# taz.de -- Kommentar Siemens Atomausstieg: Willkommen in der Wirklichkeit! | |
> Die Atomkraftgegner dürfen jublen. Siemens steigt aus dem Atomgeschäft | |
> aus - wegen Fukushima und der deutschen Atompolitik. Alleridings zu spät. | |
Es klingt wie eine Kapitulation vor den Atomkraftgegnern: Der größte | |
deutsche Industriekonzern Siemens steigt komplett aus der Nukleartechnik | |
aus - und der Vorstandsvorsitzende Peter Löscher begründet den Schritt | |
explizit mit der "klaren Positionierung von Politik und Gesellschaft in | |
Deutschland". | |
Eine Kapitulation ist die Entscheidung tatsächlich - aber weniger vor der | |
gesellschaftlichen Stimmung in Deutschland, wo schließlich auch vor | |
Fukushima keine neuen AKWs geplant waren. Sondern vor der globalen | |
Wirklichkeit, die den von der Branche lange behaupteten Nuklearboom | |
zunehmend unwahrscheinlicher erscheinen lässt. | |
Die Atomkraftgegner haben vor diesem Hintergrund umso mehr Grund zur | |
Freude. Die Entscheidung von Siemens ist eine echte Zäsur. Der Konzern hat | |
sämtliche deutsche Atomkraftwerke gebaut, war wichtiger Partner des | |
französischen Atomriesen Areva bei der Entwicklung neuer Reaktoren und | |
wollte zuletzt mit dem russischen Staatskonzern Rosatom ein neues Joint | |
Venture starten, um beim weltweiten Geschäft mit Atomkraftwerken dabei zu | |
sein. | |
In der Vergangenheit haben die Proteste das Unternehmen nicht groß | |
gekümmert. Solange mit schmutzigen Geschäften gutes Geld verdient werden | |
kann, das zeigt sich in vielen Branchen, lassen sich Industriekonzerne von | |
Kritik kaum beeindrucken. Wenn Siemens als wichtiger Akteur der Atombranche | |
nun eine Wende vollzieht, muss es dafür harte betriebswirtschaftliche | |
Gründe geben. Der Rückzug zeigt, dass selbst Siemens nicht mehr an eine | |
rosige Zukunft für die Atomkraft glaubt. | |
Diese Erkenntnis kommt spät. Schon vor Fukushima hätten die schlechten | |
Erfahrungen mit den Neubauten in Finnland und Frankreich die Euphorie | |
bremsen müssen. Dennoch hielt Siemens fest an der Erzählung vom weltweiten | |
Neubauboom und den großen wirtschaftlichen Chancen, die dieser böte. Nach | |
dem Fukushima-Schock denkt Siemens endlich um: Die angekündigten | |
Reaktorneubauten waren oft Wunschdenken. | |
Bei den erneuerbaren Energien hingegen ist der Konzern längst ein wichtiger | |
Akteur, vor allem in der Offshore-Windkraft und bei solarthermischen | |
Kraftwerken. Hier will das Unternehmen weiter wachsen. Eine gute | |
Entscheidung: Anders als bei der Atomkraft sind die Branchenprognosen bei | |
den Erneuerbaren bisher stets übertroffen worden. | |
18 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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