# taz.de -- Europa League: Noble zweite Klasse | |
> Allein an Fixsummen und Prämien lassen sich Millionenbeträge verdienen: | |
> Für Hannover 96 ist die oft belächelte Europa League auch wirtschaftlich | |
> "eine gute Sache". | |
Bild: Europa in Hannover: 96-Fans beim Spiel gegen den FC Sevilla. | |
FRANKFURT taz | An den vermaledeiten Münzwurf aus dem Jahre 1966 können bei | |
Hannover 96 nur noch ergraute Herrschaften erzählen. Lange, lange ist es | |
her, dass in der niedersächsischen Landeshauptstadt neben dem FC Porto, AS | |
Rom oder Inter Mailand auch der ruhmreiche FC Barcelona vorstellig wurde. | |
Und weil nach einem 2:1-Heimspieg und einer 0:1-Niederlage im Nou Camp noch | |
ein drittes Entscheidungsspiel in Hannover her musste, das per | |
Münzentscheidung zugunsten der Katalanen ausging, sind die Erinnerungen der | |
Zeitzeugen an dieses historische Drama sehr lebendig. | |
Es waren Partien im sogenannten Messestädte-Pokal, dem mit wenig | |
Strahlkraft versehenen Vorläufer des späteren Uefa-Pokals, der 2009 in die | |
Europa League überführt wurde. Und wie sehr sich die Zeiten ändern, zeigt | |
das Beispiel Hannover, wo nun eine fast hysterische Begeisterung vor dem | |
ersten Gruppenspiel gegen Standard Lüttich (Donnerstag, 19 Uhr) herrscht. | |
Während vom Barcelona-Auftritt von damals nur vergilbte | |
Schwarz-Weiß-Aufnahmen geblieben sind, wird heute das 96-Comeback auf | |
dieser Bühne live und in Farbe ausgestrahlt - neuerdings laufen die Partien | |
indes nicht mehr beim Privatsender Sat.1, sondern beim Ableger Kabel eins, | |
der auch das zweite Spiel mit deutscher Beteiligung zeigt - Steaua Bukarest | |
empfängt in Cluj den FC Schalke 04 (Donnerstag, 21.05 Uhr). | |
## Finanziell nicht lukrativ genug? | |
Sportdirektor Horst Heldt grämt sich, dass die Königsblauen im Gegensatz zu | |
Borussia Dortmund, Bayern München oder Bayer Leverkusen in einem Wettbewerb | |
zweiter Klasse auftreten, was vor allem die Verdienstmöglichkeiten | |
betrifft. "Die Herrschaften von der Uefa haben noch nicht erkannt, dass sie | |
diesen Wettbewerb im Vergleich finanziell lukrativer gestalten müssen", | |
schimpfte Heldt erst vor dem Pokalsieg wieder. | |
Doch es ist schlichtweg falsch, dass es nichts zu verdienen gibt. Insgesamt | |
verteilt die Uefa in diesem Wettbewerb bereits mehr als 150 Millionen. Und | |
obwohl im Vorjahr kein deutscher Vertreter übers Achtelfinale hinauskam, | |
kassierten Leverkusen (7,42 Millionen), Stuttgart (5,59 Millionen) und | |
Dortmund (4,49 Millionen) ordentliche Summen aus der Zentralvermarktung. | |
Für Hannover und Schalke wird es durch das frühe Mainzer Ausscheiden noch | |
besser. Allein der sogenannte Marktpool, in denen die Gelder der | |
Fernsehsender Sky und Sat.1 eingespeist werden, ist mit rund zwölf | |
Millionen gefüllt, wovon Schalke als Pokalsieger ein Fixum von 3,9 | |
Millionen zusteht. Hannover kann mit 2,1 Millionen kalkulieren. | |
## Allein eine Million Euro Startgeld | |
Dazu kommt eine Million Euro Startgeld, 70.000 Euro pro Punkt in der | |
Gruppenphase und 200.000 Euro fürs Erreichen der Zwischenrunde. Das | |
Halbfinale wäre 700.000 Euro wert, der Finalsieg drei Millionen. Ein | |
deutscher Klub könnte demnach eine zweistellige Millionensumme allein an | |
Fixsummen und Prämien einstreichen. Dazu kommen noch die Erlöse aus dem | |
Ticktverkauf. | |
DFL-Chef Christian Seifert hält es denn auch für Populismus, vom Döner-Cup | |
oder Verlierer-Cup zu schwadronieren. "Die Europa League ist in der | |
Vergangenheit sicherlich unterschätzt worden", sagt er und verweist darauf, | |
dass sich die Bundesliga den vierten Champions-League-Startplatz vor allem | |
über das Punktescheffeln auf dieser Plattform zurückerobert hat. Als | |
weiteren Anreiz schüttet die DFL einen Teil ihrer Auslandserlöse nach den | |
sportlichen Erfolgen im Europapokal aus. 96-Sportdirektor Jörg Schmadtke | |
meint daher: "Die Europa League bringt uns nicht zwei Schritte nach vorne. | |
Aber für uns ist das trotzdem eine gute Sache." Wirtschaftlich und | |
sportlich. | |
15 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
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