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# taz.de -- Foltervorwurf gegen britische Soldaten: "Gemeine Gewalt gegen Gefan…
> Ein Untersuchungsbericht über den Foltertod eines irakischen Zivilisten
> in britischer Militärgefangenschaft könnte zu einem neuen
> Gerichtsverfahren führen.
Bild: Mutter und Sohn des zu Tode gefolterten Baha Mousa.
DUBLIN taz | Britische Soldaten haben sich brutaler und feiger
Tätlichkeiten gegen irakische Zivilisten schuldig gemacht. Das steht in
einem 1.400-seitigen Untersuchungsbericht, der am Donnerstag in London
veröffentlicht wurde. Der pensionierte Richter William Gage, der die
Untersuchung leitete, sprach von einer "furchtbaren Liste von
ungerechtfertigter und gemeiner Gewalt gegen wehrlose Gefangene".
Gage beschuldigte die Armee allerdings nicht der systematischen Folter von
irakischen Verdächtigen, denn sein Auftrag war begrenzt: Seine Untersuchung
durfte sich lediglich mit dem Umständen des Todes von Baha Mousa
beschäftigen. Der 26-jährige Hotelangestellte war 2003 von Soldaten des
Lancashire-Regiments in Basra verhaftet und verhört worden. Zwei Tage
später war er tot.
Die Autopsie stellte 93 Verletzungen fest. Lediglich ein Soldat, der
geständig war, wurde dafür zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Er sagte vor
dem Untersuchungsausschuss jedoch aus, dass alle Mitglieder seiner Einheit
die Gefangenen getreten und geschlagen haben, darunter auch ein
hochrangiger Offizier.
Im Laufe der zweijährigen Untersuchung, die mehr als zwölf Millionen Pfund
kostete, wurden rund 400 Zeugen vernommen. Aufgrund ihrer Aussagen kam Gage
zu dem Ergebnis, dass die Soldaten Verhörmethoden angewandt haben, die seit
einer Untersuchung über ähnliche Vorfälle in Nordirland 1972 verboten sind,
darunter Schlafentzug, das Vorenthalten von Nahrung und die Beschallung mit
Lärm.
## Köpfe in Toiletten getaucht
Mousa und seine Mitgefangenen wurden zudem abwechselnd mit Eisenstangen
traktiert, weil die Soldaten mit den Schmerzensschreien eine Art Chor
erzeugen wollten. Sie mussten "tanzen wie Michael Jackson", ihre Köpfe
wurden in Toiletten getaucht, ihnen wurden Kartoffelsäcke über den Kopf
gestülpt. Dass Letzteres unmenschlich sei, habe er nicht gewusst, sagte
Feldwebel Jorge Mendonca, der Kommandant der Einheit.
Gage warf Leutnant Craig Rodgers, Leiter der Gefangenenbewachung, schwere
Dienstvergehen vor, weil er die Misshandlungen nicht gemeldet habe.
Andernfalls wäre Mousa "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
noch am Leben", sagte Gage.
Das gelte auch für den katholischen Armeepfarrer Peter Madden, der einen
"miserablen Zeugen" abgegeben habe. Der habe das Gefängnis an dem Tag, an
dem Mousa starb, besucht und hätte den schockierenden Zustand der
Gefangenen bemerken müssen. "Er hätte einschreiten oder die Sache an die
Vorgesetzten melden müssen", heißt es in dem Bericht, "aber dafür scheint
ihm der Mut gefehlt zu haben."
Die Staatsanwaltschaft muss nun entscheiden, ob sie aufgrund von Gages
Bericht Anklage gegen die Soldaten erhebt. Verteidigungsminister Liam Fox
sagte am Donnerstag im Unterhaus, sein Ministerium und die Armee haben
durch Mousas Tod ihre Lektion gelernt. Die Anwälte von 200 anderen
Gefangenen fordern dagegen eine neue öffentliche Untersuchung. Sie hätten
Beweise für weit verbreitete systematische Misshandlungen.
8 Sep 2011
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Irak
Folter
Irak
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