | |
6 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
## TAGS | |
Fußball | |
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