# taz.de -- Zweifel an Schmalzls Qualifikation: Oberster Ankläger auf der Kippe | |
> Der FDP-Mann Johannes Schmalzl soll neuer Generalbundesanwalt werden. | |
> Doch er könnte in dieser Woche bei der Abstimmung im Bundesrat scheitern. | |
Bild: Liberale Allzweckwaffe: Johannes Schmalzl, Noch-Regierungspräsident in S… | |
BERLIN taz | Am Freitag soll der Bundesrat Johannes Schmalzl (FDP) als | |
neuen Generalbundesanwalt bestätigen. Doch es ist völlig offen, ob der | |
Vorschlag der Bundesregierung die nötige Mehrheit erreicht. | |
Die Bundesanwaltschaft ist oberste Anklagebehörde in Deutschland. Sie | |
leitet Ermittlungen gegen Terroristen und Kriegsverbrecher. In allgemeinen | |
Strafsachen bearbeitet sie die Revisionen am Bundesgerichtshof. | |
Amtsinhaberin Monika Harms (CDU) scheidet zum Monatsende altersbedingt aus. | |
Im Juli wurde der Deal von FDP und Union bekannt: Der Stuttgarter | |
Regierungspräsident Johannes Schmalzl solle neuer Generalbundesanwalt | |
werden. Im Gegenzug würde Verfassungsrichter Rudolf Mellinghoff (CDU) | |
Präsident des Bundesfinanzhofs. | |
Schmalzl ist eine liberale Allzweckwaffe. Er leitete lange den Leitungsstab | |
im Stuttgarter Justizministerium, wurde dann Präsident des | |
baden-württembergischen Verfassungsschutzes. Seit 2008 führt er das | |
Stuttgarter Regierungspräsidium mit fast 3.000 Mitarbeitern. Die ersten | |
Reaktionen auf den Personalvorschlag waren positiv. Man sah das | |
rechtspolitisch heikle Amt bei Schmalzl in guten Händen. | |
Nur der Linken-Abgeordnete Wolfgang Neskovic bemängelte anfangs, dass | |
Schmalzl bloß drei Monate Berufserfahrung als Staatsanwalt habe. Dann griff | |
auch die SPD das Thema auf. Und die Grünen im Bundestag beantragten eine | |
Sondersitzung des Rechtsausschusses. Nun bekommen die Kritiker hochrangige | |
Unterstützung aus der Justiz. Bei der Herbsttagung der Generalstaatsanwälte | |
der Länder soll die Personalie Schmalzl kritisch diskutiert worden sein. | |
"Ich bitte Sie im Interesse der deutschen Staatsanwaltschaft, Ihren | |
Personalvorschlag zurückzunehmen." Das schrieb am Donnerstag der | |
dienstälteste Generalstaatsanwalt, Erardo Rautenberg aus Brandenburg, an | |
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Der Brief liegt | |
der taz vor. Schmalzls strafrechtliche Qualifikation liege "weit unter dem | |
Niveau der wissenschaftlichen Mitarbeiter" an der Bundesanwaltschaft. Es | |
dränge sich der Eindruck auf, "dass für die Auswahlentscheidung | |
ausschließlich politische Erwägungen maßgeblich waren". | |
## Harms gegen Schmalzl | |
Auch Amtsinhaberin Harms sprach sich am Wochenende gegen Schmalzl aus. Der | |
Vorgang sei "der Justiz und ihrem Ansehen in der Bevölkerung nicht | |
dienlich". Damit gerät Leutheusser-Schnarrenberger auch von Unionsseite | |
unter Druck. | |
Jetzt müsste die Justizministerin um ihren Mann kämpfen, doch sie ist bis | |
Mittwoch in China. Die SPD-Länder warten bisher vergeblich, dass sich | |
Schmalzl persönlich vorstellt, um die fachliche Kritik auszuräumen. Die SPD | |
nutzt die Personalie aber auch, um zu demonstrieren, dass Schwarz-Gelb im | |
Bundesrat keine Mehrheit mehr hat. So wäre man gern gefragt worden, bevor | |
Schmalzl als Kandidat bekannt wurde. Doch hat auch die SPD-Seite nicht ganz | |
geschickt agiert. Im August signalisierte sie Zustimmung, seit zwei Wochen | |
ist sie auf Gegenkurs. | |
Am Freitag im Bundesrat braucht Schmalzl 35 von 69 Länderstimmen. Bisher | |
hat er nur 31 Stimmen relativ sicher. Immerhin will das grün-rot regierte | |
Baden-Württemberg für Schmalzl stimmen. Das ist aber nicht nur Folge | |
regionaler Verbundenheit. Die Grünen wollen so Schmalzl als Stuttgarter | |
Regierungspräsident loswerden und das Amt mit einem eigenen Mann besetzen. | |
Zünglein an der Waage wird wohl das rot-grün regierte Rheinland-Pfalz. Dort | |
ist man noch nicht festgelegt und hat vier Stimmen zu vergeben. Das würde | |
für Schmalzl gerade reichen. | |
18 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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misslich. | |
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