# taz.de -- Kommentar Zehn Jahre 9/11: Kein Schlussstrich unter 9/11 | |
> Zehn Jahre nach dem 11. September mehren sich Forderungen nach einem | |
> Schlussstrich. Die USA müssen selbst herausfinden, welches Gedenken | |
> angemessen ist. | |
Bild: Erinnerung an die Anschläge vom 11. September 2001 | |
WASHINGTON taz | Wann ist es endlich genug? Wann hat Amerika genug | |
getrauert? Auch zehn Jahre danach bleiben die 9/11-Anschläge, bei denen | |
fast 3.000 Menschen starben, verabscheuungswürdige Verbrechen. | |
Doch es mehren sich zumal im Ausland die Forderungen, endlich einen | |
Schlussstrich zu ziehen. Wenn aber solche Kommentare überhaupt jemandem | |
zustehen, dann den Amerikanern. Alle anderen sollten sich tunlichst | |
zurückhalten. | |
In den USA kritisieren nicht nur liberale Medien und Intellektuelle die | |
Instrumentalisierung des Terrors durch rechte Politiker, sondern auch ganz | |
normale Leute. Sie trauern. Sie gedenken. Sie hängen an diesem Septembertag | |
solidarisch ihre Flaggen vors Haus. Doch sie schütteln den Kopf, wenn sie | |
sehen, wie ihr Land an diesem Tag der Trauer aufrüstet wie für einen Krieg. | |
Vor allem die Terrorwarnungen verunsichern die Menschen in New York und | |
Washington. Viele wissen nicht, was sie schlimmer finden sollen: die Angst | |
vor einem neuen Anschlag oder das fehlende Vertrauen in die Wahrheitsliebe | |
der Regierung. Immerhin ist Wahlkampf. Was also ist angemessen, was | |
politische Inszenierung? Natürlich muss dem Sicherheitsbedürfnis einer | |
traumatisierten Nation Genüge getan werden. Doch muss das derart laut | |
geschehen? | |
Vor aller Augen werden Washington und New York in diesen Tagen zu | |
Festungen. Polizisten und Soldaten mit Sturmgewehren machen gegen "das | |
Böse" Front. Kreisende Hubschrauber, Straßensperren und | |
Auto-Durchsuchungen. Journalisten-Kompanien aus aller Welt belagern derweil | |
die Dächer rund um Ground Zero, wo wieder und wieder die Namen der Opfer | |
verlesen werden, die jetzt ihr Denkmal bekommen. | |
Die zwei größten künstlichen Wasserfälle Nordamerikas fallen wie ein Strom | |
der Tränen rauschend ins Nichts. Ein Gleichgewicht zwischen Tragödie und | |
Hoffnung will der Architekt und Masterplaner Daniel Libeskind auf dem | |
Gelände schaffen. Die Tragödie hat sich in den Köpfen und Herzen der Welt | |
eingebrannt. Die Hoffnung ist, dass am Ende die Normalität siegt. | |
Tatsache ist aber: Ein Schlussstrich darf nicht gezogen werden. Das | |
Gedenken muss sich von selber ändern und den Realitäten anpassen. Amerikas | |
Politiker sollten den Trauernden in ihrem Land dazu die Chance geben. | |
11 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Antje Passenheim | |
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